05.03.2020

Die Bunte

«Es gibt Rechtsanwälte, die sich auf Promis spezialisieren»

Die Bunte ist das wichtigste People-Magazin Europas. Zu schaffen macht dem Hochglanzmagazin aus dem Hause Burda die Zunahme an juristischen Auseinandersetzungen. Wir trafen Chefredaktor Robert Pölzer in Zürich zu einem Gespräch.
Die Bunte: «Es gibt Rechtsanwälte, die sich auf Promis spezialisieren»
Seit Juli 2016 ist Robert Pölzer Chefredaktor der Bunten. (Bild: zVg.)
von Matthias Ackeret

Herr Pölzer, Sie sind Chefredaktor der Bunten, des wichtigsten People-Magazins Europas. Was ist Ihr Geheimrezept, um diesen Standard zu halten?
Das Wichtigste ist, dass man seinen Leser ernst nimmt. Das machen nicht alle Publikationen in Deutschland. Viele hochdekorierte Journalistinnen und Journalisten schreiben nicht für ihr Publikum, sondern für ihre Kollegen. Sie sind auf der ständigen Suche nach dem Applaus ihrer Journalistenfreunde. Wenn die sagen: «Da hast du wirklich eine tolle Geschichte geschrieben», dann sind sie happy. Es ist ihnen aber egal, ob sich der Leser wirklich dafür interessiert oder nicht. Das ist das Erste, was man als Chefredaktor seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ins Gedächtnis tätowieren muss: Immer an den Leser denken. Der damalige Spiegel-Journalist Claas Relotius ist mit seinen Fälschungen so lange durchgekommen, weil er Figuren erfunden hatte, die No Names waren. Das können wir im People-Journalismus nicht. Die Biografien der Menschen, über die wir schreiben, kennt jeder. Deswegen können wir auch keine Geschichten erfinden.

Ist das wirklich so?
Man wirft uns gelegentlich vor, dass wir uns unsere Geschichten ausdenken würden. Das ist vollkommener Unsinn. Die Leute, die wir in der Bunten beschreiben, haben die Möglichkeit, sich zu wehren, und würden es auch tun, sobald etwas nicht stimmt.

Haben Sie viele juristische Auseinandersetzungen?
Ja. Wenn wir aber 100 Rechtsfälle haben, handelt es sich bei 97 um Unterlassungsforderungen von Prominenten, die sich in Persönlichkeitsrechten verletzt fühlen. Die juristische Auseinandersetzung betrifft bei uns in den wenigsten Fällen den Wahrheitsgehalt. Dass wir eine völlig unwahre Geschichte publizieren, ist bei der Bunten komplett ausgeschlossen. Sobald wir nicht zu 100 Prozent sicher sind, verzichten wir lieber auf die Publikation.

«Das ist in Deutschland mittlerweile zu einem Geschäftsfeld geworden»

Haben die juristischen Auseinandersetzungen in den letzten Jahren zugenommen?
Ja, das ist in Deutschland mittlerweile zu einem Geschäftsfeld geworden. Es gibt Rechtsanwälte, die sich ausschliesslich auf Prominente spezialisieren. Sie versprechen eine kostenlose rechtliche Unterstützung bei allfälligen juristischen Auseinandersetzungen. Sobald sie das Mandat haben, setzen sie ihre Hilfskräfte auf die Publikationen an, suchen vermeintliche Rechtsverletzungen und drohen den Verlagen mit Unterlassungsklagen.

Wie fest konkurriert heute das Internet mit dem People-Journalismus?
Ehrlich gesagt, sind wir Konkurrenz gewohnt. Bereits das Radio war schneller als jede Zeitschrift. Unser Alleinstellungsmerkmal war es aber, dass wir diese Storys gross und farbig publizieren konnten, daher der Name Bunte. Später kamen das Privatfernsehen und jetzt das Internet. Die Disruption ist in jedem Zyklus neu. Als Zeitschrift muss man sich diesen Herausforderungen stellen.

Aber nun gibt es auch die Konkurrenz durch Instagram und die anderen sozialen Medien.
Ja, das ist eine Konkurrenz und auch nicht. Der Journalismus lebte immer davon, dass er hinter die Pressemeldung schaut. Es kann nicht der Ehrgeiz unserer Branche sein, dass man solche Verlautbarungen widerspruchslos publiziert. Dies ist bei Instagram nicht anders. Die Prominenten wenden sich mit ihren Messages an ihre Follower, das liefert uns Stoff für neue Geschichten. Selbstverständlich recherchieren wir dann noch weiter, was sich hinter dem Post verbirgt. Wir berichten in unserem Blatt immer wieder über grosse und bekannte Influencer, um auch diesen gesellschaftlichen Aspekt abzudecken.

«Wir porträtieren auch Politiker und Wirtschaftslenker»

Welches sind die absoluten Bunte-Stars?
Da komme ich auf Ihre Eingangsfrage zurück: Je mehr unsere Leser das Leben eines Prominenten kennen und sich auch damit identifizieren können, desto besser. Als Prinzessin Diana 1997 starb, herrschte weltweite Trauer, weil jeder während vieler Jahre an ihrem Leben teilgenommen hatte. Das war wie der Tod eines nahen Bekannten oder Verwandten. Aber das allein macht die Bunte nicht aus, wir porträtieren auch Politiker und Wirtschaftslenker, die unser Magazin nutzen, um sich von ihrer privaten Seite zu zeigen. Unsere Leser sehen sofort, ob dies ihrem öffentlichen Auftritt und ihren Ansichten entspricht.

Michael Schumacher, einer Ihrer Stars, ist von der Aussenwelt völlig abgeschirmt. Können Sie über ihn noch Neues erfahren?
Ja, indem wir Kontakte zu Leuten haben, die Michael Schumacher gut kennen und auch verstehen.

Und erfährt der «Bunte»-Leser von Prinz Harry und Meghan, was noch nicht bekannt war?
Davon können Sie sich selbst jeden Donnerstag überzeugen.



Das ausführliche Interview mit Robert Pölzer erschien in der Januar/Februar-Ausgabe von persönlich.



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