Wenn sogar der Fälscher gefälscht wird

Spiegel-Betrugsfall - Im SRF-Talk «Schawinski» hat Ex-Journalist Tom Kummer einen gefakten Text in der «Weltwoche» entlarvt. Die Fake News sei eine «korrekt rubrifizierte Persiflage» gewesen, so Chefredaktor Roger Köppel. «Ungeschickt», sagt Medienprofessor Vinzenz Wyss dazu.

von Christian Beck

Tom Kummer, der bekannt wurde, weil er Berichte und Interviews fälschte, ist am Montag Roger Schawinski Red und Antwort gestanden. Thema der Sendung: Der Fall Relotius. Der Talk begann mit einem Knaller. Als Schawinski seinen Gast auf dessen offenen Brief an den «Spiegel»-Journalisten in der «Weltwoche» ansprach, entgegnete Kummer: «Das habe ich nicht geschrieben!». «Der Talkmaster war völlig überrascht – und mit ihm die zusätzlich auch noch verunsicherten Zuschauer», fasste TV-Kritiker René Hildbrand die Szene zusammen.

Auf Nachfrage von SRF bestätigte «Weltwoche»-Verleger und Chefredaktor Roger Köppel, der offene Brief sei zwar mit «Tom Kummer» unterschrieben, aber nicht von diesem verfasst worden. Geschrieben hat die Kolumne «Weltwoche»-Redaktor Michael Bahnerth. «Die Spalte ist eine mit ‹Fake News› korrekt rubrifizierte Persiflage zu einem Fall von journalistischen Fälschungen», sagt Köppel gegenüber persoenlich.com. Reicht die Spitzmarke «Fake News» in einem Fall, in dem es tatsächlich um Fake News geht? «Die ‹Weltwoche› ist ein unkonventionelles Blatt, und die ironische Persiflage gehört seit Jahrzehnten zu unserem Repertoire», so Köppel weiter.

Anderer Meinung ist ZHAW-Medienprofessor Vinzenz Wyss. Er verweist auf die Regeln des Presserates. Dieser betone, dass Satire als Absicht dem anvisierten Publikum erkennbar sein solle. «Das Ausflaggen mit der Spitzmarke ‹Fake News› halte ich für ungeschickt, weil heute viele Artikel damit überschrieben sind und nicht erwartet werden kann, dass die Leserschaft das ironische Augenzwinkern als solches erkennt», so Wyss auf Anfrage.

Wie aber hätte Wyss das gelöst? «Das Ziel der Kolumne hätte bei einer eindeutigen Deklaration wie ‹Achtung Satire!› oder ‹Wie würde wohl Tom Kummer reagieren?› auch erreicht werden können. Die Idee der Persiflage ist ja durchaus witzig.» Wenn die Leserschaft genügend deutlich auf Satire eingestimmt sei, dürfe auch mal ein «erfundener» Autorenname verwendet werden. «Bei mangelnder Kennzeichnung gibt es eben nur Ärger und Wasser auf die Mühlen der ‹Lügenpresse›-Rufer», so Wyss weiter.