16.06.2022

Journalismus

Wie Medien in den Nachwuchs investieren

Wer in den Journalismus einsteigen will, hat in der Schweiz verschiedene Möglichkeiten. Rund 40 Volontariate laufen aktuell bei CH Media, Tamedia, 20 Minuten, Ringier und NZZ. Schlechter bezahlte Praktika sind mehr als doppelt so viele besetzt. Ein Vergleich der Konditionen für den Nachwuchs.
Journalismus: Wie Medien in den Nachwuchs investieren
An Praktikumsstellen mangelt es bei den Medienhäusern nicht. Anders ist es mit Volontariaten. (Bild: Keystone: Christian Beutler)
von Maya Janik

Auf der Redaktion Erfahrung sammeln und eine journalistische Grundausbildung absolvieren: Bringt man diese Voraussetzungen nicht mit, ist es meist schwierig, im Journalismus Fuss zu fassen. Die Entwicklungen der letzten Jahre machen dem Nachwuchs den Einstieg aber nicht gerade einfach. Das Schweizer Radio und Fernsehen hat letztes Jahr den internen journalistischen Lehrgang auf Eis gelegt, Tamedia übernimmt schon seit einigen Jahren nicht mehr alle Kosten für die Ausbildung ihrer Volontäre an der Schweizer Journalistenschule MAZ. Wie sieht es mit den Angeboten für den Nachwuchs bei den einzelnen Medienhäusern im Detail aus? Was auffällt: Es gibt weit mehr Praktikastellen als besser bezahlte Volontariatsstellen mit Ausbildungsmöglichkeiten.

CH Media

Bei CH Media gibt es verschiedene Möglichkeiten für Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger. Aktuell sind insgesamt 25 Volontäre und Stagiaires sowie 35 Praktikanten bei den Zeitungen des Medienhauses beschäftigt. Bei dem Lohn und der Dauer unterscheiden sie sich deutlich: Praktikanten arbeiten bei den verschiedenen Zeitungen zwischen drei und zwölf Monaten und werden mit 1000 bis 2000 Franken entlohnt. Für ein einjähriges Volontariat und einen zweijährigen Stage gibt es je nach Art und Fortschritt der Ausbildung zwischen 2500 und 4800 Franken.

Neben der Praxis auf der Redaktion können Stagiaires die zweijährige Diplomausbildung am MAZ in Luzern absolvieren. Das Medienhaus übernimmt dafür die Hälfte der Kosten. Bei einer Festanstellung nach Ende des Stage besteht die Chance auf eine volle Rückerstattung der Kosten. Im März 2022 haben sechs Volontäre oder Stagiaires von CH Media die MAZ-Diplomausbildung abgeschlossen.

Wer seine journalistische Zukunft im Video oder Audio sieht, kann seit März 2021 eine interne Ausbildung an der CH Media Academy absolvieren. Während 21 Monaten erlernen Nachwuchstalente das journalistische Handwerk in den Bereichen TV, Radio und Online. Aktuell sind es 15 Personen, im kommenden September werden Talente für den nächsten Lehrgang rekrutiert. «Mit einer eigenen Ausbildung investieren wir einerseits in den Journalismus von morgen und beugen anderseits einem Nachwuchsproblem vor», so CH Media auf Anfrage. Zeitungen seien darauf angewiesen, Journalistinnen und Journalisten selbst auszubilden. Oft gebe es in den Regionen keine anderen Medien, die überhaupt Ausbildungsplätze anbieten würden. CH Media habe deshalb seit der Gründung vor drei Jahren stark in die Ausbildung von Journalistinnen und Journalisten investiert und die Ausbildungsplätze ausgebaut, heisst es weiter.

NZZ

Bei der NZZ gibt es die Möglichkeit eines zwölfmonatigen Volontariats, das jeweils im September beginnt. Aktuell sind es acht Volontärinnen und Volontäre, im kommenden Jahrgang werden es neun sein, so NZZ-Kommunikationschefin Karin Heim. Damit liegt die NZZ im Vergleich zu anderen Zeitungen über dem Durchschnitt: Bei CH Media und Tamedia sind die jeweils etwa zwanzig Volontäre und Stagiaires auf die verschiedenen Zeitungen verteilt, die zu den Medienhäusern gehören.

Die NZZ verzichte bewusst auf kurz angelegte Stages oder Praktika, so Heim. Während der zwölf Monate wolle man herausfinden, ob die Kandidatinnen und Kandidaten zur NZZ passen und umgekehrt. «Wir rekrutieren aus dem Pool der Volontäre regelmässig festangestellte Redaktorinnen und Redaktoren», sagt sie.

Nach einer intensiven Kurzphase arbeiten die Volontäre bei der NZZ in zwei Ressorts. Zur Auswahl stehen die Ressorts Ausland, Inland, Feuilleton, Zürich, Sport, Wirtschaft sowie Digitalprodukte/Online. Der Monatslohn liegt bei 3000 Franken. Neben der täglichen Praxis auf der Redaktion werden sie intern ausgebildet.

