02.08.2016

SRF im Jugendwahn?

«Ab 50 wird es für Frauen schwierig»

Wie alt sollten «10vor10»-Moderatoren sein? Dass diese Debatte bei Frauen aufflammt, wundert Esther Girsberger nicht. Denn sobald eine Frau über 50 ist, erhalte sie weniger Aufträge, sagt die Moderatoren-Vermittlerin. Bei Männer sei das anders: Auch jenseits der 50 können sie problemlos verpflichtet werden - sie gelten als reif und kompetent.
SRF im Jugendwahn?: «Ab 50 wird es für Frauen schwierig»
Bei bei Männern sei man punkto Aussehen toleranter als bei Frauen, sagt Moderatoren-Vermittlerin Esther Girsberger. (Bild: zVg)
von Edith Hollenstein

Frau Girsberger, gibt es bei SRF tatsächlich zu viele junge Moderatoren und Moderatorinnen?

Der Begriff «jung» bedeutet gar nichts, genau wie auch «alt» nichts bedeutet. Die einen erachten eine 38-jährige Person als «jung», andere sehen das anders.

Was gilt für Patrizia Laeri: Ist Sie mit 38 tatsächlich zu jung, um glaubwürdig Infosendungen präsentieren zu können, wie in der «Schweiz am Sonntag» beschrieben?

Ich finde es bezeichnend, dass diese Debatte rund um das Alter in der Newsmoderation nur im Zusammenhang mit Frauen aufflammt, nicht aber wenn es um Männer geht. Aus meiner Erfahrung bei speakers.ch in der Vermittlung von Moderatoren und Referenten ist mir bewusst: Ab 50 wird es für Frauen schwierig. Sie werden weniger oft gebucht, während Männer auch jenseits der 50 problemlos verpflichtet werden. Hier ist noch immer das Klischee in den Köpfen: Frauen müssen jung und attraktiv sein, Männer reif und kompetent. Abgesehen von wenigen Ausnahmen ist man bei Männern punkto Äusserem toleranter als bei Frauen.

Welches sind diese Ausnahmen?

Katja Stauber oder Daniela Lager, um zwei Beispiele zu nennen, sind nach wie vor sehr gefragt, obwohl sie über 50 sind. Diese beiden Moderatorinnen werden hauptsächlich von Unternehmen gebucht, die das Fachwissen schätzen. Diese Firmen sind weniger an einem jungen Gesicht für ihre Veranstaltung interessiert.

Ist Laeri also zu jung, um glaubwürdig zu sein?

Wenn jemand eine Moderatorin oder einen Moderator engagiert, dürfte eigentlich das Alter nicht relevant sein. Entscheiden sollten Fachkompetenz, Vorbereitung, journalistische Fähigkeiten und vor allem: Inwiefern der Moderator versteht, wovon er spricht – all das traue ich Patrizia Laeri zu.

Warum weist denn SRF im Vergleich mit ZDF und ARD ein tieferes Durchschnittsalter auf bei den News-Moderatoren?

Ich habe die Verantwortlichen bei SRF in Verdacht, auf die Einschaltquoten zu schielen. Es scheint, dass ein hübsches, nettes Aussehen als relevant beurteilt wird. Das ist auch bei potentiellen TV-Zuschauern der Fall.

SRF könnte Mut beweisen und eine Ü50-Frau als Nachfolgerin von Daniela Lager bestimmen.

Kompetenz und Erfahrung müssen bei der Wahl im Zentrum stehen. Dass die Optik wichtig ist, lässt sich kaum abstreiten. Sie darf aber bei einem öffentlich-rechtlichen Sender nur untergeordnete Bedeutung haben.

 

 

Esther Girsberger ist Inhaberin von speakers.ch, einer grossen Schweizer Referenten- und Moderatorinnenagentur, welche unter anderen SRF-Mitarbeitende vermittelt - darunter auch Patrizia Laeri. 

 

Zum Thema Alter und Attraktivität von News-Moderatoren äussert sich auch Patrick Rohr. Der Kommunikationsberater und frühere «Arena»-Moderator kritisiert, dass heutzutage niemand mehr am Bildschirm altern kann (vgl. persoenlich.com). (eh)



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Kommentare

  • Nico Herger, 03.08.2016 09:09 Uhr
    Warum nicht etwas Eigenwerbung machen, wenn man schon interviewt wird? Worin besteht das "Fachwissen" der Damen Stauber und Lager wohl? Dass sie seit Jahrzehnten Nachrichtensendungen moderieren? Studienabschluss? Auslandkorrespondentin?
Kommentarfunktion wurde geschlossen

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