Mehr als die Hälfte der Medienkonsumenten bezahlt nicht mehr für Zeitungen
und liest kaum einordnende Berichte über nationale oder lokale Politik. Zu diesen Schlüssen gelangt das «Jahrbuch Qualität der Medien». Die Jahrbuch-Verfasser schreiben von einem «tröstlichen Befund»: Zwar nutzen junge Erwachsene qualitativ hochwertige Medien weniger als ältere Menschen. Diese Gruppe wisse aber, auch wenn sie kaum Zeitungen nutze, dennoch «‹um die Bedeutung des professionellen Informationsjournalismus› für Gesellschaft und Demokratie».
Nur wenig Zeit für Nachrichten
Am Trend ändert dies natürlich nichts: Die sogenannten «News-Deprivierten» bilden inzwischen die grösste Nutzergruppe überhaupt – 31 Prozent des Schweizer Medienpublikums verwenden nur wenig Zeit, um sich über Nachrichten zu informieren. Und wenn sie es tun, greifen sie auf Gratisangebote oder Social-Media-Kanäle zurück.
Laut den Verfassern des «Jahrbuchs Qualität der Medien», das am Donnerstag in Bern vorgestellt wird, ist diese Gruppe damit «extrem unterversorgt mit News». Sie nehme vor allem Katastrophen, Krisen und Skandale wahr. Politische Themen, insbesondere die schweizerische Tagespolitik, verfolge sie nicht.
Der Anteil der «News-Deprivierten» lag 2009 noch bei 21 Prozent. Er hat innert sieben Jahren um beträchtliche 10 Prozentpunkte zugelegt. Wie diese «News-Deprivierten» schneiden auch die «Global Surfer», welche 21 Prozent des Medienpublikums ausmachen, in der Qualitätsbilanz relativ schlecht ab. Regionale und nationale Themen nimmt diese Gruppe nicht wahr.
«Diese gut ausgebildeten Berufstätigen, von denen viele einen Migrationshintergrund aus den westlichen Zentrumsnationen haben, nehmen so an den gesellschaftlichen Debatten der Schweiz nur wenig Anteil», heisst es dazu im «Jahrbuch Qualität der Medien».
11 Prozent «Intensivnutzer»
Auf der gegenüberliegenden Seite des Spektrums finden sich die «Intensivnutzer», welche auf mehrere Zeitungen und Onlineprodukte zurückgreifen: Diese Gruppe wird seit 2009 kleiner – sie macht noch 11 Prozent des Publikums aus. Diese Entwicklung führt zu einer «schwierigen Finanzierungslage des Informationsjournalismus'», halten die Jahrbuch-Verfasser fest. «Über die Hälfte der Schweizer Medienkonsumenten bezahlt bereits heute nichts mehr für Zeitungen.» Und im Online-Bereich liege die Zahlungsbereitschaft noch tiefer – lediglich zehn Prozent der Befragten haben im vergangene Jahr für digitale News bezahlt.
Im persoenlich.com-Interview äussert sich Stiftungsrat Oswald Sigg, Kurt Imhof Stiftung, über die wirtschaftliche Situation und deren Einfluss auf die Medienqualität. (sda/clm)