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Tamedia

Bei Tamedia sind aktuell 17 Praktikantinnen und Praktikanten sowie fünf Volontärinnen und Volontäre beschäftigt. Je nach Redaktion dauern die Praktika zwei bis sechs Monate; die Volontariate dauern in der Regel zwei Jahre und sind mit dem Besuch an der Journalistenschule MAZ verbunden. Tamedia beteiligt sich an den Kosten für die Ausbildung, jedoch variiert der Betrag je nach Redaktion, so die Medienstelle auf Anfrage. Inwieweit sich welche Tamedia-Zeitung an den Ausbildungskosten beteiligt, dazu wollte Tamedia keine Auskunft geben. Wenig konkret ist auch die Auskunft zum Lohn der Volontäre. Nur so viel: Der Lohn von Volontären ist höher als jener der Praktikanten und ist je nach Redaktion unterschiedlich. Ein Praktikant bekommt je nach Qualifikation und Erfahrung zwischen 1200 und 2165 Franken monatlich.

20 Minuten

20 Minuten, das wie Tamedia zur TX Group gehört, beschäftigt aktuell 20 Praktikantinnen und Praktikanten schweizweit sowie drei Volontärinnen und Volontäre in der Westschweiz. Die Praktika dauern in der Regel ein halbes Jahr. In den ersten drei Monaten erhalten die Praktikanten einen Monatslohn von 1625 Franken, in den folgenden drei Monaten sind es 2167 Franken. Wird das Praktikum verlängert, gibt es einen Zuschuss von 333 Franken. Wie bei anderen Medien gilt auch bei 20 Minuten: Praktikanten werden in ihrer journalistischen Ausbildung finanziell nicht unterstützt, falls sie eine solche besuchen.

Ringier

Bei Ringier/Blick gibt es aktuell 21 Praktikanten, bei den Zeitungen von Ringier Axel Springer (RASCH) sind es insgesamt fünf. Die Anzahl der Bewerbungen für Praktika ist rückläufig, so Ringier-Kommunikationsleiterin Johanna Walser. Im August kommen bei Ringier und RASCH jeweils vierzehn Volontäre dazu, wenn der nächste Lehrgang an der Ringier Journalistenschule «Jouschu» startet. Praktikanten beim Blick erhalten 2000 Franken monatlich. Bei den RASCH-Zeitungen sind es zwischen 2000 und 3500 Franken je nach Studienabschluss. Für das Volontariat gibt es etwas weniger Monatslohn – 1625 Franken im 1. Jahr und 3250 im 2. Jahr – dafür übernimmt das Unternehmen die Kosten für die Ausbildung an der «Jouschu».

SRF

Beim Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) können Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger aktuell keine Ausbildung absolvieren, nachdem der letzte journalistische Stage im März 2021 beendet wurde. Immerhin: «Alle zwölf Absolventinnen und Absolventen haben einen Anstellungsvertrag. Elf sind als Redaktorinnen und Redaktoren tätig – hauptsächlich im Bereich Information. Eine Person entwickelt Services im Bereich der künstlichen Intelligenz», so Gerhard Bayard, Leiter HR & Change bei SRF, auf Anfrage. Der nächste Stage startet im Jahr 2025, der zehn bis zwölf Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger zu «crossmedialen Medienprofis» ausbilden soll.

Zur Verschiebung ins Jahr 2025 sagt Bayard: «Damit schaffen wir uns Zeit, die Entwicklungen des Transformationsprojektes SRF 2024 für die nächsten Stage-Lehrgänge zu antizipieren. Das heisst, wir können dann die Ausbildung entsprechend den zum Teil neuen Berufsbildern anpassen, die durch die Transformation entstehen.»

Bei den drei- bis sechsmonatigen Praktika gibt es keine Änderungen. SRF gebe 150 Abgängerinnen und Abgängern von Hochschulen jedes Jahr die Möglichkeit, für 2000 Franken im Monat im Unternehmen mitzuarbeiten.

Keystone-SDA

Nicht so bei der Nachrichtenagentur Keystone-SDA: Hier gibt es weder Praktika noch Volontariate oder Stages. Das war aber nicht immer so. Noch bis vor fünf Jahren konnten Berufseinsteiger im Rahmen eines Stages von Profis das Nachrichtenschreiben lernen und nebenbei die Diplomausbildung am MAZ absolvieren. «Das hat sich mit der Fusion zwischen SDA und Keystone im Jahr 2018 geändert», so Nicole Meier, Chefredaktorin der Nachrichtenagentur, auf Anfrage. Einen Lichtblick für die Zukunft gibt es dennoch: «Wir arbeiten derzeit an einem Projekt, um junge Berufsleute in ihrer Ausbildung im Journalismus wieder zu unterstützen. Vorstellbar wäre etwa eine Beteiligung an den Ausbildungskosten am MAZ beziehungsweise am CFJM. Spruchreif ist aber noch nichts», sagt Nicole Meier schliesslich.



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