08.12.2024

Europäischer Filmpreis

«Emilia Pérez» in Luzern ausgezeichnet

Die Musikkomödie wurde zum besten Film gekürt und erhielt auch Preise für Drehbuch und Regie. Die Schweizer Beiträge gingen leer aus.
Europäischer Filmpreis: «Emilia Pérez» in Luzern ausgezeichnet
Die Spanierin Karla Sofia Gascon wurde für ihre Rolle in «Emilia Pérez» als Beste Schauspielerin gekürt. (Bild: Keystone/Philipp Schmidli)

Die Musikkomödie «Emilia Pérez» des Franzosen Jacques Audiard wurde am Samstagabend nicht nur als bester europäischer Film des Jahres ausgezeichnet. Der Film erhielt zudem einen Preis für das Drehbuch und die Regie. Das gab die Europäische Filmakademie an der Gala im Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) bekannt.

Die spanische Schauspielerin Karla Sofía Gascón wurde ausserdem als beste Darstellerin für ihre Hauptrolle in der dramatischen Musikkomödie ausgezeichnet. Weiter erhielt der Film eine Trophäe für den besten Schnitt. Diese Auszeichnung wurde aber schon vor der Gala bekanntgegeben.

«Emilia Pérez» handelt von einem mexikanischen Kartellboss, der sein Geschlecht zur Frau angleichen lässt, um unterzutauchen. Zum Cast gehört unter anderem Popstar Selena Gomez.

Überraschung beim Schauspieler

Bester europäischer Schauspieler wurde Abou Sangare für seine Leistung im Film «L'Histoire de Souleymane». Darin spielt Sangare einen Asylsuchenden in Paris, der als Essenslieferant arbeitet. Während er durch die Strassen radelt, lässt er seine Geschichte Revue passieren. Die Handlung ähnelt der Lebensgeschichte des Schauspielers. Der 23-Jährige lebt als Geflüchteter aus Guinea in Frankreich und konnte nicht an die Gala anreisen.

Seine Auszeichnung war eine Überraschung. Neben ihm nominiert für den Preis als bester Schauspieler des Jahres waren Stars wie Daniel Craig («Queer»), Ralph Fiennes («Conclave»), Lars Eidinger («Sterben») und Franz Rogowski («Bird»).

Erwartbar war hingegen die Auszeichnung als bester Dokumentarfilm für «No Other Land» eines palästinensisch-israelischen Teams. Der Film galt als Favorit für die Kategorie. Er handelt von der Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern in den Dörfern von Masafer Jatta südlich von Hebron im Westjordanland. Auch die Macher dieses Filmes waren per Videocall zugeschaltet.

Wim Wenders mit politischer Danksagung

Für sein Lebenswerk wurde der deutsche Regisseur Wim Wenders ausgezeichnet. Schauspieler wie Willem Dafoe oder der Schauspieler des japanischen Toilettenreinigers Hirayama aus Wenders Film «Perfect Days» (2023) ehrten Wenders per Videobotschaft.

Der Regisseur sagte in seiner Dankesrede, die französische Schauspielerin Juliette Binoche könne als Präsidentin der Europäischen Filmakademie das europäische Kino zum Scheinen bringen. Dies sei wichtig, denn momentan sei Europa verloren und brauche die Filmakademie. Das Kino sei in der Lage, eine emotionale Verbindung zwischen den Menschen herzustellen, so Wenders.

Dass die Kultur gestärkt werden müsse, hatte Wenders gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA am Samstagnachmittag gesagt. Er kritisierte, dass in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, die Mittel für die Kultur gerne an erster Stelle gekürzt werden würden.

Schauspielerin Isabella Rossellini wurde für ihre Verdienste um den weltweiten Einfluss des europäischen Kinos geehrt.

Schweizer Filme ohne Preis

Die Europäische Filmakademie hatte in diesem Jahr entschieden, dass neu neben Spielfilmen auch Dokumentar- und Animationsfilme zum besten europäischen Film gekürt werden können. Deshalb standen in diesem Jahr 15 statt 5 Titel zur Wahl. So ging auch der Walliser Regisseur Claude Barras mit seinem Animationsfilm «Sauvages» ins Rennen um die Auszeichnung für den besten europäischen Film des Jahres. Der Film ging jedoch leer aus.

Auch der Schweizer Koproduktion «2720» von Basil da Cunha ist in der Kategorie Kurzfilme die Auszeichnung entgangen.

Juliette Binoche in ihrer Funktion als Präsidentin der europäischen Filmakademie, sagte zu Beginn der Gala mutmachend, dass Freude notwendig sei, um der Dunkelheit widerstehen zu können.

An der Verleihung war die Stimmung jedoch nicht nur heiter, sondern auch gezeichnet von der momentanen Weltlage. Der Krieg in Gaza wurde mehrmals thematisiert. Die per Video zugeschalteten ausgezeichneten Filmemacher von «No Other Land» appellierten an Europa, es solle für einen sofortigen Waffenstillstand eintreten. Auch die französische Schauspielerin Hiam Abbas, die palästinensische Wurzeln hat, wies auf die Situation in Gaza hin.

Während Wim Wenders eine negative Anspielung auf Donald Trump machte, kam auch die Thematik der Flucht auf und die Frage, was Europa ausmacht. Die aus Iran nach Frankreich emigrierte Schauspielerin Zar Amir etwa bemerkte kritisch, dass es ein langer Weg sei, Europäerin oder Europäer zu werden.

Der Europäische Filmpreis gehört zu den wichtigsten Auszeichnungen der Branche und gilt als europäisches Pendant zu den amerikanischen Oscars. Die rund 5000 Mitglieder der Europäischen Filmakademie stimmen über viele Preisträgerinnen und Preisträger ab.

Nachdem dieses Jahr die Preisverleihung erstmals in der Schweiz stattgefunden hat, werden die 38. European Film Awards im kommenden Jahr turnusgemäss in Berlin verliehen werden. (sda/spo)


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