CEO Veit Dengler geht per sofort

NZZ-Gruppe - Er ist angetreten mit dem Ziel, als Branchenfremder die NZZ in die Zukunft zu führen. Nun geht der 48-Jährige bereits wieder, nach nicht ganz vier Jahren als Konzernchef. Ad interim wird Finanzchef Jörg Schnyder Vorsitzender der Unternehmensleitung. Die Suche nach einem Nachfolger läuft.

von Christian Beck

Eine grosse Mitarbeiter-Info für alle Mitarbeitenden der NZZ-Gruppe, übertragen per Videostream im Intranet: Verwaltungsratspräsident Etienne Jornod persönlich sprach am Mittwochnachmittag im Foyer an der Falkenstrasse Zürich über die künftige Strategie und überbrachte die Nachricht: CEO Veit Denger wird die NZZ verlassen – per sofort.

«Ich gehe jetzt – und Servus», sagte Dengler nach seiner zweiminütigen Verabschiedungsrede. Es folgte ein langer Applaus.

Unterschiedliche Auffassung über die Strategie

Der Verwaltungsrat habe 2013 gemeinsam mit Dengler und der Unternehmensleitung eine neue strategische Ausrichtung erarbeitet, steht in einer anschliessend verschickten Medienmitteilung. Alle seien sich einig, dass der strategische Fokus auf Publizistik weiterhin richtig sei. Verwaltungsrat und CEO sind laut Mitteilung aber unterschiedlicher Auffassung darüber, wie die Strategie in der nächsten Phase umzusetzen ist. Vor diesem Hintergrund sind sie zum Schluss gelangt, dass eine andere Person diese Aufgabe übernehmen soll.

«Veit Dengler hat das Unternehmen erfolgreich auf die digitale Welt ausgerichtet, Prozesse und Führungsstruktur modernisiert und die richtigen Talente an Bord geholt – die Unternehmensleitung und alle Bereiche sind stark aufgestellt. Gleichzeitig hat er die Regionalmedien unter eine einheitliche Leitung gestellt und die Druckaktivitäten verschlankt», wird Etienne Jornod, Verwaltungsratspräsident der NZZ-Mediengruppe, zitiert. Jornod meinte mit letzterem die Schliessung der Druckerei in Schlieren, 125 Arbeitsplätze waren betroffen (persoenlich.com berichtete). «Diese Massnahmen haben sich zunehmend positiv in den unternehmerischen Kennzahlen niedergeschlagen. Nun geht es darum, die angestossenen Innovationsprojekte zu realisieren und weiterzuentwickeln», wird Jornod weiter zitiert.

Der Verwaltungsrat hat die Suche nach der geeigneten Person für die nächste Phase der Strategieumsetzung eingeleitet. Interimistisch wird CFO Jörg Schnyder die Unternehmensleitung führen, wie es in der Mitteilung heisst. Der Verwaltungsrat schenke der verbleibenden Unternehmensleitung das Vertrauen, hiess es an der Mitarbeiter-Info. Schnyder wolle zusammen mit der Unternehmensleitung Kontinuität gewährleisten, wie er sagte.


Jörg Schnyder ist seit März 2009 Leiter Finanzen der NZZ-Mediengruppe und Mitglied der Unternehmensleitung.

Der neue CEO müsse die Strategie akzeptieren und bereit sein, diese umzusetzen, sagte Jornod an der anschliessenden Fragerunde vor den Mitarbeitern. «Er muss besessen sein von der Innovationskultur.» Es brauche eine Person, «welche die Journalisten gern hat». Journalisten würden bei der NZZ als Erfolgs- und nicht als Kostenfaktor betrachtet, so Jornod.

NZZ.at war umstritten

Der gebürtige Österreicher Dengler trat seine Aufgabe am 1. Oktober 2013 an (persoenlich.com berichtete). Zu den nach aussen bekanntesten und vielfach kritisierten Projekten gehörte NZZ.at, das Digitalprodukt der NZZ für Österreich. Dieses wurde im April, kurz vor der Generalversammlung, eingestellt. «Wir haben es ernsthaft versucht und hart dafür gearbeitet», verteidigte sich Dengler damals. Bei der Trennung von Dengler habe das Projekt NZZ.at keine Rolle gespielt, betonte Jornod vor den Mitarbeitern.

In die eher unruhigen vier Jahre mit Dengler als Konzernchef fiel auch der Abgang des bisherigen Chefredaktors Markus Spillmann. Unter Dengler wurden zudem die 14 NZZ-Regionaltitel von «St. Galler Tagblatt» und «Luzerner Zeitung» unter eine Führung gestellt.

Das letzte E-Mail von Dengler

«Ich habe ja ab und an ein E-Mail an euch alle geschrieben; heute bekommt ihr ein letztes Mal eines», schreibt Dengler an die «lieben Kolleginnen und Kollegen». Auch er skizziert nochmals kurz, weshalb es keinen Grund mehr gab, eine Trennung hinauszuzögern – im ähnlichen Wortlaut wie in der offiziellen Medienmitteilung. «Wie ihr hoffentlich bemerkt habt, war ich diese letzten vier Jahre nicht nur mit vollem Einsatz, sondern auch mit viel Herz euer CEO», heisst es im Mail, das persoenlich.com vorliegt. Er werde die vielen tollen Menschen, die er bei der NZZ-Gruppe kennenlernen durfte, vermissen.

Dengler wuchs in Österreich, Ungarn und Finnland auf. Der 48-Jährige verfügt über akademische Abschlüsse der Kennedy School of Government der Harvard-Universität und der Wirtschaftsuniversität Wien. In seiner Karriere hatte er nach Procter & Gamble verschiedene Führungspositionen bei McKinsey, T-Mobile und Dell inne. Während sieben Jahren war Dengler beim weltweit führenden Technologieanbieter Dell tätig, wo er den Geschäftsbetrieb in 32 Ländern in Ost- und Zentraleuropa verantwortete. 2012 arbeitete er als Senior Vice President des internationalen Geschäftsbereichs für Groupon.