27.06.2000

SRG SSR idée suisse schliesst mit positiver Bilanz

An der Jahresmedienkonferenz vom Dienstag präsentierte die SRG SSR idée suisse eine positive Bilanz der Rechnung und des Geschäftsjahres 1999. Zwar blicke sie auf programmlicher, personalpolitischer und unternehmerischer Ebene auf ein intensives Jahr der Auseinandersetzungen und Entscheidungen zurück. Die SRG SSR stelle sich jedoch den Herausforderungen der Politik und des Marktes, indem sie konsequent die Interessen des Service public verfolge. Bei einem Budget von rund 1,4 Milliarden Franken verzeichnet die SRG SSR 1999 einen Überschuss von 4,3 Millionen Franken. Generaldirektor Armin Walpen (Bild) zur inländischen Konkurrenz, zum Ringen um den Gesamtarbeitsvertrag und zur Zukunft von SRG SSR idée suisse.
SRG SSR idée suisse schliesst mit positiver Bilanz

"Eine Jahresmedienkonferenz ist der Anlass, Bilanz zu ziehen. Obwohl wir aufgrund der komplexen Abläufe innerhalb unserer Organisation den Geschäftsbericht erst Mitte Jahr vorlegen können, möchte ich nicht auf einen kurzen Rückblick verzichten und Ihnen im Anschluss daran die wichtigsten Ziele präsentieren, die wir uns für die nächste Zukunft gesetzt haben.

1999 – ein Jahr im Zeichen der Idée suisse

Die Idée fixe von Armin Walpen hat Gestalt angenommen und nach den ersten Kontroversen eine respektable Akzeptanz gefunden. Die Einführung der Marke SRG SSR idée suisse war 1999 das von aussen wahrnehmbare Ereignis. Am 26. März wurde die neue Lokomotive getauft, im Laufe des ganzen Jahres das Logo auf allen Dächern, in den Gebäuden, auf den Briefschaften und Publikationen und an den verschiedensten Objekten in der ganzen Holding angebracht. Der Ersatz des bisherigen Kristalllogos durch die SRG SSR idée suisse ist allerdings keine rein dekorative Aktion. Mit der Idée suisse kommuniziert die SRG SSR ihren Service public konsequent im Sinne einer Qualitätsmarke. Die Idée suisse steht dabei für den Service public der SRG SSR. Dieser besteht aus der Gesamtheit der Leistungen, die unser Non-profit-Unternehmen erbringt. Grundlage dafür ist ein Netzwerk von Solidaritäten der Mehrheiten mit den Minderheiten und der Minderheiten mit den Mehrheiten in der Schweiz.

Gebührenerhöhung

Die Auseinandersetzungen um den Service public der SRG SSR wurden im letzten Jahr intensiv geführt. Besonders der Antrag auf eine Gebührenerhöhung löste Diskussionen darüber aus, wieviel der Service public kosten darf. Der Bundesrat sprach sich am 28. April 1999 für eine Gebührenerhöhung von 5,3 Prozent aus. Dies entsprach zwar nicht den geforderten 9,8 Prozent, stellte dennoch ein grundsätzliches Bekenntnis zur SRG SSR dar.

Bewegung bei den schweizerischen Kommerziellen

Im Laufe des Jahres wurden zudem verschiedene Konzessionsgesuche für sprachregionale kommerzielle Fernsehsender in der Deutschschweiz bewilligt. Mit Tele 24, dem Schweizer Programmfenster von RTL/Pro7 und TV3 verstärkte sich die Konkurrenz vor allem für das Schweizer Fernsehen DRS. Die SRG SSR begrüsste diese Fernsehsender als Bereicherung des Medienangebots und arbeitete mit verschiedenen auf wirtschaftlicher Basis zusammen. Ein grosser Teil der neuen Sendungen wurden im Produktionszentrum von SF DRS hergestellt. Mit dem Entscheid, die Produktion in die auf den 1.1.2000 gegründete tpc AG auszulagern, schaffte die SRG SSR die Voraussetzung, international und national vermehrt ihre Fernsehproduktionsleistungen anbieten zu können. Leider stellte inzwischen RTL/Pro7 das Schweizer Fenster ein, und TV3 reduzierte sein Informationsangebot. Ich bedaure diese Entwicklung. Der enge Deutschschweizer Markt setzt jedoch kommerziellen Aktivitäten rein wirtschaftlich Grenzen.

