28.04.2019

Grips & Chips

Wenn Fake News die Demokratie gefährden

Bei einer Veranstaltung der Agentur Farner haben Politiker und Journalisten über Fake News diskutiert. CVP-Präsident Gerhard Pfister sieht darin kein Problem für den Wahlkampf. Laut NZZ-Redaktor Rainer Stadler gehen aber die Massenmedien mit Fakten fahrlässig um.
Grips & Chips: Wenn Fake News die Demokratie gefährden
Am Podium bei der Agentur Farner diskutierten (v. l.) Gerhard Pfister, Adrienne Fichter, Rainer Stadler und Balthasar Glättli. (Bilder: Olivier Walther)
von Loris Gregorio

Wo spielen Fakten eine Rolle und wo nicht? «Als Politiker beschäftige ich mich mit den Gefühlen der Leute und lasse Sie mit den Theoretikern», antwortete der US-Politiker Newt Gingrich einer CNN-Journalistin, als sie ihn mit der gesunkenen Kriminalitätsrate konfrontierte. Das Interview wurde zu Beginn des «Grips&Chips»-Podiums am Donnerstag gezeigt. Das Diskussionsthema: Fake News in der Schweiz und ihre Folgen für die Demokratie.

Farner-Partner Michel Grunder leitete den Event ein mit den Idealen im Campaigning: «Man darf an der Tonalität von Kampagnen schrauben und diese emotionalisieren, sollte aber bei den Fakten bleiben.» Am Podium diskutierten die Politiker Gerhard Pfister, CVP-Präsident, und Balthasar Glättli, Grünen-Fraktionspräsident, sowie die Journalisten Rainer Stadler («NZZ») und Adrienne Fichter («Republik»).

Unterschiedliches Framing

Werden Fake News im Wahlkampf überhaupt relevant sein? «Nein», meint Gerhard Pfister, «aber das Wort selbst wird eine Rolle spielen». Es könnte aber soweit kommen, meint Balthasar Glättli: «Die grösste Partei der Schweiz ist nah dran den Begriff Klimawandel in Frage zu stellen.»


Und wie geht die «Republik» mit Fake-News-Vorwürfen um? Der «Schweizer Journalist» beschuldigte das Online-Magazin in 13 Punkten, falsche Fakten geliefert zu haben. «Das waren kleine Unschärfen und teilweise Übersetzungsfehler», wehrte sich die Redaktorin Adrienne Fichter, «in unserem Fall war es keine Frage der Faktenuntreue, sondern des Framings». Einige Journalisten hätten sich daran gestört, dass die «Republik» Geschichten anders aufgegriffen hat.

Auch Pfister betonte: «Wenn man alles als Fake News bezeichnet, was einem nicht passt, wird es absurd.» Das Ziel in der Politik sei aber, gewählt zu werden. «Ich würde nicht sagen, dass die CVP mit Lügen mehr gewinnen würde, es ist aber eine Versuchung», so Pfister.


Die Runde diskutierte verschiedene aktuelle Beispiele von Fake News. Darunter das Bild vom Bahnhof Stadelhofen, der mit Müll übersät ist. In den Sozialen Medien wurde behauptet, das Foto sei nach einer Klimademonstration entstanden. Die Agentur Rod Kommunikation stellte aber sogleich klar, dass das Sujet nach einer Street Parade aufgenommen worden und Teil einer Anti-Littering-Kampagne der SBB aus dem Jahr 2016 sei (siehe oben). Für Pfister ist dies eine typische Falschmeldung. Glättli stimmte ihm zu: «Memes und Fotos haben in den Sozialen Medien grosses Potenzial. Sie haben ein einfaches Argument, um zu überzeugen.»

Faktenüberprüfung leidet

Laut NZZ-Redaktor Stadler hält sich das Problem in diesem Fall in Grenzen: «Das Publikum von Fake News auf Twitter sind nur die, die mit der jeweiligen Person verbunden sind. Teilweise sind es die Journalisten selbst, die die Bedeutung solcher Kanäle überzeichnen. Ich denke, Massenmedien haben einen grösseren Einfluss, stelle aber fest, dass mit Fakten fahrlässig umgegangen wird.» Stadler verlangt höhere Anforderungen an Organisationen, die von sich behaupten, Wahrheiten zu verbreiten.

Zu Journalisten, die in ihrer Freizeit auf Sozialen Netzwerken nicht überprüfte Fakten verbreiten, weist Fichter zudem auf den Presserat hin. Die Richtlinie dazu gilt für «private Tätigkeiten, die sich mit der Informationstätigkeit überschneiden könnten.» Der Presserat prüfe laut einer Publikation zudem erneut seine Zuständigkeiten auf Sozialen Medien und Informationsseiten im Internet.



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Kommentare

  • Beat Fux, 15.05.2019 12:05 Uhr
    Adrienne Fichter sagt «in unserem Fall war es keine Frage der Faktenuntreue, sondern des Framings». Naja, wenn man die Recherche von Beni Frenkel in Schweizer Journalisten nachliest, dann ging es wohl der Anja Conzett mehr darum, ihre Vorurteile (über dumpfe Trup-Wähler) zu bestätigen. Dass sie dem Pfarrer nachweislich Unwahrheiten unterstellt und ihm den Text nicht - wie versprochen - zum Gegenlesen gibt, ist skandalös. Die Geschichte bestätigt meinen Entschluss, mein Engagement bei der Republik zu beenden. Und Frau Fichter ist zu empfehlen, nicht blindlings ihre Kollegin zu verteidigen.
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