Finn Canonica reagiert mit Brief an Freunde

#MediaToo - Der ehemalige Magazin-Chefredaktor wehrt sich mit persönlichen Zeilen gegen die Anschuldigungen von Anuschka Roshani. «Ich fühle mich maximal an den Pranger gestellt», heisst es im Schreiben, das persoenlich.com vorliegt.

von Christian Beck

Nach den Vorwürfen der ehemaligen Magazin-Journalistin Anuschka Roshani in einem Gastbeitrag im deutschen Magazin Spiegel hat sich auch der Hauptbeschuldigte zu Wort gemeldet. In einem auf den 5. Februar datierten Brief an «Freund:innen und Bekannte» geht der Ex-Magazin-Chefredaktor Finn Canonica vereinzelt im Detail auf die Vorwürfe ein und legt seine Sicht der Dinge dar. Der Brief liegt persoenlich.com im Originalwortlaut vor. Da dieser aber nicht für die Öffentlichkeit vorgesehen war, zitiert persoenlich.com aus einer von Canonicas Anwalt freigegebenen gekürzten Version.

«Nach dem Text von Anuschka Roshani und dem Medienrummel ist der Schaden für mich und meine Familie enorm, ich fühle mich maximal an den Pranger gestellt. Ich werde mit Hassmails überschüttet, mit Harvey Weinstein verglichen (!), einem verurteilten Mehrfachvergewaltiger», schreibt Finn Canonica. Seine Kinder würden sich kaum mehr auf die Strasse trauen.

Er sei Mitte August 2021 von Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser «in sein Büro zitiert» worden. Dort sei er von einer HR-Mitarbeiterin zu den Vorwürfen, die im Zusammenhang mit dem Protestbrief von Tamedia-Journalistinnen stehen würden, befragt worden. «Diese Befragung stürzte mich in eine Depression», so Canonica.

Brief an Verleger Pietro Supino

Nachdem bekannt geworden war, dass nach den internen Untersuchungen nun ein externes, spezialisiertes Büro beauftragt wurde, hätten «sämtliche meiner Redaktionskolleginnen und -kollegen, sowie die Praktikantinnen der letzten Jahre» einen Brief an Verleger Pietro Supino geschickt. «Sie schrieben, die Vorwürfe von Roshani seien absurd. Sie hätten nie eine Form von Mobbing von mir gegen Roshani oder andere erlebt. Ich sei ein super Chef.» Dieser Brief liegt persoenlich.com nicht vor.

Die externe Untersuchung hätte eine siebenstündige Befragung Canonicas zur Folge gehabt, heisst es weiter. «Ich nahm zu jedem Vorwurf Stellung. Mir wurden absurde Dinge vorgelesen, von denen Roshani behauptet habe, ich hätte sie gesagt. Es waren schlicht Lügen», so der 57-Jährige in seiner Replik.

Ein Teil der Befragung hätte auch das Hakenkreuz betroffen, welches Canonica auf Roshanis Manuskripte gezeichnet habe. «Aus heutiger Sicht würde ich das niemals mehr tun, es war ein Witz, den ich sehr bedaure», schrieb er im Brief. «Im Nachhinein werfe ich mir vor, dass ich nicht genügend dafür gesorgt habe, dass solche Witze überhaupt nicht mehr gemacht werden. Ich spreche aber von Ereignissen, die zum Teil fünfzehn Jahre her sind, kaum jemand war damals so sensibilisiert, wie man es heute ist.»

Canonica begrüsse es, dass Teile des Untersuchungsberichts mittlerweile veröffentlicht worden seien (persoenlich.com berichtete). So könne sich jeder selbst ein Bild machen, schrieb er an die Freunde und Bekannte.