Tagi-Journalist erhält Angebot von Chor

Ruedi Baumann - An der Zürcher SVP-Delegiertenversammlung hat Ruedi Baumann aus Freude an seiner schönen Stimme mitgesungen. Nun soll der 67-jährige «Tages-Anzeiger»-Redaktor in der Ukraine auftreten.

von Christian Beck

Neues Kapitel in der Politglosse nach der Zürcher SVP-Delegiertenversammlung vom Dienstag. Ruedi Baumann, Redaktor Zürich und Region beim «Tages-Anzeiger», hat von einem Chor ein Angebot erhalten. «Mit einem leichten Schmunzeln habe ich auf persoenlich.com die Kontroverse ums Singen oder nicht der Nationalhymne gelesen, Sie hätten da im Gegensatz zu Kollegen der Presse nämlich gesungen», heisst es in einer E-Mail an Baumann. Die Absenderin, Sängerin eines Chores, könne seine «Freude am Singen nachvollziehen». Es folgt ein «interessantes Angebot, wo Sie ohne Kontroverse und ohne missgünstige Augen mitsingen können».

Der Chor will als nächstes die «Missaverde» von Fortunat Frölich und Beat Brechbühl aufführen und damit im Oktober 2020 in der Schweiz und gar in der Ukraine auf Tournee gehen. Baumann soll bei diesem Werk, das «anspruchsvoll» sei und «Zuwendung und Arbeit auch Zuhause» verlange, mitwirken. Baumann wird das Angebot jedoch ausschlagen: «Ich singe nicht ganz lupenrein und scheue die zehn Probewochenenden vor der Ukrainetournee», so der 67-Jährige auf Anfrage von persoenlich.com.

Nicht «ungewaschen» in den Kantonsrat

Baumann arbeitet seit fast 30 Jahren beim «Tages-Anzeiger», war einst Ressortleiter Zürich. Heute ist er über das Pensionsalter hinaus in einem 40-Prozent-Pensum für den Tagi unterwegs. An der SVP-Delegiertenversammlung vom Dienstag stand er während der Nationalhymne auf und sang mit. Francesco Benini, stv. Chefredaktor und Inlandchef der «NZZ am Sonntag», hingegen blieb sitzen – dies zum Ärger von SVP-Nationalrat Claudio Zanetti (persoenlich.com berichtete).

«In Journalistenkreisen äussern sich viele kritisch, dass ich aufgestanden bin, und stützen Benini», so Baumann. In seinem Freundeskreis seien hingegen fast alle der Meinung, dass man aus Anstand aufstehe, wenn eine Landeshymne gesungen werde und die ganze Versammlung auch aufstehe. «Ich habe schliesslich bei der Nationalhymne mitgesungen – zumindest die paar Zeilen, die ich kenne – und nicht beim SVP-Zottelsong», so Baumann.

Seine Einstellung sei vielleicht etwas altmodisch: «Ich will als Berichterstatter des ‹Tages-Anzeigers› einigermassen eine Gattung machen, mit den Vertretern aller Parteien respektvoll umgehen und nicht schon zum Vorneherein durch trotziges Sitzenbleiben und durch Provokationen negativ auffallen», so Baumann weiter. «Man bekommt mit Politikern schnell genug Lämpe.» Er gehe schliesslich auch nicht in Shorts und Flipflops sowie «ungewaschen» in den Kantonsrat. «Ich beweise lieber durch kritische Artikel, dass ich nicht vor einer Partei kusche und mich vereinnahmen lasse.»