Unter dem reisserischen Titel «Warum ist Werbung so trivial geworden?» beschäftigt sich die SonntagsZeitung in ihrer aktuellen Ausgabe mit dem Zustand der Werbebranche. Autorin Edith Hollenstein, ehemals langjährige Redaktionsleiterin von persoenlich.com, stellt sich die Frage, warum die «Prestigebranche» an «Glanz» verloren habe. Heute wirke – von einigen Ausnahmen abgesehen – alles gleich, konventionell und durchschnittlich, so das Fazit der Autorin, die nach Gründen für das Ende der Mad-Men-Ära sucht.
Verstärkt Werbung auf Plattformen
Als einer der Gründe für das Malaise erwähnt die Zeitung, dass Werbung nicht in den konventionellen Medien geschaltet werde, sondern auf Techplattformen wie Youtube, Google, Instagram und Tiktok. So werde das vorhandene Werbegeld neu in die Platzierung und weniger in die Kreation investiert. Der Anteil der Schweizer Werbebudgets, der zu ausländischen Techkonzernen abwandere, betrage mittlerweile mehr als die Hälfte der insgesamt rund 4,2 Milliarden Franken. Das sei für die Werbebranche «fatal», wird «persönlich»-Verleger Matthias Ackeret zitiert, da dieses Geld dem Schweizer Markt entzogen werde. Gleichzeitig würden die Techfirmen der Schweizer Gesellschaft nichts zurückgeben. «Sie zahlen hier nur wenig Steuern und verzichten auch auf Werbeaktivitäten, die den Verlagshäusern helfen würden, den Journalismus mitzufinanzieren», so Ackeret gegenüber der SonntagsZeitung. Diese Haltung entspräche nicht den hiesigen Gepflogenheiten.
KI als grosse Herausforderung
Die Künstliche Intelligenz sei eine weitere Herausforderung für die Branche und schüttle diese gründlich durch. Die SonntagsZeitung befürchtet, dass durch das Aufkommen von KI viele Fachleute überflüssig würden, da deren in Arbeit künftig per Mausklick in Sekundenschnelle ausgeübt werden könne.
Für Agenturen sei das eine Chance, da auf diese Weise rascher gute Ergebnisse erzielt werden könne. Gleichzeitig bestehe aber die Gefahr, dass dadurch auch die Werbeagenturen langfristig überflüssig würden. Zitiert wird dabei Werber Frank Bodin, der die Auswirkungen von KI als «gigantisch» umschreibt. Ein ähnliches düsteres Bild zeichnet Livio Dainese, Co-Chef von Wirz. Generative künstliche Intelligenz bezeichnet er im Artikel als einen «Brandbeschleuniger». Die Agenturen würden durch die künstliche Intelligenz «massiv in die Effizienz gedrängt, sonst gehen sie kaputt.»
Gewinnmarge massiv gesunken
Diese Entwicklung hätte auch Auswirkungen auf die Gewinnmargen. Vor 15 Jahren erwirtschafteten die grossen Agenturen noch eine Betriebsgewinnmarge von 20 Prozent, heute sei es höchstens noch ein Drittel davon, so anonyme Insider, auf die sich die SonntagsZeitung beruht. Als positive Ausnahmen, die die Regel bestätigen, erwähnt das Blatt die Agenturen Thjnk und Webrepublic. Beide konnten in den vergangenen Monaten ihr Auftragsvolumen massiv erhöhen. (red)