18.04.2018

BaZ-Zeitungsdeal

Angst vor Profitgier und Politkalkül

Die Gewerkschaften sind besorgt, ebenso wie die SP oder andere Parteien in Zürich und Basel.
BaZ-Zeitungsdeal: Angst vor Profitgier und Politkalkül
Mit der «Basler Zeitung» im Portfolio verstärkt Tamedia die Vormachtstellung in der Tagespresse. (Bild: Keystone/Alexandra Wey)

Die Mediengewerkschaften sind nach dem Deal von Christoph Blocher mit Tamedia für die Übernahme der «Basler Zeitung» durch die Zürcher besorgt. Die Medien hätten unter der Profitgier des Grossverlags und unter dem Politkalkül des SVP-Übervaters zu leiden. Die Basler Kantonsregierung sorgt sich um die Arbeitsplätze.

Regierungsrat Christoph Brutschin, als Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt auch für Medien zuständig, war am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA nicht überrascht von der Übernahme.

Seine Sorge gelte nun den Arbeitsplätzen, wo er von der Tamedia ein sorgfältiges Vorgehen erwarte. Auch dürfe die lokale Berichterstattung nicht nur auf Politisches beschränkt sein, sondern habe auch künftig Wirtschaft und Kultur zu umfassen.

Zu bedauern sei, dass nationale Themen wohl nicht mehr aus Basler Sicht beleuchtet würden, wenn die Bundeshausredaktion der BaZ durch eine auf ein breiteres regionales Spektrum ausgerichtete abgelöst werde. Zeigen werde sich, ob nach der Übernahme in der BaZ wieder «ein breiteres Meinungsspektrum» Niederschlag findet.

Profit und Politik

Die Mediengewerkschaft Syndicom sieht den Verkauf der BaZ als Symptom des besorgniserregenden Zustands der Schweizer Medienlandschaft. Die Medienkonzentration sei getrieben von Profitgier und politischem Kalkül.

Tamedia einerseits verstärke die Vormachtstellung in der Tagespresse, obwohl der Verlag in der Deutschschweiz bereits 40 und in der Westschweiz 68 Prozent des Marktes innehabe. Gleichzeitig entziehe Tamedia mit Sparprogrammen, Renditedruck und übertriebenen Chefgehältern dem publizistischen Kerngeschäft die Mittel und verschärfe die Verarmung der Medienvielfalt.

«SVP-Milliardär Christoph Blocher» andererseits baue sein 2017 zusammengekauftes Gratisanzeiger-Imperium aus, kritisiert Syndicom weiter. Es sei nicht daran zu zweifeln, dass er das Imperium je nach Bedarf als Propaganda-Mittel für seine Kampagnen einsetzen werde.

Sein Kalkül dürfte mit den Gratisblättern besser aufgehen als mit der BaZ, deren Leserschaft sich nicht auf Blocher-Kurs trimmen liess und um die Hälfte einbrach.

Gratisanzeiger-Konzentration bei Blocher

Die Journalistenorganisation Impressum fordert von Tamedia, den Stellenetat in Basel beizubehalten und nicht eine reine Lokalredaktion zu installieren, wie es sonst der Konzernstrategie entspreche.

Die Übernahme weiterer Gratisanzeiger durch Blocher macht Impressum Sorgen. Der alt Bundesrat beherrsche damit einen Grossteil der Deutschschweizer Gratisanzeiger. Auch in der Westschweiz übernehme er die beiden grössten Lokalanzeiger.

Die Gefahr bestehe, dass er sie zu politischer Propaganda nutze. Seine demokratische Gesinnung könne der Milliardär beweisen, indem er allen seinen Gratisblättern die redaktionelle und politische Unabhängigkeit öffentlich garantiere.

«Ausgeblochert»

Die Juso Basel-Stadt reagierten mit den Worten «es hat sich ausgeblochert». Der SVP-Stratege habe die BaZ zugrunde gerichtet und werde den Klotz am Bein nun los. Dass er das Blatt verkaufe, zeuge davon, dass er nie Medienvielfalt sondern immer nur ein Sprachrohr gewollt habe.

Die Übernahme durch Tamedia bringe mit aller Wahrscheinlichkeit einen massiven Umbau. Die BaZ werde den nationalen Tamedia-Mantelteil übernehmen, Entlassungen seien die Folge. Hier sei ein guter Sozialplan nötig. Und überhaupt sei der Verkauf ein weiterer Schritt in eine von Tamedia und den AZ Medien dominierte Medienlandschaft.

Zürcher Grüne geben Kleber ab

Die Stadtzürcher Grünen sind entsetzt über die Übernahme des Amtsblatts «Tagblatt der Stadt Zürich» durch das «Blocher'sche Medienimperium». Damit setze die rechtsbürgerliche Presse ihren Fuss in die Stadt. Die Lokalinfo AG sei bereits in SVP-Hand. Die Medienvielfalt stehe ohnehin unter bürgerlichem Druck – «siehe SDA», heisst es im Communiqué.

Um sich gegen das nach Blochers Gusto gestaltete «Tagblatt» zu wehren, gibt das Parteisekretariat ab sofort Kleber für den Briefkasten ab. «Nein zur Blocher-Propaganda. Nein zum Tagblatt» soll die Zusteller am Einwurf hindern.

Der Stadtrat von Zürich hielt bereits am 21. März in der Antwort auf eine Anfrage aus dem Parlament fest, das «Tagblatt» sei vertraglich zu einer sachlichen sowie politisch und journalistisch ausgewogenen Berichterstattung verpflichtet. Auch «Tagblatt»-Chefin Lucia Eppman unterstrich diese Verpflichtung aus dem Amtsblatt-Vertrag gegenüber der «Aargauer Zeitung».

Die SP Schweiz monierte, Bundesrat und Wettbewerbskommission würden vor der Medienkonzentration die Augen verschliessen, die nicht zuletzt die Demokratie bedrohe. Jetzt seien Massnahmen nötig, es führe kein Weg mehr an einer direkten Journalismusförderung mehr vorbei. (sda/eh) 

 



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