Herr Saner, seit fünf Jahren sieht die Printausgabe von «20 Minuten» gleich aus. Was wird nun ab Dienstag anders sein?
Man darf keine radikalen Änderungen erwarten, es sind subtile Eingriffe die wir gemacht haben. Aber die Zeitung wird klarer und frischer wirken, weniger graue Flächen und weniger dekorative Elemente haben, die Schriften werden vereinheitlicht, wodurch die Zeitung noch besser lesbar wird und auch etwas wertiger daherkommt.
Wie meinen Sie das, die Zeitung wird wertiger daherkommen?
Das Blatt wirkt sauberer, Sie werden sehen. Ausserdem werden die Rubrikfarben geändert: Das «20 Minuten-Blau» wird zur vorherrschenden Farbe, rot wird für Inhalte rund um die Community verwendet. Auf der Frontseite wird neu auf die von den App-Lesern am besten und am kontroversesten bewertete Story verwiesen. Und wir haben die crossmedialen Verweise ganz überarbeitet. Durch all diese Massnahmen wird die Zeitung näher an den digitalen Auftritt heranrücken. Aber es wird immer noch die gleiche Zeitung sein, mit der gleichen Dichte an Inhalten. Auf mehr Weissraum haben wir ganz bewusst verzichtet.
Würde Weissraum nicht der Übersichtlichkeit dienen?
Wir denken die Dichte ist ganz wichtig für «20 Minuten», sie ist eines der herausragenden Merkmale. Die Leser wollen eine Zeitung die vollgepackt ist mit News und Geschichten, nicht mit Weissraum.
Speziell ist, dass sich das Printprodukt bei diesem Refresh an die Onlineversion angleicht und nicht umgekehrt. Was gilt es bei der Anpassung von Print an Online besonders zu beachten?
Ja, aber nicht an die bestehende Website, sondern an die aktuelle mobile App, für die Sanerstudio auch das visuelle Konzept entworfen hat. Wir sind ja eigentlich eine digitale Agentur, aber Angelina Zehnder und ich können auch einige Erfahrung in Editorial Design für den Print vorweisen. Natürlich kann man da nichts eins zu eins übernehmen. Das mehrspaltige Layout der Inhalte im Print auf einer begrenzten Fläche mit einem begrenzten Umfang, folgt ganz anderen Bedingungen, als der einspaltige unbegrenzte Feed, welchen wir auf den mobilen Geräten kennen. Wir mussten also nach Elementen suchen um eine Verbindung herzustellen. Visuelle Elemente, wie eben das Schriftbild oder die Farbigkeit und wie zum Beispiel die Querverweise.
Können Sie uns beschreiben, wie ein Refresh-Prozess einer so auflagenstarken Zeitung verläuft, woher die Ideen stammen?
Am Anfang stand eine Anfrage von «20 Minuten»-Chefredaktor Marco Boselli, ihm einige Ideen zu präsentieren. Er wollte wissen, was wir als Designer der Mobile App machen würden, um die Zeitung zu modernisieren und näher an die mobile App zu bringen. Diese Ideen wurden dann intern präsentiert und die meisten für gut befunden, so dass wir den Auftrag erhielten. In der nächsten Phase wurde dann mit den internen Leitern Layout, vor allem mit Mirco Oberli, zusammen gearbeitet. Natürlich folgten diverse weitere Präsentationen und Abnahmen, das Layout wird ja auch von den Tessinern und den Westschweizern angepasst. Aber insgesamt war es ein effektiver und unkomplizierter Prozess.
Print ist in der Krise. Was müsste aus der Design-Perspektive gemacht werden, um Zeitungen aktuell zu halten?
Das kann ich nicht so generell sagen. Es gibt kein allgemeingültiges Rezept. Die Entwicklung ist ja strukturell, durch die technologische Revolution und die totale Verfügbarkeit auf den Mobile Devices gegeben. Deshalb ist die Krise auch nicht als Graphic-Designproblem lösbar. Es gibt Zeitungen, die visuell verjüngt werden sollten, andere müssten hochwertiger daherkommen. Wichtig ist sicher auf die Stärken zu setzen, die der Print bietet.
Mit Print-Stärken meinen Sie was?
Damit meine ich zum Beispiel die Abgeschlossenheit einer Ausgabe oder die Übersicht in der Darstellung, die das Layout auf grossen Seiten ermöglicht. Darin ist der Print noch immer ungeschlagen. Interessant für mich ist das Printprodukt auch aus einer User Experience und Usability Perspektive.
Was sind die Trends?
Ein Trend, auch im Print ist sicher das Repackaging von Inhalten. Das macht zum Beispiel der holländische Titel «NRC Next» sehr erfolgreich. Zugeschnitten auf eine gut informierte, junge und urbane Leserschaft werden da relevante Inhalte, Hintergründe und Analysen unterhaltsam und frisch präsentiert. News haben keinen Platz, die haben die Leser längst anderswo konsumiert. Dabei wird bei den Inhalten eng mit der Mutterzeitung «NRC Handelsblad» zusammengearbeitet.
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