05.10.2021

Medienförderung

NZZ schiesst gegen TX Group

Die Tonalität vor der Abstimmung über das Medienförderungsgesetz wird immer schärfer. Der neue NZZ-Feuilletonchef Benedict Neff kritisiert die Grossverlage in einem Kommentar scharf – allen voran die TX Group.
Medienförderung: NZZ schiesst gegen TX Group
Die NZZ und der Tages-Anzeiger auf einem Pult an der Sommersession 2021 in Bern. (Bild: Keystone/Alessandro della Valle)

Die Tonalität vor der Abstimmung über das Mediengesetz, die im nächsten Frühjahr vorgesehen ist, wird immer rauer. In der aktuellen Ausgabe der NZZ attackiert der neue Feuilletonchef Benedict Neff das geplante Gesetzespaket. Im Gegensatz zum NZZ-Verlag nimmt damit einmal mehr ein Mitglied der Redaktion gegen die Vorlage Stellung.

Unter dem Titel «Die verlorene Glaubwürdigkeit der Grossverleger» zielt er direkt auf die Schweizer Grossverlage, die von der Vorlage durch die indirekte Presseförderung stark profitieren würden: «Bei den Familien Coninx (TX Group), Ringier (Blick) und Wanner (CH-Media) handelt es sich um reiche bis schwerreiche Familien, die über Jahrzehnte vorzüglich am Mediengeschäft verdient haben und immer noch gut verdienen. So machte die TX Group unter dem Verwaltungsratspräsidenten Pietro Supino 2020 zwar Verluste, verbuchte aber immer noch einen operativen Gewinn vor Abschreibungen von 130 Millionen Franken. Vor Kurzem gaben die TX Group und Ringier bekannt, dass sie ihre nach wie vor einträglichen Online-Marktplätze (vor allem Job- und Immobilienportale) zusammenlegen. Der Börsenkurs der TX Group schnellte nach oben.»

Neff kritisiert auch Ringier-CEO Marc Walder, der am SwissMediaForum die Argumente des Referendumskomitees als «primitiven Populismus» kritisierte (persoenlich.com berichtete). «Mit Stilkritik reagiert oft, wer nicht in der Lage ist, die Argumente des Gegners auseinanderzunehmen. Wo Supino recht hat: Indirekte Medienförderung gibt es in der Schweiz schon lange, rund 170 Jahre», so der NZZ-Feuilleton-Chef. 

Harscher Angriff auf TX Group

Unter dem Zwischentitel «Der Fall TX Group» stellt Neff – und dies ist ein Novum in der NZZ-Berichterstattung – sogar die publizistische Kompetenz des Verlagshauses auf der anderen Limmatseite in Frage: «Wer glaubt, dieses Zeitungskonglomerat habe sich in den letzten Jahren um den Journalismus besonders verdient gemacht, irrt. Obwohl sich der Verlag ein eigenes Korrespondentennetz gut leisten könnte und dies der Förderung von Schweizer Journalisten zweifellos dienen würde, stammt der Ausland-Teil bis auf wenige Artikel aus der Süddeutschen Zeitung. Trotz der Grösse des Unternehmens wurde der Anspruch, eine eigene Zeitung zu kreieren, begraben.»

Den Artikel, der zweifelsohne innerhalb des Verbandes Schweizer Medien zu reden geben wird, beschliesst Neff mit dem Absatz: «Supino und Republik» vereint: «Die klassenkämpferische Attitüde der Republik-Journalisten ruht in diesem speziellen Fall aber: Gemeinsam mit Supino freut man sich auf die künftigen Millionen. Gratis-Online-Medien, wie sie etwa Christoph Blocher herausgibt, würden von der Medienabgabe hingegen nicht profitieren. Im Falle der Republik ist der Steuerzahler aufgerufen, einem erlahmten linken Startup-Unternehmen wieder ein bisschen Leben einzuhauchen. Im Falle der TX Group darf der Steuerzahler helfen, die Dividenden eines anspruchsvollen Aktionariats zu zahlen.»

Die Retourkutsche aus dem Haus TX Group an die NZZ wird sicher nicht lange auf sich warten lassen. (ma)



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Kommentare

  • Peter Eberhard, 06.10.2021 09:54 Uhr
    Das Unternehmen NZZ unterstützt das Medienförderungspaket, die Redaktion lehnt es ab. In welchem anderen Verlagshaus ist das möglich? Und wer an die Befristung dieser Subvention glaubt, glaubt wohl auch noch ans Christkind (siehe z.B. seinerzeitigen IV-Zuschlag zur Merhwertsteuer, Wehrsteuer/direkte Bundessteuer u.v.a.).
  • erich Heini, 05.10.2021 12:08 Uhr
    Retourkutsche ? Da darf man auf die Argumentation gespannt. Bisher hörte man von der sehr zu Recht kritisierten Seite nur Behauptungen. Benedict Neff kontert stringent, konkret. Die 'alte Tante' ist quicklebendig. Bei ihr liegt die Meinungshoheit weiterhin bei den Journalisten. Bei den andern Grossverlagen ist dies nicht der Fall. Jedenfalls nicht beim vorliegenden Thema.
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