Interview: «persönlich» Bild: zVg
Frau Kambly, das Unternehmen Kambly wurde 1910 gegründet. Können Sie uns mehr über die Entstehungsgeschichte erzählen?
Oscar R. Kambly traf während eines Welschland-Aufenthalts seine zukünftige Frau Emma Jakob aus Trubschachen. Der Liebe folgend, zog er nach Trubschachen, wo er eine Lehre als Bäcker-Konditor machte. Er übernahm die Bäckerei seines Lehrmeisters und beschloss, seine Spezialitäten über die Dorfgrenzen hinaus zu verkaufen. Bereits 1910 gründete er die Firma Kambly, der Grundstein für die Fabrikation wurde gelegt. Das Kambly-Bretzeli war von Anfang an das wichtigste und beliebteste Produkt und wurde bald zum Erfolg. Der Gründer leitete die Firma aber auch durch schwierige Zeiten. Während der beiden Weltkriege, als die Rohstoffe knapp waren, hielt er eisern an seinem Grundsatz «Qualität ohne Kompromisse» fest. Er hatte eine klare Vision: Kambly steht für die allerbesten Biscuits.
Was ist Ihr unternehmerisches Credo und welche Rolle spielt die Tradition in der Produktion von Kambly-Gebäck?
Es ist das Ziel von Kambly, zur Lebensqualität aller mit der Unternehmung Verbundenen beizutragen. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soll Kambly Raum bieten, um sich menschlich wie fachlich weiterentwickeln zu können. Diese Vision leitet unsere innere Haltung, unser Miteinander, unseren Führungsstil und unsere Strategie. Es ist uns Pflicht und Privileg, in dieser über 114 Jahre gepflegten Sorgfalt und mit zukunftsgerichteter Investitionskraft so feine Produkte herstellen zu dürfen, die vielen Menschen Freude bereiten und mit denen sie schöne Erinnerungen in ihrem Leben verbinden. Die Tradition, die wir im Hause Kambly seit vier Generationen pflegen, leitet und inspiriert uns. Die Gründervision lebt, sie ist generationenübergreifend. Wichtig ist uns dabei, nach vorne zu schauen. In der Innovation orientieren wir uns an neuen Bedürfnissen, Konsumsituationen und Geschmacksrichtungen. Unsere Klassiker, die den Test der Zeit überdauert haben und schon lange im Sortiment sind, überdauern solche Wellen aber meistens. Beispiele sind Bretzeli, Butterfly, Chocolune, Matterhorn und Caprice, um nur einige zu nennen. Sie haben einen eigenen, einzigartigen Charakter, eine herausragende Persönlichkeit und haben viele Liebhaberinnen und Liebhaber gewinnen dürfen. Diese beliebten Kambly-Klassiker werden nie verändert.
Wie viele Produkte stellt Kambly her und welche zählen zu den erfolgreichsten in Ihrem Sortiment?
Kambly hat ein vielfältiges Sortiment von rund 30 Biscuits, rund 20 Salzgebäck-Sorten und mehreren verschiedenen Mischungen und Geschenkdosen. Edle Vielfalt gehört zur Freude und zu den schönen Momenten mit Kambly. Konsumentinnen und Konsumenten schätzen mehrere Sorten und mögen die Auswahl. Die Lieblinge sind dabei das Bretzeli und das Butterfly, und beim Salzgebäck ist der sympathische Goldfish der Favorit.
Mit dem «Schokolade-Petit-Beurre» lancierten Sie zusammen mit Cailler erfolgreich eine neue Kreation zwischen Schokolade und Gebäck. Sind künftig weitere Partnerschaften ähnlicher Art angedacht?
Die Kambly Cailler Petit Beurre au Chocolat vereinen unser feines Petit Beurre mit herrlicher Schweizer Cailler-Schokolade, welche mit frischer Milch hergestellt wird. Markenschokolade zu verwenden, war neu im Choco-Petit-Beurre-Markt, und unsere Produkte bieten mit ihrer einzigartigen Qualität einen besonderen Mehrwert. Dies kann man sich auch für andere Produktkategorien denken, im Moment haben wir jedoch kein weiteres Projekt in Planung.
Gleichstellung war für Sie schon früh ein zentrales Anliegen. Was hat dazu geführt, dass Sie Massnahmen wie 16 Wochen Mutterschaftsurlaub oder die Besetzung von Kaderstellen mit Frauen eingeführt haben?
