25.09.2023

Studie

Berichten Schweizer Medien politisch ausgewogen?

Eine neue Studie zeigt, dass besonders die grossen Schweizer Medien vielfältig und politisch ausgewogen berichten. Vorlagen von Behörden erhalten mehr Zuspruch, Volksinitiativen dafür mehr Resonanz.
Studie: Berichten Schweizer Medien politisch ausgewogen?
Der neue Newsroom des Tages-Anzeigers in Zürich. (Bild: Keystone/Gaetan Bally)

Antworten auf die Frage, ob Schweizer Medien politisch ausgewogen berichten, liefert eine neue Studie des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft Fög der Uni Zürich zur politischen Positionierung journalistischer Medien bei Volksabstimmungen.

Die Untersuchung stütze sich auf manuelle Inhaltsanalysen der Berichterstattung über 44 Volksabstimmungen im Zeitraum zwischen 2018 und 2023, schreibt das Fög in einer Medienmitteilung. Analysiert wurden 23 Medientitel aus der Deutschschweiz und der Suisse romande.

Mitte-links-Vorlagen mit mehr Zuspruch

Gemäss den Ergebnissen der Studie berichten die untersuchten Medien eher positiv über Vorlagen von Regierung und Parlament, während Volksinitiativen tendenziell auf Ablehnung stossen. Dabei erhalten Vorlagen mit Unterstützung von Mitte-links, wie etwa die Initiative «Ehe für alle» oder die «Pflegeinitiative», im Durchschnitt mehr Zuspruch als Vorlagen von Mitte-rechts, wie das «Terrorismus-Gesetz» oder die «Begrenzungsinitiative». Dies zeige sich besonders in redaktionellen Kommentaren, so die Studie. Gleichzeitig entspreche die Tonalität der Berichterstattung eher den Abstimmungsresultaten der Stimmbevölkerung als den Parteistärken und Stimmverhältnissen im Nationalrat.

Im Vergleich zur Stimmbevölkerung gewichten Medien mehrheitskritische Stimmen stärker. Auch schenken die Medien den Volksinitiativen im Durchschnitt mehr Resonanz als Vorlagen von Behörden. Sie erfüllen damit ein Stück weit ihre Kritik- und Kontrollfunktion.

Diese Muster zeigen sich bei den meisten untersuchten Medien. Behördenvorlagen als Anliegen der politischen Mehrheit haben bei den meisten untersuchten Medientiteln eine leicht positive bis positive Tonalität, besonders bei suedostschweiz.ch. Nur in der SonntagsZeitung, der Wochenzeitung WOZ und vor allem der Weltwoche überwiegt die Kritik an Vorlagen von Regierung und Parlament.

Tendenziell ablehnend wird über Volksinitiativen berichtet, besonders bei nzz.ch, Schweiz am Wochenende und der Weltwoche. Mehr Zuspruch als Ablehnung gibt es nur bei der SonntagsZeitung, dem SonntagsBlick und der WOZ.

20 Minuten, SRF und RTS berichten neutral

Positioniert man die untersuchten Medien auf einer Links-Rechts-Achse, so zeigen sich Akzente nach links zum Beispiel bei Le Matin Dimanche, blick.ch und stärker beim SonntagsBlick. Ein leichter Akzent nach rechts besteht bei der NZZ am Sonntag und der Schweiz am Wochenende, weiter rechts positioniert sich nzz.ch. Klare Ausnahmefälle sind die politisch profilierten Medientitel WOZ auf der linken und die Weltwoche auf der rechten Seite. Politisch neutrale Positionierungen zeigen die reichweitenstarken Medien 20minuten.ch, 20minutes.ch, SRF und RTS.

In der Medienberichterstattung zu den Abstimmungsvorlagen komme ein breites Spektrum an Akteurinnen und Akteuren zu Wort, befindet die Fög-Studie. Die grösste Resonanz erhalten die verschiedenen Parteien (39 Prozent), entsprechend ihren Wähleranteilen: Von den sechs grössten Schweizer Parteien entfällt mit 26 Prozent der grösste Anteil auf die SVP und der geringste mit 7 Prozent auf die Grünliberale Partei. Auf die Exekutive entfällt 12 Prozent der Resonanz, auf NGOs oder einzelne Bürgerinnen und Bürger 14 Prozent. Etwas weniger präsent sind Wissenschaft (11 Prozent) und Wirtschaft (8 Prozent). Andere Akteurinnen und Akteure wie religiöse Organisationen oder Verbände erhalten 15 Prozent der Medienresonanz.

«Die Studie zeigt, dass sich die meisten Medien weder am linken noch am rechten Pol des politischen Spektrums positionieren, sondern relativ nahe am Durchschnitt. Dies gilt insbesondere für die reichweitenstarken öffentlichen Medien SRF und RTS und die Pendlermedien von 20 Minuten, die sich als unparteiliche Berichterstatter profilieren», sagt Linards Udris, Autor der Studie und stellvertretender Forschungsleiter am fög.

Allerdings stellt das Fög auch Defizite fest. So erhalten nicht alle Vorlagen die gleiche Resonanz. Die teilweise beachtlichen Unterschiede bedeuten, dass Stimmbürgerinnen und -bürger nicht über alle Vorlagen im gleichen Umfang informiert werden. (pd/nil)


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