Vermehrt Asiaten im Dorf anzutreffen

Fotoverbot in Bergün - Ein Jahr nach dem «Herzlichen Fotografierverbot» in der Bündner Gemeinde zieht der Tourismusdirektor eine positive Bilanz. Die Marketingaktion hatte weltweit für Schlagzeilen gesorgt – und war offenbar auch nachhaltig.

von Christian Beck

Diese Marketingaktion ging um die Welt. Als bekannt wurde, dass die Gemeindeversammlung von Bergün beschlossen hatte, ein «gemeindeweites und herzliches Fotografierverbot» zu erlassen, wurde das 500-Seelen-Dorf schlagartig bekannt. Der Grund für das Verbot: Es sei wissenschaftlich erwiesen, dass schöne Ferienfotos auf Social Media die Betrachter unglücklich machten, wenn diese gerade nicht am abgebildeten Ort sein könnten, hiess es damals (persoenlich.com berichtete).

Hinter der Aktion steckte Jung von Matt/Limmat, wie persoenlich.com tags darauf berichtete. Die Agentur entwickelte diese Kampagne zusammen mit dem Gemeindevorstand von Bergün, mit Bergün Filisur Tourismus und der kantonalen Organisation Graubünden Ferien. Die Kampagne verzeichnete gleich nach dem Start einen grossen Erfolg: «Die Google-Bilder-Suche nach Bergün explodiert, Bergün ist Trending Topic auf Twitter. Alles mit 0 Franken Media-Budget», sagte Kreativchef Dennis Lück damals.

Und heute, ein Jahr nach der Lancierung des «Herzlichen Fotografierverbots»? Tatsächlich habe die Zahl der Logiernächte leicht zugelegt, sowohl im Sommer, wie auch im Winter. «Wobei es im Winter seit zwei Jahren wieder mal richtig Schnee gab», relativiert Marc-Andrea Barandun, Geschäftsführer Bergün Filisur Tourismus, gegenüber persoenlich.com. Aber: «Die Logiernächte waren nicht das Ziel der Marketingaktion, sondern Reichweite und Bekanntheit.» Und dieses Ziel sei erreicht worden: Über das «Herzliche Fotografiervebot» sei in 21 Ländern auf sechs Kontinenten berichtet worden. Jetzt würden auch Zahlen vorliegen: «Fast neun Millionen Menschen haben von diesem Fotoverbot gehört», so Barandun.

Asiate reiste aus Frankfurt an

Vermehrt seien nun einige Amerikaner und vor allem Asiaten im Dorf anzutreffen. Barandun erzählt eine Anekdote eines Asiaten, der einen Geschäftstermin in Frankfurt hatte und am freien Wochenende ein Auto mietete. «Zum ersten Mal in seinem Leben fuhr er in die Berge, durch schmale Strassen zu uns hinauf. Er kam völlig fertig in Bergün an», so der Tourismusdirektor. Mitten in der Nacht habe der asiatische Tourist im Hotel Kurhaus eingecheckt. «Er sagte, er hätte dieses Bergün unbedingt anschauen wollen, nachdem er so viele schöne Fotos gesehen habe.»

Unterschätzt habe Barandun die Reaktionen im näheren Umfeld. «Je weiter weg von Bergün berichtet wurde, desto eher wurde begriffen, dass es sich um eine Marketingaktion, eine Kampagne, eine lustige Sache handelt.» Schweizer hätten eher negativ reagiert. Sogar Gerichte mussten sich mit Bergün beschäftigen. Mittlerweile sind die Beschwerden vom Tisch. «Wenn ich heute jemandem sage, dass ich aus Bergün komme, wird über die Aktion geschmunzelt.»

Übrigens: Die nächste Kampagne werde ganz anders aussehen, so Barandun. Die Agentur dafür sei aber noch nicht gewählt worden.