Leserservice verteidigt Chefredaktor

Neue Zürcher Zeitung - Nach der SRG-Schelte von Eric Gujer haben Leser NZZ-Abos abbestellt. Auffallend lang ist das Bestätigungsmail. Dabei kritisiert auch der Leserservice zwischen den Zeilen die SRG. Dieser sei eine «klare Haltung» per Definition verwehrt.

von Christian Beck

NZZ-Chefredaktor Eric Gujer schoss am Samstag in einem Leitartikel zu «No Billag» scharf gegen die SRG. Dass er das Wort «Staatsmedien» benutzte, sorgte für heftige Kritik (persoenlich.com berichtete). Schon in den sozialen Medien kündigten darauf einige Leser an, ihre Abos zu kündigen. Eine, die es getan hat, ist die Zürcherin Barbara Bosshard, die bis zu ihrer Pensionierung Mitte 2015 SRG-Mitarbeiterin war. «Diese einseitige Parteilichkeit, wie sie sich durch den gesamten Artikel zieht, hat sich leider in den vergangenen Monaten auch in ganz vielen NZZ-Beiträgen niedergeschlagen. Schade», schrieb sie am Sonntag der NZZ in einem Mail, welches persoenlich.com vorliegt. «Ich bitte Sie, mir die NZZ ab sofort nicht mehr zuzustellen. Den Restbetrag des bereits bezahlten Abonnements bitte ich Sie an ‹Nein zum Sendeschluss› zu überweisen», so Bosshard. Sie war nicht die Einzige.

Im Antwortmail des NZZ-Leserservices wird Eric Gujer in Schutz genommen (siehe Screenshot unten). Im Leitartikel plädiere Gujer «ja keineswegs für die Abschaffung der SRG», heisst es. Das Thema SRG löse grosse Emotionen aus: Bei den direkt oder indirekt Betroffenen und Abhängigen. «Doch darum geht es nicht. Es geht um die grundsätzliche Frage, ob sich die Gewichte immer weiter in Richtung der staatlich alimentierten Medien verschieben sollen», schreibt Mario Hast vom NZZ-Leserservice im Mail, das im gleichen Wortlaut mehrmals verschickt wurde.

Und dann wird Kritik an der SRG laut: «Als Leser der NZZ sind Sie sicher daran interessiert, dass auch in Zukunft Medienvielfalt herrscht. Eine NZZ oder andere private Medien können Ihnen etwas bieten, was der SRG mit ihrem Gebot der Ausgewogenheit per Definition verwehrt ist: eine klare Haltung und Positionen, die man nicht unbedingt immer teilen muss, mit denen sich auseinanderzusetzen aber lohnt», heisst es weiter. Später folgt dann auch noch eine Verlinkung auf das Interview, welches persoenlich.com mit Eric Gujer geführt hat.




Auf die Abokündigung wurde im Mail übrigens nicht eingegangen. «Erst nach meiner telefonischen Intervention, die Zeitung nicht bis Ende der Laufzeit Ende August 2018 zugestellt zu erhalten, wird nun der Restbetrag meinem Wunsch entsprechend an ‹Nein zum Sendeschluss› überwiesen», so Bosshard auf Anfrage.

Wie viele Abos gekündigt wurden, ist unbekannt. Fragen von persoenlich.com an die NZZ-Medienstelle blieben bislang unbeantwortet.