21.03.2019

Migros

Am Samstag wird die neue Präsidentin gewählt

Am Samstag wählt die Delegiertenversammlung des Migros-Genossenschaftsbundes ein neues Präsidium. Das Unternehmen befindet sich in einer schwierigen Situation: Es ist sehr schwerfällig und die Margen sinken.

Es sind wichtige Weichen für die Zukunft: Der bisherige Präsident Andrea Broggini hatte vergangenen Herbst seinen vorzeitigen Rücktritt angekündigt. Der Tessiner Wirtschaftsanwalt präsidiert die 23-köpfige Verwaltung, wie das oberste Aufsichts- und Verwaltungsgremium des Migros-Genossenschaftsbundes (MGB) heisst, seit 2012.

Schwerfällige Struktur

Die Wahl seiner Nachfolge wird Migros-intern als eigentliche Richtungswahl wahrgenommen. Mit Jeannine Pilloud und Ursula Nold stellen sich zwei Kandidatinnen für das Amt zur Verfügung, die für zwei unterschiedliche Wege in die Zukunft stehen.

Für die «Sonntagszeitung» steht Pilloud dabei für die Veränderung, während Nold einen bewahrenden Kurs einschlagen dürfte. Und die «NZZ am Sonntag» spricht von einem Kampf um die Werte von Gründer Gottlieb Duttweiler und um die künftige Struktur der Genossenschaft, bei dem sich Traditionalisten und Reformer gegenüberstehen.

Tatsächlich befindet sich die Migros derzeit in einer schwierigen Situation: Die Struktur mit zehn weitgehend parallel wirtschaftenden regionalen Genossenschaften und dem Genossenschaftsbund, der als Klammer zwischen den Genossenschaften figuriert, macht das Gesamtunternehmen schwerfällig.

Das zeigt sich insbesondere in den Geschäftszahlen: Die Betriebsgewinnmarge, die vor 10 Jahren immer über 4 Prozent gelegen hatte, betrug 2017 gerade noch 2,1 Prozent. Und die zum Genossenschaftsbund zählende Handelsdivision mit Ketten wie Denner, Globus und Interio schrieb sogar während mehrerer Jahre rote Zahlen.

Wie das Geschäftsjahr 2018 ausgefallen ist, gibt die Migros erst kommende Woche bekannt.

SBB-Frau gegen interne Kandidatin

So offen der Ausgang der Präsidiumswahl sein mag: Fest steht, dass erstmals eine Frau an der Spitze des Migros-Genossenschaftsbundes stehen wird.

Jeannine Pilloud, die erste der beiden Kandidatinnen, ist einer breiten Öffentlichkeit als erste Frau in die SBB-Konzernleitung bekannt. Von 2011 bis 2017 leitete sie den Personenverkehr, mit 13'000 Mitarbeitenden die grösste Division. Seit Anfang 2018 ist Pilloud als Delegierte für ÖV-Branchenentwicklung tätig, wird die SBB aber im ersten Halbjahr 2019 verlassen.

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Daneben hat Pilloud ab 2018 eine Verwaltungsratskarriere gestartet. Sie ist derzeit etwa Verwaltungsrätin des Telekomunternehmens Salt und Vorstandsmitglied von Schweiz Tourismus. Zudem kandidiert sie derzeit auch als Verwaltungsratspräsidium des Technologieunternehmens Ascom.

Pillouds Konkurrentin Ursula Nold dagegen gilt als Kandidatin aus dem Innern der Migros. Sie ist seit 2008 Präsidentin der Delegiertenversammlung des MGB, jenem Gremium, das am Samstag die Präsidiumswahl bestreitet.

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Nold ist seit 2005 Dozentin und Angebotsverantwortliche für den Bereich Kader- und Systementwicklung im Institut für Weiterbildung und Medienbildung der Pädagogischen Hochschule Bern. Daneben ist sie auch Verwaltungsrätin des Bildungsunternehmens WKS KV Bildung, Verwaltungsratspräsidentin der KMU-Unterstützerfirma Be Advanced sowie Stiftungsrätin von Konzert Theater Bern.

Folgen Delegierte der offiziellen Empfehlung?

Offiziell zur Wahl empfohlen wird Jeannine Pilloud. Allerdings ist ungewiss, wie viel Gewicht das Evaluationsgremium des MGB, das die Empfehlung ausgegeben hat, bei den 110 Delegierten hat. Denn das Gremium setzte sich aus je drei Mitgliedern der Verwaltung und des Leitungsgremiums der Delegiertenversammlung zusammen.

Ob die von den einzelnen Genossenschaften abgesandten Delegierten deren Empfehlung folgen und tatsächlich die von aussen kommende Kandidatin der Frau aus den eigenen Reihen vorzieht, ist unklar.

Aufgrund von verschiedenen Posts auf Linkedin hat jedenfalls die Zeitung «Schweiz am Sonntag» geschlossen, dass Ursula Nold durchaus von zahlreicher und auch prominenter Seite unterstützt werde und daher reelle Wahlchancen habe. Ihr Vorteil gegenüber Pilloud: Sie kennt die Struktur und die Kultur der Migros aus dem Effeff

Erreicht übrigens keine der beiden Kandidatinnen bei der Wahl das absolute Mehr, kann gemäss Wahlreglement der Antrag gestellt werden, die Wahl aufzuschieben. Dazu ist lediglich eine einfache Mehrheit der Delegiertenstimmen notwendig.

Eine solche Verschiebung würde dann dem Traditionalisten- und Reformerlager ermöglichen, sich doch noch auf eine gemeinsame Kandidatin oder einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. (awp/sda/eh)

 



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