04.06.2025

Journalismus

Bild.de macht aus Izzy-Recherche ein totales Chrüsimüsi

Das Axel-Springer-Portal hatte die Rekonstruktion des Zürcher Casino-Betrugs übernommen, zentrale Punkte der Recherche von Izzy jedoch komplett falsch wiedergegeben. Nun hat Bild.de den Abschrieb gelöscht.
Journalismus: Bild.de macht aus Izzy-Recherche ein totales Chrüsimüsi
Journalist oder Croupier? Cedric Schild in der Izzy-Dokumentation über einen dreisten Trickbetrug im Zürcher Casino. (Bild: Screenshot blick.ch)

Eine solche Chance konnte sich Cédric Schild nicht entgehen lassen. Das Casino Zürich bot dem Journalisten, Schauspieler und Entertainer («Supercedi») Aufnahmen seiner Überwachungskameras an, die einen massiven Trickbetrug dokumentierten und fragte, ob er daraus einen Film machen wolle. Entstanden ist eine halbstündige Dokumentation, die das Izzy-Team um Schild realisiert hat und die seit dem 19. Mai auf Blick.ch zu sehen ist.

Noch gleichentags veröffentlichte Bild.de einen Artikel auf Grundlage des Izzy-Films. Doch offenbar hatte der Journalist weder den Film gesehen noch weitere dazu veröffentlichte Artikel von Blick gelesen, geschweige denn sich über die gut dokumentierte Vorgeschichte des Casino-Betrugs informiert. Herausgekommen ist ein vor Fehlern strotzender Zusammenschrieb; sozusagen nichts stimmte.

Cédric Schmid, der Casino-Security

Weder das im Film genau dokumentierte Vorgehen der Betrüger noch der Zeitpunkt des Verbrechens und auch die Rolle von Cédric Schild schaffte es der Bild-Journalist korrekt wiederzugeben. Aus Schild wird Cédric Schmid, der als Sicherheitsmitarbeiter des Casinos vorgestellt wird. Und frei erfunden hat Bild.de einen präparierten Kartenschlitten, der eine zentrale Rolle gespielt haben soll.

Irgendwann wurde man auch in Zürich auf dieses Elaborat aufmerksam. «Dem Izzy-Team sind im besagten Artikel einige Ungereimtheiten und Fehler aufgefallen, die sie dem Autor und der Bild-Redaktion entsprechend gemeldet haben», teilt Blick-Sprecher Daniel Riedel mit. Der Hinweis hatte Konsequenzen. Am 1. Juni löschte Bild.de den Artikel.

In einem «Transparenz-Hinweis» schreibt die Redaktion, es seien ihnen «schwerwiegende journalistische Fehler in einem Artikel über einen Betrugsfall in einem Casino in Zürich unterlaufen». Der Autor des betreffenden Artikels habe «klar gegen unsere journalistischen Standards und Arbeitsabläufe verstossen.» Der Fall habe interne Konsequenzen. Was das heisst, ist nicht zu erfahren. Der Autor, ein erfahrener Reporter, der seit 2008 für Bild arbeitet, schreibt weiterhin für Bild.de. Zuletzt über die Verschüttung von Blatten VS.

War KI im Spiel?

Die Frage von persoenlich.com, ob der nun depublizierte Artikel mit KI erstellt wurde und ob eine korrigierte Version erscheint, wollte die Medienstelle von Axel Springer nicht beantworten. Ebenso gab es keine Antwort auf die Frage, warum der «Transparenz-Hinweis» nicht unter der Adresse des gelöschten Artikels erscheint. Redaktionelle Prozesse und Entscheidungen würden nicht öffentlich kommentiert.

Während man bei Bild.de den Fehler bemerkte und handelte, steht ein Abschrieb des Abschriebs bei stern.de mit allen blind übernommenen Fehlern weiterhin online.


Kommentar wird gesendet...

KOMMENTARE