21.03.2017

Wirz

«Weg vom König, hin zum Kollektiv»

Per April kommt es bei Wirz Communications zu einem Führungswechsel. Petra Dreyfus und Livio Dainese, die beiden Co-Geschäftsführer, über die Vorteile dieser Konstellation, ihren Führungsstil und die Vision für die Agentur.
Wirz: «Weg vom König, hin zum Kollektiv»
von Edith Hollenstein

Frau Dreyfus, Herr Dainese, was für einen Titel schreiben Sie neu auf Ihre Visitenkarte?
Petra Dreyfus: Das ist tatsächlich eine knifflige Angelegenheit. Co-Führung, Co-Leitung und Co-CEO tönt alles etwa gleich kompliziert.

Livio Dainese: Erschwerend kommt hinzu, dass ich weiterhin Kreativchef bleibe und so meinen persönlichen Beitrag zum Titelsalat in der Branche leiste. Die Angelegenheit wird einen unserer Texter wohl die nächsten paar Monate auslasten.

Genau, bei Publicis hat ebenfalls ein Kreativer die Geschäftsführung gleich mitübernommen. Handelt es sich um einen Branchentrend oder ist das eine Sparmassnahme?
Dainese: Ich leite die Agentur ja bereits seit Anfang 2016 in Co-Führung mit Thomas Städeli. Für mich persönlich ändert sich daher inhaltlich wenig. Die geteilte Führung erlaubt es mir, weiterhin als Kreativchef arbeiten zu können. Wenn das einem Trend entspricht, dann wohl einem gesellschaftlichen – weg vom König, hin zum Kollektiv.

Welche Vorteile hat diese neue Konstellation?
Dainese: Eben genau die Tatsache, dass wir weiterhin als Spielertrainer arbeiten können. Ich halte das für matchentscheidend. Wir sind Macher, nicht Meiner.

Dreyfus: Durch die Doppelführung haben wir die beiden Kernkompetenzen nämlich die kreative und die beratende, betriebswirtschaftliche an der Unternehmensspitze vereint. Weil wir die Leitung teilen, bleibt uns Zeit für unsere Kunden. Wir wollen unsere Kompetenzen nicht vom Kunden wegbefördern.

Wie werden Sie die Aufgaben aufteilen?
Dainese: Ich verursache Chaos,  Petra organisiert die Räumungsarbeiten.

Dreyfus: Genau, darin habe ich mittlerweile richtig Übung. Aber im Ernst: Wir haben dies nach Units aufgeteilt. Livio leitet nebst der Kreation auch unsere Digitalen von XLAB sowie die Content-, Amplification- und Social-Media-Spezialisten von Storyline. Ich führe wie bisher die Beratung und neu auch die Strategie und Medienrealisation. Weil wir aber generell Disziplinen integriert führen und die vielen Spezialisten mal da und mal dort arbeiten, gibt es auch etliche gemeinsame Meetings.

Sitzen Sie beide im gleichen Büro und sind so über die selbe CEO-Telefonnummer erreichbar?
Dreyfus: Nein, Livio sitzt wie bis anhin mit Fernando und Samuel in einem gefühlt sechs Quadratmeter grossen Büro in der Kreation, wo sie sich täglich gut zureden, bewundern, trösten und auch mal den Rücken kratzen.

Welchen Führungsstil haben Sie?
Dreyfus: Ich würde unseren Stil als integrativ beschreiben. Wir ziehen keine Guru-Nummer ab. Persönlich glaube ich weder an Titel noch an Hierarchien. Ich glaube, dass gerade die jüngere Mitarbeiter einen nicht respektieren, weil man irgendwelche C’s im Titel führt, sondern weil sie sehen, dass man etwas drauf hat.

Dainese: Sehr wichtig ist uns ein hohes Mass an Eigenverantwortung und Vertrauen. Wir haben sehr gut ausgebildete und erfahrene Leute in der Agentur. Da muss man nicht jeden Schritt vordenken und vormachen. Wichtig ist aber, dass jeder weiss, wo wir als Agentur hin, und was wir erreichen wollen.

Worauf legen Sie Wert?
Dreyfus: Bei den Eigenschaften? Sich nicht mit der erstbesten Lösung zufriedenzugeben und Durchhaltewillen zu zeigen. Bei den Arbeiten? Mit Arbeiten Awards zu gewinnen, die dem Kunden wirklich etwas gebracht haben.

Dainese: Auf exzellente Arbeit. Von der Strategie über die Kreation bis zur Umsetzung. Dazu auf Spass. Qualität kommt nicht von Qual, sondern gerade in der Kreation auch von Quatsch.

Herr Dainiese, Sie sind seit 2014 bei Wirz. Wie hat sich die Agentur seither verändert?
Dainese: Wir haben den Laden in den letzten drei Jahren komplett umgekrempelt. Wirz ist heute die jüngste älteste Agentur der Schweiz. Die neuen Units haben wir ja vorhin bereits erwähnt. Sie sind ein gutes Beispiel dafür, dass Wirz heute breiter und vielfältiger aufgestellt ist als je zuvor.

Was heisst das?
Dainese: Mit Storyline decken wir den Bereich Storytelling ab und sorgen dafür, dass Kampagnen das Fliegen lernen. XLAB ist unsere Antwort auf alle digitalen Fragen – von Mixed Reality bis zum Kampagnenhub. Unsere Digital-Experten stehen in engem Austausch mit XLAB London, der digitalen Unit von AMV BBDO London. Ein grosser Vorteil. Generell haben wir, gerade bei den neuen Themen, die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern institutionalisiert. AMV BBDO London, eine der Top Adressen in UK, ist nur einer davon.

Frau Dreyfus, «für eine Geschäftsleitungsposition ist wichtig, nie zu ruhen, sondern immer wachsam zu bleiben», sagten Sie vor rund zwei Jahren in einem persoenlich.com- Interview. Welche sind die Themen, die derzeit speziell in Ihrem Fokus stehen?
Dreyfus: Die ständige Überprüfung und Anpassung unserer Arbeitsprozesse. Die Konsum- und Kommunikationsgewohnheiten ändern sich rasant und unsere Aufgabe ist es, schnell darauf zu reagieren. Ich finde das hochspannend. So stellen wir neue Leute an, die bisher nicht in Agenturen zu finden waren und überprüfen auch unsere sonstigen Abläufe, um jetzt mal die betriebswirtschaftlichen Modewörter Insourcing und Outsourcing zu umgehen.

Was haben Sie sich für Ziele gesetzt?
Dreyfus: Wir wollen die Erneuerung der Agentur weiter vorantreiben. Wir wollen eine wirtschaftlich gesunde Agentur, einen Arbeitsplatz, an dem man gerne ist und mit Menschen, die für ihre Arbeit brennen.

Dainese: Gleichzeitig wollen wir mit wegweisenden Arbeiten auf uns aufmerksam machen. Wir wollen weiterhin die Kampagnen realisieren, über die die Schweiz spricht und die auch international Beachtung finden. Das ist uns in den letzten zwei Jahren immer besser gelungen.

 *die Fragen wurden schriftlich beantwortet. 



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