08.01.2019

Anne Walser

«Zwingli hätte seine wahre Freude gehabt»

Am Mittwoch feiert der «Zwingli»-Film seine Weltpremiere in Zürich. Im Interview verrät die Produzentin, warum der historische Stoff absolut aktuell ist und wie die ersten Reaktionen auf den Film ausgefallen sind.
Anne Walser: «Zwingli hätte seine wahre Freude gehabt»
«Der Aufwand hat sich gelohnt, unser Herzblut und unsere Detailliebe werden geschätzt», sagt Filmproduzentin Anne Walser. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Frau Walser, Sie sind Produzentin von «Zwingli», eine der teuersten Schweizer Filmproduktionen überhaupt. Warum kostet dieser Film so viel?
Das hat in erster Linie damit zu tun, dass der Film im Mittelalter angesiedelt ist und entsprechend keine Originalmotive ohne vorgängige Zeitreise mittels Requisiten und baulichen Massnahmen genützt werden konnten. Es war uns auch ein grosses Anliegen, dass die Welt des Mittelalters wirklich lebt, dass man sie quasi riechen kann. Zudem sollten die Darstellerinnen und Darsteller wie auch die Statisten nicht verkleidet wirken, sondern lebendig. Kostüme und Masken leben von ganz vielen Details – jede Pestbeule, jede zerrissene Schürze bringt Echtheit in den Film. Das erfordert einen irrsinnigen Aufwand. Nicht nur an Material, sondern auch an Manpower.

Wo fielen ausserdem hohe Kosten an?
Nicht ganz billig sind zudem die sogenannten CGI-Arbeiten (Computer Generated Images) – aber ohne diese wäre es uns schlichtweg unmöglich gewesen, einige weite Aufnahmen der Stadt Zürich anno dazumal in den Film zu integrieren. Und was wäre Zwingli ohne das Grossmünster, die Limmat und die Quais am Fluss? Zudem: Für eine historische Produktion sind die Kosten tatsächlich minim. Ich kenne keine anderen Filme, die in dieser Zeitepoche angesiedelt sind und günstiger realisiert wurden. Es ist meinem tollen Team zu verdanken, dass mit bescheidenen Mitteln etwas kreiert wurde, das in jeder Hinsicht überzeugt und begeistert.

«Es gab sogar Standing Ovations»

Der Film wurde vor seiner Weltpremiere vom Mittwoch in Zürich schon einem ausgewählten Publikum gezeigt. Wie sind die Reaktionen?
In der Tat haben wir den Film vor der grossen Weltpremiere ausgesuchten Zuschauern gezeigt. Darunter natürlich auch Historikern und Sachverständigen. Die Reaktionen haben Regisseur Stefan Haupt und mich sehr gerührt und gezeigt: Der Aufwand hat sich gelohnt, unser Herzblut und unsere Detailliebe werden geschätzt. Es gab sogar Standing Ovations.

Was hat Sie bei den Reaktionen erstaunt?
Interessant ist bei den Reaktionen, dass jeder Zuschauer etwas anderes aus dem Film für sich mit nach Hause nimmt. Unisono aber wird bemerkt – und darauf bin ich besonders stolz: wie modern und aktuell unser Film trotz sehr glaubwürdig umgesetzter historischer Ansiedlung ist und dass auch die «Botschaft» als inspirierend aufgenommen wird. Wenn es ein einzelner Mann im tiefsten Mittelalter schaffte, Missstände erfolgreich anzuprangern und den Menschen den Wunsch nach Eigenverantwortung zu erwecken, dann sollte uns das auch heute daran erinnern, den aktuellen Drahtziehern unserer Welt auf die Finger zu schauen, Dinge zu hinterfragen und verstehen zu wollen.

Zwinglis Amtseinführung als Grossmünsterpfarrer war genau vor 500 Jahren. Inwieweit war dieser Zeitpunkt mit der Premiere des Filmes geplant?
Bereits als die erste vage Idee um diesen Film entstand, wussten wir um das Zürcher Reformationsjubiläum 2019. Und da es schlichtweg wenig Sinn macht, diesen aktuellen Bezug nicht zu nützen, war dann auch der Januar 2019 immer wichtigster Meilenstein in der Planung unserer Agenda. Die Verbindung zum Reformationsjahr hilft auch in der gesamten Auswertungs-, Presse- und Marketing-Strategie. Hunderte von engagierten Kirchgemeinden haben den Film nicht nur in der Produktion unterstützt, sondern sind auch jetzt mitunter die wichtigsten und zuverlässigsten Partner, wenn es darum geht, die Werbetrommel zu rühren.

«Wir dürfen stolz darüber sein, dieses Mammutwerk überhaupt gestemmt zu haben»

Nun ist Ulrich Zwingli einer der berühmtesten Schweizer überhaupt. Wird der Film auch im Ausland gezeigt?
Genau so wenig wie das Werk der Reformation mit Zwinglis Tod bei Kappel ein Ende fand, wird hoffentlich auch unser Film eine lange und nachhaltige Reise haben. Feststeht im Moment, dass der Film Ende 2019 auch in den deutschen Kinos zu geniessen sein wird und mittels Weltvertrieb wird man an den Märkten wie etwa Berlin oder Cannes ausländisches Interesse zu wecken versuchen. Wir glauben an unseren Film und die universellen Ansätze dahinter. Im Moment konzentrieren wir uns aber auf viele glückliche und interessierte Zuschauer in der Schweiz, dem Heimmarkt des Films.

Welche Rolle spielt das Sponsoring bei «Zwingli»? Product Placement dürfte bei einem historischen Film eher schwierig sein...
Da der Film trotz wunderbarer Hauptunterstützung – etwa seitens des SRF und der SRG oder des Bundesamts für Kultur und der Zürcher Filmstiftung – nicht einzig auf diese «klassische» Weise hätte finanziert werden können, waren Partnerschaften mit Unternehmen aber auch der Einbezug von Stiftungen und Crowdfunding mithilfe privater Gönner von existentieller Wichtigkeit für das Projekt. Gerade etwa die Mithilfe unseres Presenting-Sponsoring-Partners, der Zürcher Kantonalbank, war von enormer Wichtigkeit und rückblickend vermutlich lebensrettend für die Produktion.

Wie haben Sie die Partnerschaften aufgebaut?
Da dieser Film aufgrund der historischen Ansiedelung in der Tat keinerlei Product Placements zulässt, versuchten wir Partnerschaften mithilfe von inhaltlichen Kernaussagen und der Bedeutung des Films und der Figur Zwingli aufzubauen. Die Verzahnung der Eckpfeiler Strategie, Kultur und Marke mit ausgewählten Themen rund um die Reformation und die Figur Zwingli bietet glücklicherweise unzählige Möglichkeiten für eine integrative Strategiekommunikation. Wir sind sehr stolz auf die vielen tatkräftigen Unterstützer des Films. Zwingli – selber ein unternehmerisch, innovativ denkender Mensch – hätte seine wahre Freude daran gehabt!

Worauf freuen Sie sich jetzt vor dem Filmstart?
Auf viele beeindruckte Zuschauer und darauf, mit meinem Team auf deren verdienten Erfolg anzustossen. Kinozahlen sind das eine, das andere ist: Wir dürfen bereits jetzt stolz darüber sein, dieses Mammutwerk überhaupt gestemmt zu haben und dann erst noch so, dass wir uns alle unser Leben lang gerne an das Abenteuer Zwingli zurückerinnern werden.



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