Berner Redaktionen rücken zusammen

Tamedia - Die beiden Tageszeitungen Der Bund und Berner Zeitung müssen künftig enger zusammenarbeiten. Das will ihre Besitzerin, der Zürcher Tamedia-Verlag. Die Gewerkschaften sprechen vom Ende des sogenannten «Berner Modells».

Der Bund und die Berner Zeitung werden zukünftig organisatorisch enger zusammenarbeiten. Damit sollen «Synergien in der kantonalen und städtischen Berichterstattung» gefunden werden, teilten die Tamedia-Co-Geschäftsführer Marco Boselli und Andreas Schaffner am Donnerstag auf Anfrage von persoenlich.com mit. Das Projekt starte offiziell Anfang des zweiten Quartals 2021. «Es ist unsere Ambition, beide Titel zu erhalten und sie auch weiterhin unterschiedlich zu positionieren.» Demnach soll der Bund eher städtisch und die BZ eher ländlich ausgerichtet werden.

Der Hintergrund der Massnahmen sei struktureller Natur und aktuell für jeden Verlag eine grosse Herausforderung: «Der Werbeumsatz im Print erodiert kontinuierlich, genauso wie die Umsätze aus den Print-Abos. Der Verwaltungsrat der Tamedia hat das Projekt im August 2020 gutgeheissen – als Teilprojekt der anlässlich der Halbjahreszahlen kommunizierten Kostenreduktion von insgesamt 70 Millionen Franken bis Ende 2022», so Boselli und Schaffner.

Damals gab das Unternehmen TX Group, zu der Tamedia gehört, einen Verlust von 106 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2020 bekannt. Die TX Group kündigte auch an, mehrere Dutzend journalistische Stellen abzubauen (persoenlich.com berichtete).

Die Unternehmensleitung von Tamedia informierte das Berner Personal am Mittwoch. Auf eine Medienmitteilung werde verzichtet, hiess es auf Anfrage.

«Überraschende Ankündigung»

Das Online-Magazin Republik hatte am Donnerstag berichtet, Tamedia lege die Redaktionen von Bund und Berner Zeitung zusammen. Das sahen auch die Mediengewerkschaft Syndicom und der Journalisten-Berufsverband Impressum so, wie sie in einer Mitteilung schrieben.

Unter dem Titel «Das Ende des Berner Modells?» heisst es, bisher habe das sogenannte Berner Zeitungsmodell mit zwei Titeln aus derselben Stadt eine gewisse Meinungsvielfalt in der Region garantiert. Zwei sich konkurrenzierende Tageszeitungen hätten mit ihren Berichten für thematische Breite und Haltungen gesorgt. «Damit könnte nun Schluss sein.»

Markus Dütschler, Co-Präsident der gemeinsamen Personalkommission von Bund und Berner Zeitung, sprach auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA von einer überraschenden Ankündigung der Tamedia-Verantwortlichen und einem Schock für die Redaktorinnen und Redaktoren.

Man könne von einem Ende des Berner Modells sprechen in dem Sinn, dass bisher oft beide Zeitungen von ein und demselben Anlass berichtet hätten – dies zum Beispiel bei Theaterpremieren und von Parlamentsdebatten. Die Tamedia-Verlagsleitung habe anlässlich einer Personalinformation vom Mittwoch klar gesagt, dass es dafür künftig keine Kapazität mehr gebe.

Auf die Frage, ob die beiden Redaktionen zusammengelegt würden, hiess es bei Tamedia respektive der TX Group, dazu werde kein weiterer Kommentar abgegeben.

Protest bereits 2017

Anfang Oktober 2020 schrieb Verleger Pietro Supino, Tamedia wolle das «Berner Modell» mit zwei sich konkurrierenden Tageszeitungen weiterführen. Den Erhalt beider Zeitungen knüpfte Supino jedoch unter anderem an politische Bedingungen.

Bereits Sommer 2017 setzten die Redaktionen von Berner Zeitung und Bund ein Zeichen gegen mögliche Sparmassnahmen. Mit einem Risotto-Essen wehrten sie sich gegen einen drohenden «Einheitsbrei». (cbe/sda)