30.04.2023

März 2023

SUTER MARTIN, März 2023

Martin Suter ist der erfolgreichste Schweizer Autor. Vor wenigen Tagen feierte er seinen 75. Geburtstag. Praktisch zeitgleich erscheint im Diogenes-Verlag sein zwölfter Roman «Melody», eine Geschichte im vertrauten Suter-Sound. Doch wie wurde Martin Suter überhaupt Martin Suter? Ein Gespräch über Kritiker, Werbung und gutes Storytelling.
März 2023: SUTER MARTIN, März 2023

Herr Suter, in diesen Tagen erscheint Ihr zwölfter Roman «Melody». Welche Erwartungen haben Sie als Schriftsteller, dessen erster Roman «Small World» bereits die Bestsellerlisten stürmte, an dieses Buch?
Ich freue mich sehr auf das Erscheinen von «Melody» und hoffe, dass er vielen so gut gefällt wie mir. Das mit «Small World» habe ich allerdings anders in Erinnerung: Es war 1997 kein Verkaufsschlager, eher ein Achtungserfolg für einen Erstling. Und der Roman wurde vom Feuilleton sehr distanziert besprochen, in der Vergangenheit verklärt man vieles. Das Feuilleton mochte es nicht, wenn ein Werbetexter plötzlich Romane schreibt. Literaturkritiker ziehen es vor, dass Werbetexter auf ihrem Terrain bleiben und nur auf der Rückseite der gedruckten Zeitungsseiten erscheinen (lacht). Aber Sie haben recht, «Small World» ist mittlerweile ein Longseller, wurde mit Depardieu in der Hauptrolle verfilmt und gilt als Lehrbuch für angehende Geriatriepflegerinnen und -pfleger.

Leiden Sie unter der angeblichen Missachtung durch das Feuilleton?
Nein, das Feuilleton missachtet mich schon lange nicht mehr. Selbst die NZZ, die lange Zeit an keinem meiner Romane einen guten Faden gelassen hat, sagt inzwischen, es sei gut gemacht, aber unterhaltend und deshalb trivial. Zurück zum Erfolg meiner Romane: Erst mein dritter, «Ein perfekter Freund» im Jahre 2002, war mein wirklicher Durchbruch. Er war der erste, der auf der «Spiegel»-Bestsellerliste landete. Sogar mein zweiter Roman, «Die dunkle Seite des Mondes», wurde mit spitzen Fingern angefasst, und die Kritiker wunderten sich über die komische Story. Heute ist er der Lieblingsroman vieler Leute, unter anderem meiner Frau.

Mittlerweile lobt Sie aber die NZZ. Der Schweizer Literaturpapst Peter von Matt hat vergangenes Jahr in einem NZZ-Interview ausdrücklich betont, dass Ihre Bücher keine Trivialliteratur seien. Das ist doch der Ritterschlag.
Ja, das hat mich natürlich sehr gefreut.

Nun befinde ich mich in der aussergewöhnlichen Situation, dass der Interviewer euphorischer ist als der Interviewte, ich bin sozusagen der Gegen-Schawinski …
Ja, die Aussensicht ist meist anders als die eigene Wahrnehmung. Apropos Schawinski. Als mein Roman «Die dunkle Seite des Mondes» erschien, hat er mich in seine Talk-Sendung bei Tele 24 eingeladen. Ein bisschen boshaft stellte mir Roger als zweiten Gast einen Psilocybin- und Pilz-Fan zur Seite, der mir vorwarf, ich wolle die Magic-Mushroom-Szene fertigmachen. Nach dem Ende der Sendung meinte Schawinski zu mir, sein ganzes Umfeld sei der Ansicht, mein Roman würde ein Bestseller. Er wisse aber gar nicht, warum … (lacht).



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