Ringen um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag

Die Verhandlungen für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) standen 1999 personalpolitisch im Zentrum. Zunächst erschienen die Positionen der Verhandlungspartner unvereinbar. Im Laufe des letzten Herbstes konnte dennoch dank der Suche nach konstruktiven Lösungen und Konzessionen von beiden Seiten eine Plattform für einen neuen GAV verabschiedet werden. Die Geschäftsleitung der SRG SSR hat dabei immer an ihrem erklärten Ziel, die Sozialpartnerschaft aufrechtzuerhalten, festgehalten und war deshalb auch zu Kompromissen bereit. Erfreulicherweise konnten sich die Verhandlungsdelegationen im Juni materiell auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag einigen. Der Zentralratsausschuss hat deshalb den geltenden Gesamtarbeitsvertrag und die Honorarverträge bis zum 31. Dezember 2000, damit insgesamt um ein Jahr, verlängert. Wird der neue GAV im nächsten Herbst unterzeichnet, bringt er im Bereich der Lohnsysteme eine gewisse Flexibilisierung und eine erweiterte Autonomie der Unternehmenseinheiten. Das Personal profitiert von insgesamt vier zusätzlichen Ferientagen. Der neue GAV wird für drei Jahre unterzeichnet.

International präsent mit swissinfo.org

Die Medienentwicklung mit dem Internet hat auch die SRG SSR erfasst. Die Unternehmenseinheiten entwickelten fortlaufend Sites, die Zusatzinformationen zu den Radio- und Fernsehprogrammen liefern. Swissinfo.org, die Website von SRI, ermöglicht inzwischen weltweit den Zugang zu Sendungen aus den Programmen der SRG SSR und breite Informationen über die Schweiz.

Mehr Geld für den Schweizer Film

So ungewiss die Medienzukunft ist, etwas ist sicher: Qualitativ ansprechende Inhalte sind in allen Bereichen gefragt. Die SRG SSR hat deshalb 1999 ihre Engagement für die Produktion von schweizerischen Filmen verstärkt, indem sie ihren Beitrag für den Pacte de l’audiovisuel um 7,2 Millionen Franken auf 16,5 Millionen Franken jährlich erhöhte. Zudem lancierte sie gemeinsam mit Filmverbänden und dem Bundesamt für Kultur das Projekt Fernsehfilme. Im Rahmen eines Dokumentarfilmwettbewerbs ermöglichte die SRG SSR idée suisse die Produktion der beiden Filme ID Swiss und La bonne conduite, die beide erfolgreich waren. Zudem bewilligte sie weitere Mittel für sogenannte interregionale Programme, die einen Austausch unter den Sprachregionen fördern.

Intensive Arbeit in der Geschäftsleitung SRG SSR idée suisse

Im letzten Jahr hat die Geschäftsleitung der SRG SSR idée suisse ihre Tätigkeit intensiviert. Die sieben Direktoren der Unternehmenseinheiten SF DRS, SR DRS, TSR, RSR, RTSI, RTR und SRI treffen sich unter meinem Vorsitz inzwischen bis zu zweimal monatlich. Dabei werden nicht nur Entscheidungen von nationaler Relevanz getroffen, sondern immer mehr auch Entwicklungen diskutiert und frühzeitig Fragen gestellt, von deren Antworten unsere Zukunft abhängt. Die Medienentwick-lung geschieht derart rasch, dass eine kontinuierliche Auseinandersetzung auf nationaler Managementebene die Voraussetzung für die heute notwendigen schnellen Entscheidungen ist. Abschiede und Begrüssungen waren im letzten Jahr in der Geschäftsleitung häufig: Gérald Sapey wurde durch Gérard Tschopp ersetzt, Andreas Blum durch Walter Rüegg und Marco Blaser durch Remigio Ratti. Damit gingen der GL Kollegen mit einem grossen Erfahrungswissen verloren, was ich bedaure. Die neuen Direktoren prägen jedoch heute schon mit ihren frischen Ansätzen die Arbeit in der GL.

Revision RTVG

Die bundesrätlichen Vorstellungen zur künftigen Medienordnung stellen einen echten Paradigmenwechsel dar. Die Landesregierung möchte ein System einführen, in dem allein die SRG SSR idée suisse für die Erfüllung des Service public verantwortlich ist und die Privaten dafür mehr Bewegungsfreiheit erhalten. Damit ist eine gute Diskussionsgrundlage geschaffen. Kritisch betrachten wir die Ausführungen zur Organisation, zum Beirat und zum Entwicklungspotenzial der SRG SSR. Einen Service-public-Veranstalter auf Bestehendes einzufrieren, wäre fatal. Das schweizerische Mediensystem braucht einen starken Service public, damit es auch in der digitalen Kommunikationszukunft bestehen kann. Die Deregulierung der Kommerziellen darf zudem nicht zu einer Überreglementierung der SRG SSR führen.

