Michael Wanner, CH Media will im nächsten Jahr 150 Stellen abbauen. Wie schlimm steht es um CH Media?
Die Werbeumsätze sind branchenweit in den letzten Monaten erheblich zurückgegangen. Die Tatsache, dass es nicht nur unser Medienhaus trifft, ist ein schwacher Trost. Im ersten Halbjahr mussten wir bei CH Media bereits einen Verlust von 6,9 Millionen Franken verzeichnen. Der schwache Geschäftsgang hat sich leider akzentuiert, insbesondere wegen fehlender Werbeeinnahmen im traditionell umsatzstärksten dritten Trimester. Es wäre fahrlässig, jetzt nicht zu reagieren.
Warum erfolgt die Einsparung zu Lasten des Personals?
Ein Personalabbau ist für mich Ultima Ratio und ich bedaure diesen Schritt ausserordentlich. Die Ergebniskrise, die sich in den letzten Monaten akzentuiert hat, lässt uns leider keine andere Wahl. Als Familienunternehmen geht es uns nicht um den kurzfristigen Gewinn. Es geht uns darum, dass wir in zehn Jahren noch ein funktionierendes Unternehmen haben. Und die finanzielle Performance ist entscheidend, um weiter in die Zukunft investieren zu können.
«Wir möchten für alle Beteiligten schnell Klarheit schaffen»
In welchen Bereichen wird besonders gespart?
Der Stellenabbau betrifft sämtliche Bereiche der Deutschschweiz, wo knapp 2000 CH-Media-Mitarbeitende beschäftigt sind. Wir werden in den nächsten Wochen die Massnahmen sorgfältig prüfen. Aktuell gehen wir davon aus, dass im ersten Quartal 2024 eine Reduktion von rund 150 Vollzeitstellen erforderlich sein wird, davon circa 90 durch Kündigungen. Diese sollen sozialverträglich erfolgen und stehen unter dem Vorbehalt der Ergebnisse des Konsultationsverfahrens.
Warum erfolgt der Abbau so schnell und einschneidend?
Mit dem Stellenabbau in dieser Höhe reagieren wir auf die wirtschaftlichen Umstände. Er ist für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit von CH Media notwendig. Ausserdem möchten wir einem Abbau auf Raten zuvorkommen und auch für alle Beteiligten schnell Klarheit schaffen.
Ist CH Media zu stark gewachsen?
Die getätigten Investitionen, etwa in die 3+-Gruppe, in die Radiostationen oder Watson, haben unser Portfolio ideal ergänzt und werden uns mit weiteren organischen Wachstumsinitiativen helfen, unsere Umsätze in Zukunft zu stabilisieren. Wir sparen uns nicht blind in die Zukunft. Die Strategie mit dem Ausbau im Entertainment und der digitalen Transformation im Publishing stimmt.
Gretchenfrage: Ist mit Journalismus überhaupt noch Geld zu verdienen?
Ja, definitiv. Es wird auch in Zukunft eine Nachfrage für regionalen Journalismus in hoher Qualität geben. Ob dieser in 20 Jahren noch auf Papier gedruckt wird, ist eine andere Frage.
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09.11.2023 08:50 Uhr
08.11.2023 14:47 Uhr