In den 1980er-Jahren, als mein Vater Oscar A. Kambly die Leitung der Firma übernommen hat, hat er bereits erkannt, wie wichtig dieses Thema ist. Kambly wurde in jeder Generation von einem Ehepaar geleitet, nur waren in den ersten beiden Generationen die Frauen hinter den Kulissen. In der dritten Generation änderte sich dies, meine Mutter Ursula war immer berufstätig. Diese Perspektive möchten wir allen Frauen ermöglichen. Noch heute gibt es viel zu tun, zum Beispiel auch für Väter. Wir sind heute viel offener für Teilzeitmodelle, und nach der Geburt unseres älteren Sohnes habe ich mich für einen längeren Vaterschaftsurlaub eingesetzt.
Sie exportieren Ihre Produkte in mittlerweile mehr als 50 Länder. Welches sind die wichtigsten Märkte, und wie fördern Sie das internationale Wachstum?
Beim Aufbau des Exports ist es unsere Vision, dass Kambly-Produkte überall da verfügbar sind, wo durch eine besondere kulinarische Kultur das Bedürfnis für feine Biscuits gegeben ist. Natürlich gibt es noch andere Voraussetzungen, zum Beispiel genügend Kaufkraft, eine zuverlässige temperaturgeführte Logistik und ein funktionierendes Wirtschafts- und Rechtssystem. Unsere wichtigsten Exportmärkte sind die Nachbarländer, allen voran Frankreich und Deutschland, wo wir eigene Verkaufsorganisationen haben. In Deutschland sind wir nun seit einem Jahr selbstständig unterwegs, da gibt es noch sehr viel Potenzial. Weiteres Wachstum möchten wir erreichen, indem wir auf gewisse Märkte fokussieren. Es gibt für Kambly international noch sehr viel Potenzial. Mit Mass zu geniessen und sich dafür das Allerbeste zu
gönnen, etwas, das man mit gutem Gewissen zelebrieren darf, entspricht einem globalen Megatrend.
Wie setzt sich Kambly für Nachhaltigkeit und Umweltschutz in seiner Produktion ein?
Über allem steht eine Haltung, die generationenübergreifende Denkweise, die auch unsere Unternehmensstrategie prägt. Dazu gehört unsere Vision, einen Beitrag zur Lebensqualität zu leisten, auch für kommende Generationen. Wir pflegen eine familiäre Unternehmenskultur, wo jedes Teammitglied mit klaren Zielen und Prioritäten in Eigenverantwortung seinen Aufgabenbereich ausfüllt, und wir arbeiten zusammen in Respekt, Wertschätzung und Vertrauen. Wir sind der Überzeugung, dass Menschen für Mensch und Natur einen Unterschied machen können. Im Bereich Ökologie setzen wir einen Fokus auf Energieeffizienz und das Vermeiden von «Waste» jeglicher Form. Allen voran ist das Vermeiden von Food-Waste zentral. Auf dem Weg der CO2-Reduktion, den wir 2002 gestartet haben und auf dem wir viele Fortschritte erzielen konnten (Energieeffizienz um 80 Prozent gesteigert), sind wir auch der SBTi-Initiative beigetreten. Im Bereich unserer Zutaten achten wir auf eine möglichst regionale, partnerschaftliche Beschaffung, und für Rohstoffe aus fernen Ländern setzen wir auf Nachhaltigkeits-Labels wie Rainforest Alliance oder Fair Trade. Eine möglichst direkte Vertrauensbeziehung zu unseren Lieferanten und die gemeinsame Langfristorientierung liegen uns am Herzen.
Welche zentralen Marketingstrategien verfolgt Kambly?
Wir sind überzeugt, dass gutes Marketing auf herausragend guten Produkten basiert. Es ist unsere Mission, die Konsumentinnen und Konsumenten immer wieder zu begeistern. Die konstant höchste Qualität unserer Produkte hat dabei eine zentrale Bedeutung. Die Marke Kambly gehört ihren Liebhaberinnen und Liebhabern. Das Vertrauen in die Marke durfte über mehrere Generationen wachsen. Deshalb sind Einzigartigkeit, Authentizität und Kontinuität sowie eine immer glaubwürdige, verständliche und nahbare Entwicklung der Marke in allem, was wir tun, so eminent wichtig. Wenn etwas gut funktioniert, zum Beispiel ein Design, wird es selbstähnlich weiterentwickelt. Selbstähnlichkeit stellt sicher, dass etwas Neues als ganz natürlich empfunden wird und immer hohe Wiedererkennbarkeit gegeben ist. Auch liegt es uns am Herzen, dass wir uns immer weiterentwickeln, tüfteln und auch anspruchsvolle Entwicklungen ermöglichen. Der Pioniergeist lebt in der Freude, Freude zu bereiten.
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