Beim rundfunkspezifischen Service public im Sinne der Idée suisse geht es um ein Angebot, das die ganze komplexe Realität der Schweiz und nicht nur in Teilwirklichkeiten zum Gegenstand hat, also auch Unterhaltung und Sport. Zweitens kommt dem Solidaritätsgedanken zentrale Bedeutung zu und zwar nicht nur der zu Recht vielbeschworenen Solidarität zwischen den vier grossen Sprach- und Kulturräumen, sondern grundsätzlich der Solidarität der grossen Publika mit den kleinen Publika. Dies bedingt auch Sendungen für die Mehrheit. Nur die Befriedigung ihrer Bedürfnisse garantiert auf Dauer die Gebühren und damit die Berücksichtigung der Interessen der vielen kleinen Minderheiten. Und das dritte Element ist die Qualität, die Ethik oder in einem Wort zusammengefasst die Professionalität. Das ständige Bemühen steht im Vordergrund im Wissen, dass auch wir vor gravierenden Ausrutschern nicht gefeit sind. Aber die Bereitschaft, sich mit der Leistung auseinander zu setzen, darüber zu reflektieren, ist entscheidend. Dabei möchte ich die publizistische Ethik aber nicht zur Exklusivität der SRG SSR idée suisse erklären; dies wäre schlicht und einfach eine Anmassung, aber sie – nicht die Anmassung, selbst wenn wir auch davor nicht gefeit sind -, die Ethik, muss bei uns ständig ein Thema sein.

Im Zusammenhang mit der Debatte zum RTVG gerät die SRG SSR immer wieder ins Schussfeld der Kritik. Sie sei zu stark, wird ihr vorgeworfen, und ersticke damit neue Aktivitäten. Sie sei zu aktiv und besetze damit neue Geschäftsfelder. Und sie sei zu gefrässig und verschlinge zu viele Gebührengelder. Unsere Antwort darauf ist einfach: Eine starke Schweiz braucht einen starken Service public im Medienbereich. Kommerzielle Medien funktionieren nur nach den Gesetzen des Profites. Welche Konsequenzen dies hat, haben wir bei den Entscheidungen um RTL/Pro7 und TV3 erlebt. Was nicht rentiert, wird wegradiert! Der Service public garantiert ein schweizerisches Medienangebot, das nicht nur kommerziellen Kritierien genügen muss. Auch wir orientieren uns am Markt und streben den Markterfolg an. Für uns ist jedoch die relevante Marktgrösse das Publikum. Mit einer Kultursendung wollen wir die Kulturinteressierten der Schweiz erreichen. Zufrieden sind wir nur, wenn wir hier eine Marktführerschaft entwickeln, auch wenn diese Angebote nach kommerziellen Kriterien nie auf Franken und Rappen gerechnet rentieren würden. Jeder Gebührenfranken, der in den Service public investiert wird, ermöglicht deshalb eine schweizerische Medienpräsenz in allen Lebensbereichen, dazu gehören neben Politik und Kultur auch Sport und Unterhaltung. Die SRG SSR idée suisse trägt mit ihren Aktivitäten zu einer lebendigen und vielfältigen Schweiz bei.

Heute die Zukunft vorbereiten

Uns beschäftigt heute schon die Zukunft. Über das Tagesgeschäft hinaus versuchen wir die Weichen dafür zu stellen, dass die Schweiz auch in den nächsten Jahren noch über einen starken Service public im Medienbereich verfügt. Politik: Im Rahmen der Revision des RTVG setzten wir uns für eine klare Verankerung des Service public ein, für eine finanzielle Sicherheit dank Gebühren und kommerziellen Einnahmen sowie für Entwicklungsmöglichkeiten, damit wir auch morgen noch die aktuellen Bedürfnissen befriedigen können. Publikum: Neuste Untersuchungen haben ergeben, dass drei Viertel der Bevölkerung die Gebührenfinanzierung der SRG SSR befürworten. Dieses tolle Ergebnis ist uns eine Verpflichtung. Mit unseren Leistungen werden wir dafür sorgen, dass auch in Zukunft die Akzeptanz des Publikums so hoch bleibt. Programm: Medienangebote sind starken modischen Strömungen unterworfen. Wir werden wie bis anhin nicht jeden Trend mitmachen, sondern strenge qualitative und ethische Kriterien für Neuentwicklungen anwenden. Unsere Angebote sind trotzdem inhaltlich und formal aktuell. Deshalb werden wir auch die positiven Möglichkeiten der Kombination von traditionellen mit neuen Medienformen ausnutzen. Unsere Leitmedien bleiben jedoch Radio und Fernsehen. Distribution: Unser Auftrag ist es, die Versorgung mit Radio- und Fernseh-programmen in allen Regionen der Schweiz sowie im Ausland zu gewährleisten. Zurzeit stehen in der Distribution grosse Investitionen an, insbesondere die Einführung von mobilen digitalen Verbreitungsformen. Die SRG SSR hat nach den ersten Erfahrung mit Digital Audio Broadcasting DAB das Tempo gedrosselt. Wir werden in Zukunft abwarten, welche Standards sich international im Markt durchsetzen, und dann kurzfristig unsere Investitionen tätigen. Strukturen: Management, Organisation und Strukturen werden fortlaufend den Bedürfnissen der Produktion von unseren Inhalten angepasst. Dank der schrittweisen Einführung von Vollkostenrechnungen, klaren Entscheidungsabläufen und einer Stärkung des Verantwortungsbewusstseins, in dem Verantwortung mit Kompetenzen verbunden ist, verbessern wir unsere effiziente und effektive Arbeitsweise."

SSR SSR idée suisse in Zahlen:


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