24.07.2001

"Falls die einen Job suchen, können sie sich ja bei mir bewerben"

Eine anonyme Gruppe mit dem Namen ADFUCA (Advertising Friends of Upolluted Clean Air) hat am Montag in Thalwil zwei B 12-Plakate aufgehängt, die die aktuelle "Parisienne People"- Zigaretten-Werbung parodieren. Neben der Headline "Poisoning people" (Vergiftet Menschen) zeigt das eine Plakat blaue Krebse und will so an das Krebs-Risiko erinnern, während das andere Sujet mit Zigarettenstummeln die Umweltverschmutzung thematisiert. "persoenlich.com" wollte von Francis Sulzer (Bild), Creative Director der Werbeagentur Sulzer, Sutter, die das Original kreiert hat, wissen, was er von dem Coup hält. Das Interview:
"Falls die einen Job suchen, können sie sich ja bei mir bewerben"

Die beiden Plakate wollen u.a. die Tabakindustrie verärgern, wie es in einem Communiqué heisst, das "persoenlich.com" anonym erhalten hat. Fühlen Sie sich verärgert?

Nun, ich gehöre ja nicht zur Tabakindustrie, weiss also nicht, ob die sich verärgert gefühlt hat. Und leider konnte ich den Kunden noch nicht erreichen. Ich selber habe mich nicht verärgert gefühlt. Ausser vielleicht dadurch, dass ADFUCA anonym auftritt. Wenn sie schon so etwas machen, sollen sie auch dazu stehen. Aber wenn sich dahinter tatsächlich Werber verbergen, haben sie vielleicht auch Angst um ihre eigenen Budgets (lacht).

"Ein Werbeauftritt, der Spuren hinterlässt". So haben Sie die Parisienne Blue Print-Kampagne ins Rennen geschickt. Haben Sie mit solchen Spuren wie jetzt in Thalwil gerechnet?

Nein, überhaupt nicht. Aber ich finde es spannend, wie ADFUCA jetzt darauf reagiert hat und unsere Idee – wenn auch nicht ganz zum gleichen Zweck – adaptiert hat. Ausserdem bezweifle ich, dass es Parisienne schadet.

Konkret wirft Ihnen ADFUCA vor, dass Ihre Werbekampagne Kunst mit Rauchen verbindet. Diejenigen, die dann mit Rauchen anfangen, seien die Opfer, wie es in dem Communiqué weiter heisst.

Die Parisienne People blue and yellow-Werbekampagne will Rauchen und Kunst nicht ansich miteinander verbinden. Der künstlerische Auftritt soll eine deutliche Abgrenzung zu amerikanischen Zigaretten-Marken sein, die auf Begriffe wie "Freiheit", "Macht" oder auch "Geld" setzen. Parisienne ist eine europäische Marke, die wir in Europa zu positionieren haben. Und Europa steht nun einmal mehr für Kultur. So gesehen handelt es sich um einen Gegenpol, aber sicherlich nicht um einen Missbrauch von Kunst. Die Kampagne will einfach das Gefühl der Leute ausdrücken, die Parisienne rauchen.

Hinter ADFUCA verbirgt sich angeblich eine Gruppe von Werbeprofis, die das allgemeine Bewusstsein für das Nichtrauchen steigern möchten. Wie beurteilen Sie aus rein professioneller Sicht die beiden Sujets, die man Ihnen "untergeschoben" hat?

Nun, die sind tatsächlich ziemlich perfekt gemacht. So gesehen könnten da schon Profis am Werk gewesen sein. Falls die einen Job suchen, können sie sich ja bei mir bewerben (lacht).

Im Zusammenhang mit der Tabakwerbung ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Befürchten Sie ein generelles Tabak-Werbeverbot?

Kurzfristig wohl kaum. Langfristig gesehen wird es aber mit der Zeit weitere Einschränkungen geben.

Was hätte das für Auswirkungen für Sulzer, Sutter? British American Tobacco ist einer Ihrer grössten Kunden...

Parisienne ist für uns ein grosser Kunde. Aber die Frage stellt sich ja zur Zeit nicht.

Herr Sulzer, rauchen Sie?

Nein, ich bin Nichraucher. Ich glaube auch nicht, dass ich durch Werbung einen Nichtraucher zum Rauchen verführe. Bei der Zigarettenwerbung geht es darum, bereits Rauchende vom Markenwechsel zu überzeugen. Eine Person wird aufgrund anderer Faktoren zum Raucher und nicht wegen der Werbung. Abgesehen davon bin ich auch der Meinung, dass jeder genug darüber informiert ist, was Rauchen für die Gesundheit bedeuten kann. Die Tabakindustrie hat ja selber schon starke Grenzen gesetzt, indem sie junge Leute nicht mehr direkt anspricht. Und dann muss man auch ganz klar sagen, dass Zigaretten ein legales Genussmittel sind. Und solange Rauchen legal ist, darf man auch ganz legal dafür werben.

(Interview: Almut Berger).

Poisoning People – Die Fälschung:

Parisienne People – Das Original:



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