28.02.2023

Liechtensteiner Volksblatt

Liechtenstein verliert älteste Tageszeitung

Das seit 1878 erscheinende Liechtensteiner Volksblatt wird mangels wirtschaftlicher Perspektiven eingestellt. Der Entscheid pflügt die Medienlandschaft des Fürstentums um und hat Auswirkungen in der Politik.
Liechtensteiner Volksblatt: Liechtenstein verliert älteste Tageszeitung
Das Volksblatt ist am 16. August 1878 erstmals erschienen: Die älteste Tageszeitung vom Fürstentum Liechtenstein schliesst nach 145 Jahren. (Bild: zVg)

Die Einstellung der Zeitung und die Liquidation des Verlagshauses wurde am Dienstag von dessen Generalversammlung einstimmig beschlossen. Wie die Liechtensteiner Volksblatt AG mitteilte, folgte die Generalversammlung damit einem Vorschlag des Verwaltungsrates.

Die Zeitung dürfte wohl bereits in den ersten Märztagen von der Medienlandkarte Liechtensteins verschwinden, hiess es. Dreissig Mitarbeitende stehen ohne Anstellung da. Für sie sei unter Einbezug der Belegschaft «ein grosszügiger Sozialplan» erarbeitet worden.

Das Volksblatt kämpfte mit dem Abfluss von Werbegeldern an grosse Internetfirmen und mit stetig zurückgehenden Printabonnementen. In Liechtenstein mit seinen 39'000 Einwohnerinnen und Einwohnern kam erschwerend die Kleinheit des Marktes hinzu, den sich das Volksblatt mit dem Liechtensteiner Vaterland teilte.

Zuletzt lag die normale Auflage der Zeitung bei nur 3800 Exemplaren. Noch 2015 wurden 9000 Exemplare gedruckt.

Fortschrittliche Bürgerpartei verliert Sprachrohr

Das Liechtensteiner Volksblatt stand der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) nahe. Die staatstragende Partei verliert mit der Einstellung ihr mediales Sprachrohr.

Die FBP hatte zuletzt noch das Ende des Volksblatts mit einer parlamentarischen Initiative zu verhindern versucht. Sie forderte, die staatliche Medienförderung befristet für drei Jahre zu erhöhen. Als sich Anfang Februar das Ende der Zeitung klar abzuzeichnen begann, zog die Partei ihr Begehren zurück.

Vaterland beendet Parteinähe

Die zweite Tageszeitung im Fürstentum, das Liechtensteiner Vaterland, steht traditionell der anderen grossen Partei nahe, der Vaterländischen Union (VU). Doch damit ist laut Chefredaktor Patrik Schädler wegen des Aus der Konkurrentin nun Schluss. Das Näheverhältnis zur VU gehöre ab sofort der Vergangenheit an, schrieb er kürzlich in einem Leitartikel.

Das Redaktionsstatut des Vaterlandes wurde bereits angepasst. Die Redaktion weist darin jegliche Einflussnahme, auch die von Parteien und Eigentümern zurück. «Wir machen es uns zur zentralen Aufgabe, im Sinne des Journalistenkodex ausgewogen und unabhängig zu berichten», erklärte der Chefredaktor.

Damit geht eine über 100-jährigen Mediengeschichte Liechtensteins mit zwei parteinahen Tageszeitungen zu Ende. Das beschäftigt auch die Politik.

Der Landtag, das Landesparlament, wird schon am Mittwoch die veränderte Medienlandschaft diskutieren. Es geht um eine allfällige Anpassung der staatlichen Medienförderung. Besprochen werden auch Erwartungen, welche die Abgeordneten an die Medien im Land künftig haben. Entschieden wird vorerst aber noch nichts. (sda/cbe)



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Kommentare

  • Claude Buerki, 28.02.2023 13:22 Uhr
    Wieder macht ein Printmedium den Schirm zu.
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