Herr Spillmann, herzliche Gratulation zu Gold. Was bedeutet der Preis für Sie?
Vorallem ein schönes Gefühl es ist eine grosse Ehre, wenn man hier in Cannes gewinnt. Und vielleicht auch ein bisschen Genugtuung. Es hat im letzten Jahr eine ähnliche Kampagne im Print gegeben, die nicht von uns war, und die es bis auf die Shortlist geschafft hat. Wobei wir unsere Idee zu "Borders" schon ziemlich viel früher Medecins sans frontières Schweiz präsentiert hatten. So gesehen ist der diesjährige Gold Lion eine Art von ausgleichender Gerechtigkeit. Und das ist natürlich besonders schön.
Als Jurymitglied mussten Sie bei der Beurteilung Ihrer eigenen Arbeit in Ausstand treten?
Ja. Es wird übrigens auch gar nicht honoriert, wenn man sich zu sehr für sein eigenes Land stark macht, es sei denn, ein Spot sei tatsächlich so gut. Jeder der Jurymitglieder hatte dieses Jahr zum erstenmal ein Gerät, auf dem er Spot für Spot eine Note von 0 bis 9 eingeben konnte. Wenn einer eine Abweichung von mehr alsvier Punkten von den übrigen Jurymitgliedern gehabt hätte, wäre er vom Jury-Präsidenten zitiert worden. Verblüffenderweise bewegten sich aber alle Jurymitglieder bereits vom ersten Tag an in einer Abweichung von maximal zwei, drei Punkten. Und dies, obwohl wir doch von allen Kontinenten nach Cannes gekommen waren und jeder einen ganz anderen Background hat. Bob Isherwood war wirklich begeistert.
Für viele Schweizer war im Vorfeld der Hakle-Spot von Advico Young & Rubicam ein Löwen-Anwärter, der es aber noch nicht einmal bis auf die Shortlist geschafft hat.
Ja, und ich war wohl der einzige, der gesagt hat, dass es dieser Spot sehr schwierig haben werde, was sich ja jetzt auch bestätigt hat. Das Problem lag darin, dass man die Kombination "trocken und feucht" beim WC-Papier so im Ausland kaum kennt. Mit der Folge, dass der Film dem Zuschauer unter Umständen sagt, dass es bei ihm hinten in etwa so aussieht wie auf einer verdreckten Autoscheibe, bei der man den Scheibenwischer ohne Wasser laufen lässt. Und damit verletzt man dann je nachdem ein Tabu, wie auch die Stellungnahmen der Juroren zu dem Spot gezeigt haben. Für die Südamerikaner war das Thema kein Tabu, während sich zum Beispiel die Angelsachsen brüskiert gefühlt haben. Ein ähnlicher Fall war übrigens im letzten Jahr der "Fliegen-Spot", der den Amerikanern aufstiess, während der Rest der Welt ihn für gute Werbung hielt.
Was war Ihr ganz persönlicher Favorit?
Ganz klar Fox Sports. Die Spots drehen sich um lokale Sportarten, die es in dieser Form nicht gibt, die es aber bei dem Sport-TV-Sender zu sehen gäbe, falls doch. Am besten fand ich die Umsetzung mit dem türkischen Turmspringer, der in den Sand statt ins Wasser springt, gefolgt von den beiden Holzhackern, die einen Baum fällen, den ein dritter Mann aufzufangen hat. Je absurder, desto besser auf diese Art werden ja auch mögliche Rassimusvorwürfe gleich von Anfang an entschärft.
Welche Filme sind Ihnen sonst noch in Erinnerung geblieben?
Vorallem solche, die durch Einfachheit bestechen. Es gab da einen argentinischen Spot in der Kategorie Telekommunikation, in dem eine Person gähnt. Während dem Gähnen schaut diese eine weitere Person an, die nun ebenfalls zu gähnen beginnt. Welche wiederum jemanden angähnt, welcher wiederum jemanden angähnt undsoweiter undsofort. Fazit: So einfach ist Komunikation ein wunderbares Beispiel eines Spots, der berührt und der toll zum Anschauen ist. Und der verdientermassen mit einem Gold Lion ausgezeichnet wurde. Wenn man sich dabei vor Augen führt, mit was für einer grossen Kelle die Telekommunikations-Branche bei uns oder auch in Deutschland anrührt... Das ist genauso ein Film, der gegen den Strom schwimmt und dadurch besticht.
Sie haben rund eine Woche in den Katakomben des Palais du Festival verbracht. Wie fühlen Sie sich?
Als hätte ich eine Überdosis verpasst bekommen (lacht). Hundemüde!
Das ganze Spillmann-Interview lesen Sie im neusten "persönlich", das anfangs Juli erscheint.
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