23.04.2025

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ESG: vom Euphemismus zum Kakophemismus – Kommunikation im Spannungsfeld zwischen internen und externen Erwartungen

Betrachtet man den öffentlichen Diskurs zum Thema ESG (Environmental Social Governance), so stellt man eine von den USA ausgehende dramatische Veränderung der Debatte und eine damit verbundene zunehmend negative Konnotation des Begriffs fest. Diese schwappt auch nach Europa über.
Ausgabe 04/2025: ESG: vom Euphemismus zum Kakophemismus –  Kommunikation im Spannungsfeld zwischen internen und externen Erwartungen

Text: Vincent Furnari Bilder: iStockphoto

Vorbei die Zeiten, als Al Gore auf einen Hubwagen stieg, um den CO2-Anstieg zu veranschaulichen, und Blackrock-Gründer Larry Fink den CEOs dieser Welt mehr Klimaschutz verordnete. Während dies eine weltweite Bewegung rund um das Thema Nachhaltigkeit beschleunigte, stellt der jüngst vom amerikanischen Präsidenten Trump ausgegebene Slogan «Drill, baby, drill» den aktuellen Höhepunkt des ESG-Backlash dar.

Für Unternehmen ist diese Entwicklung sehr komplex, und einige tendieren dazu, die Kommunikation zu Themen der Nachhaltigkeit auf das absolut Notwendige und regulatorisch Erforderliche zu beschränken. Dabei wird aber verkannt, dass die evidenzbasierte Nachhaltigkeitskommunikation entlang der Daten international bewährter Regelwerke eine hervorragende Basis bietet, um die Unternehmensstrategie und -story aufzuwerten.

Dies ist unter anderem deshalb wichtig, da die Finanzbranche zwar vordergründig einen Strategieschwenk vollzieht, aber nach wie vor darauf angewiesen ist, in «nachhaltige» Firmen zu investieren. Die Ambitionen in Sachen Klimaneutralität sind vielleicht etwas zurückgenommen worden, aber nicht gestoppt. Dies folgt sicherlich der Logik, dass eine US-Präsidentschaft lediglich für vier Jahre besteht (zumindest nach aktueller Gesetzeslage), das Klima uns aber immer begleiten wird. Entsprechend beeinflussen viele ESG-Themen weiterhin das Risikoprofil der Unternehmen. 

Die regulatorische Perspektive: ein Ausgangspunkt für mehr

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa revolutioniert. Daran ändern auch die Anpassungen im Rahmen des Omnibus-Pakets I nichts. Auch die Schweiz beabsichtigt, sich an den Vorgaben der EU zu orientieren, was bedeutet, dass Schweizer Unternehmen künftig ähnliche Anforderungen erfüllen müssen.

Diese regulatorischen Anforderungen sind jedoch nicht nur eine Bürde, sondern auch eine Chance, die Qualität der Unternehmenskommunikation zu stärken. 

Der katalytische Prozess: Transformation durch Kommunikation

Eine strategisch ausgerichtete Nachhaltigkeitskommunikation kann einen katalytischen Prozess zur Transformation im Unternehmen anstossen. 

Durch die Kommunikation von Nachhaltigkeitszielen und deren Fortschritten können Mitarbeitende und Führungskräfte motiviert in den Transformationsprozess eingebunden werden. Optimierungspotenziale können mit einer differenzierten Motivation angegangen werden, sodass Prozesse speziell mit Blick auf die Ressourcennutzung bzw. -verschwendung optimiert (Lean/Six Sigma) und Erwartungen in der Führungskräftebeurteilung entsprechend «verzielt» werden.

Evidenzbasierte Kommunikation: die Macht der Daten

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Basis standardisierter Rahmenwerke wie der Global Reporting Initiative (GRI) oder der CSRD spielt hierbei eine wichtige Rolle. Durch die Verwendung solcher Standards können Unternehmen ihre Fortschritte messbar machen und auf Basis nachvollziehbarer und ggf. geprüfter Daten sprechfähig werden, ohne in die Falle des Greenwashings zu tappen. Dieser Steinbruch an Informationen bietet eine hervorragende Basis, um authentisch, strategisch und zielgruppengerecht das Markenimage nach aussen wie nach innen zu stärken. 

Integration in die Unternehmensstrategie und Equity-Story

Die Integration relevanter Nachhaltigkeitsaspekte in die Unternehmensstrategie und Equity-Story ist entscheidend, um die langfristige Wertschöpfung zu untermauern und zu fördern. Eine strategische Nachhaltigkeitskommunikation kann dann entsprechende Ziele und Themen aus der Unternehmensstrategie ableiten. Ambitionierte Ziele wie Klimaneutralität müssen deshalb sorgsam durchdacht und auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft werden und einen messbaren Beitrag zur Unternehmenswertsteigerung leisten. Für die Wertschöpfung oder das Risikoprofil irrelevante Ziele gehören aus den Präsentationen und Erklärungen eliminiert. Dies erhöht die Relevanz der Kommunikation für sämtliche Stakeholder. 

Fazit

Nachhaltigkeitsberichterstattung ist definitiv mehr als nur eine regulatorische Pflichterfüllung. Nach dem Euphemismus vergangener Tage, der zum Vertrauensverlust vieler Stakeholder führte, sind wir im aktuellen Kakophemismus mit viel Meinung und wenig Ahnung dringend darauf angewiesen, sinnvolle, wertstiftende Kommunikationsstrategien zu entwickeln, die Kopf und Herz gleichermassen treffen.

                                                                                                                            

Die Tagung zum Thema:

Nachhaltigkeit: Pflichtübung oder echte Transformation? Chancen für HR und Kommunikation

Speakers: 

Vincent Furnari, Managing Partner, Kirchhoff Consult – Nachhaltigkeit: Chance für Kommunikation und HR Sibylle Umiker, Leiterin Kommunikation LUKB – Mitarbeitende: kritische Schaltstelle in der Nachhaltigkeitsarbeit

Monika Vollmer-Michel, Verwaltungsrätin Bank von Graffenried – Die Sicht der Verwaltungsrätin

Dazu Breakout-Session aus Schweizer Unternehmen – Praxisbeispiele mit konkretem Nutzen für die Arbeit im Alltag! Das ganze Programm und die Anmeldemöglichkeit gibt es hier online.

HWZ, Donnerstag, 15. Mai 2025, 13 bis 17.30 Uhr, mit anschliessendem Apéro.

Anmeldung unter www.perikom.ch


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