von Nick Lüthi
Frau Meyer, als Sie 2021 die Leitung der Hotelplan-Gruppe übernommen hatten, welche Rolle spielten damals neue Technologien wie Metaverse und künstliche Intelligenz im Unternehmen?
Die ersten Erfahrungen mit virtueller Realität machte unsere Schweizer Geschäftseinheit Hotelplan Suisse 2017 mit VR-Brillen, die den Kunden in den Filialen zur Verfügung gestellt wurden. Das war noch vor meiner Zeit. Als ich CEO wurde, war das Experiment mit den Brillen schon wieder beendet. Es gab damals noch zu wenig Content, um den Kundinnen und Kunden einen Mehrwert zu bieten bei der Beratung für ihre nächsten Reisen.
Welchen Einfluss hatte diese ernüchternde Erfahrung auf den weiteren Umgang mit dieser Technologie?
Wir konnten daraus viel lernen und sehen, was funktioniert und was nicht. Heute nähern wir uns dem Thema spielerischer an, mit dem Ziel, möglichst schnell, möglichst viel zu lernen.
Beim Reisen bewegt man sich. Wie kann das Metaverse, wo man physisch an Ort und Stelle bleibt, in der Reisebranche eine Rolle spielen?
Reisen hat viel mit Inspiration zu tun. In einer virtuellen Welt kann man Orte erkunden und sich vorstellen, wie es dort aussieht. Da gibt es tolle Anwendungen, so wie man früher einen Katalog oder einen Reiseführer angeschaut hat.
Welche Anwendungen sehen Sie sonst noch?
Im Verkauf und in der Beratung hilft es natürlich auch, wenn wir Kundinnen und Kunden zeigen können, was es zum Beispiel ausmacht, wenn sie ein Hotelzimmer einen Stock höher buchen und welche Aussicht sie von dort aus haben.
«Solange es für Virtual Reality eine Brille braucht, finde ich es schwierig.»
Inspiration und Beratung finden vor der Reise statt. Gibt es auch VR- oder Metaverse-Anwendungen, die während der Reise sinnvoll sind?
Solange es dafür eine Brille braucht, finde ich es schwierig. Da braucht es andere Geräte. Aber ich bin überzeugt davon, dass es total coole Anwendungen geben wird, gerade im Bereich der Augmented Reality. Schon heute gibt es Apps, die mir Informationen anzeigen, wenn ich das Smartphone auf ein bestimmtes Objekt richte.
Wird die Hotelplan Group selbst Anwendungen entwickeln?
Das ist im Moment nicht unser Fokus. Wir setzen auf Produkte von Drittanbietern. Ich sehe uns auch weniger als Content-Creator von Destinationen. Wenn schon, kuratieren wir Inhalte. Dies handhaben wir beispielsweise auch so, wenn wir Kundinnen und Kunden digitale Information für die Reise mitgeben.
Die andere Hype-Technologie ist die künstliche Intelligenz. Das dürfte für Hotelplan im Bereich der Beratung interessant sein.
Wir setzen Chatbots bei fast allen unseren Marken ein, sowohl im Bereich Service als auch für generelle Informationen. Zudem setzen wir Data- und Analytics-Fähigkeiten ein, um unserer Kundschaft passende Reisen zu empfehlen. Aber wenn es um Beratung geht, sind Menschen nach wie vor viel, viel besser.
Wie nutzt die Hotelplan Group neue Technologien für geschäftsinterne Prozesse?
Wir nutzen sie für Analytics und Automation, wo zum Teil auch künstliche Intelligenz reinspielt. Das hilft uns, Abläufe zu vereinfachen.
«Wir tätigen keine grossen Investitionen in Technologie, wenn wir die Ersten sind.»
Sind neue Technologien Chefsache?
Für mich ist es schon wichtig, zu wissen, was die Trends sind, und welche Anwendungen es gibt. Dazu muss ich die Technik nicht im Detail verstehen. Aber ich muss wissen, was es aus einer Business-Optik bedeutet und welchen Mehrwert wir damit unseren Kundinnen und Kunden bieten können.
Will Hotelplan mit neuen Technologien vorangehen oder erst aufspringen, wenn klar ist, dass alles sauber läuft?
Wir verfolgen eine Fast-Follower-Strategie. Das heisst, wir tätigen keine grossen Investitionen in Technologie, wenn wir die Ersten sind. Ich frage immer: Gibt es schon jemanden weltweit, der das macht? Wenn nicht, ist es zu riskant, auch weil wir weniger Innovationsbudget haben als grössere Unternehmen. Aber wir haben durchaus den Anspruch, in der Schweiz auch mal die Ersten zu sein. Mir ist wichtig, dass wir mit wenig Geld mal etwas ausprobieren, bevor wir eine Investition tätigen.
Apropos wenig Geld: Hat Hotelplan das Innovationsbudget erhöht mit Blick auf die neuen Technologien?
Für Digitalisierungsprojekte haben wir strategisch an gewissen Orten die Investitionen erhöht.
Dienste wie ChatGPT liefern heute noch nicht immer verlässliche Antworten. Heisst das darum: Finger davon lassen?
ChatGPT können wir in der Beratung noch nicht als zusätzliches Instrument verwenden. Wir sind auf topaktuelle Informationen angewiesen, gerade zu den Destinationen. Insofern beobachten wir vorerst mal, bis die Qualität stimmt, und setzen weiterhin auf die bestehenden Systeme und verlässliche Informationsquellen.
«Das Telefon bleibt ein wichtiger Kanal.»
Brachte Corona einen Technologieschub, weil die Beratung vor Ort nicht mehr möglich war?
Wir führten damals Videoberatung ein, die man auch heute noch nutzen kann, aber ohne Elemente von Virtual Reality. Viele Kundinnen und Kunden besuchen unsere Filialen am liebsten persönlich oder rufen uns an. Das Telefon bleibt ein wichtiger Kanal.
Was sind die nächsten Projekte von Hotelplan im Bereich der Zukunftstechnologien?
Hotelplan Suisse lanciert einen Space im Metaverse, am 13. April findet der Launch-Event statt. Es wird um Reisen und Inspiration gehen. Mehr kann ich noch nicht verraten. Zudem sind wir ja bei der Travel Blockchain chain4travel mit dabei als Validator.
Launch-Event Hotelplan x Metaverse: Donnerstag, 13. April 2023, 18 bis 19 Uhr. Anmeldung hier.