25.11.2021

Journalismustag.21

So arbeiten Medien und Wissenschaft in der Krise

Die Pandemie führt zu Grenzerfahrungen und Herausforderungen. Schwierig sei, die nötige Distanz zu wahren, so die Journalistinnen Katrin Zöfel (SRF) und Fee Anabelle Riebeling (20 Minuten) auf einem Panel. Wissenschaftler Martin Ackermann kritisierte das Zuspitzen durch die Medien.
Journalismustag.21: So arbeiten Medien und Wissenschaft in der Krise
Moderator Franz Fischlin mit den Wissenschaftsjournalistinnen Katrin Zöfel (SRF) und Fee Anabelle Riebeling (20 Minuten) sowie dem ehemaligen Taskforce-Präsidenten Martin Ackermann. (Bild: Screenshot)
von Michèle Widmer

Eine Note für die eigene Arbeit wollten sich die drei Teilnehmerinnen am Panel über die Arbeit von Medien und Wissenschaft in der Pandemie nur ungern geben. «Gut», antwortete Fee Anabelle Riebeling, Wissenschaftsjournalistin bei 20 Minuten. «Nach Anlaufschwierigkeiten immer besser», so der ehemalige Präsident der Taskforce vom BAG, Martin Ackermann. Nur die SRF-Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel nannte auf Nachhaken von Moderator Franz Fischlin die Zahlen 2 oder 3 – was in der Schweiz den Noten 4 oder 5, also genügend bis gut – entspricht.

«Faktenvermittlung als Grenzerfahrung» lautete der Titel der Diskussion, die der «Tagesschau»-Moderator am für einmal digital durchgeführten Journalismustag vom Donnerstag leitete. 

Als Herausforderungen empfanden die beiden Journalistinnen die Tatsache, von der Pandemie als Privatperson betroffen zu sein und gleichzeitig mit der nötigen Distanz darüber zu berichten. «Wenn einem etwas in diesem Ausmass selbst betrifft, ist es mit der Objektivität schwierig», sagte Zöfel. Darum sei für sie die Arbeit im Team sehr wichtig gewesen. «Wir können lange nicht alles abdecken», fügte sie an. Deshalb sei es gut gewesen, auch einmal Nein zu sagen. «Ich wollte lieber etwas so machen, dass ich auch dahinterstehen kann.»

Wie kam diese journalistische Arbeit beim Wissenschaftler an, der teilweise an Pressekonferenzen direkter Absender war? Ackermann übte Kritik in zwei Punkten. «Das Interesse der Journalisten, die Gräben zwischen Wissenschaft und Politik aufzuspüren, hat uns die Arbeit erschwert», sagte er. Der Fokus in der Berichterstattung habe stark auf der Spaltung gelegen – das sei zwar legitim, aber im Gegenzug seien die Bereiche, in denen man sich einig war, untergegangen. Als zweites kritisierte Ackermann das «Zuspitzen» der Medien. Vereinfachte Schlagzeilen hätten teils zu gefährlichen Situationen geführt. Als Beispiel nannte er eine Morddrohung gegen eine Kollegin, die bis zu einer polizeilichen Intervention eskalierte.

Auf die von Ackermann zuvor angesprochenen Gräben, die Journalistinen suchen, sagte Zöfel: «Wichtig ist zu erkennen, dass Polit- und Wissenschaftsjournalismus anders funktionieren.» Während es ihre Aufgabe sei, den einen richtigen Forscher zum Thema zu finden und ihm Raum für Erklärungen zu lassen, müsse der Polit-Journalist nach Gräben suchen und jene finden, die widersprechen. «Wenn man dies auf die Wissenschaft adaptiert, führt das zu Verwirrung und Desinformation.»

Nun brachte Fischlin das Thema Hass im Netz ein. Er habe sehr viele Zuschriften erhalten, sagte Ackermann und ergänzte: «Das hat mich immer getroffen und mir Kräfte geraubt.» Aber dass diese Kritik komme, verwundere ihn nicht. Die Situation sei zum Teil existenzbedrohend gewesen, das rufe starke Emotionen hervor.

Sie erhalte gehässige Kritik meist schriftlich per Mail, aber auch über die sozialen Medien, sagt Riebeling von 20 Minuten. Auf Social Media sei sie nicht mit richtigem Namen präsent. Sie werde bei SRF gut abgeschirmt von solchen Feedbacks, so Zöfel. Sie habe häufig Alarmismus-Vorwürfe gehört. Als es dann einmal hiess, sie sei eine Verharmloserin, habe sie gedacht: «Vielleicht mache ich meinen Job doch nicht so schlecht.»

Zum Schluss fragte Fischlin in die Runde, welche Lehren die drei gezogen hätten. «Bei der nächsten Krise werde ich keine so grosse Rolle mehr spielen. Aber für die Betroffenen ist es sicher hilfreich, wenn sie sich früh bewusst werden, welchen Einfluss sie haben und was das bedeutet», sagte Ackermann. Riebeling – aus der journalistischen Perspektive – sagte: «Wir dürfen nicht der Schnelligkeit Genauigkeit opfern. Man sollte sich einmal mehr zurücknehmen und genau überlegen, wie man etwas formuliert – und zwar bei jedem Wort.»



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