15.02.2022

Medienpaket

«Wir lassen uns nicht entmutigen»

Nach dem Nein zum Medienförderungsgesetz meldet sich Susanne Lebrument, die öffentlich dafür geworben hat, zu Wort: Die Verwaltungsrätin von Somedia erklärt, was das Resultat für ihr Unternehmen bedeutet, und wagt eine Prognose zur Zukunft der Lokalpresse.
Medienpaket: «Wir lassen uns nicht entmutigen»
«Der mediale Konzentrationsprozess wird weitergehen», sagt Susanne Lebrument, Delegierte des Verwaltungsrates von Somedia, zum Volksnein gegen das Medienförderungsgesetz. (Bild: Somedia Press)
von Maya Janik

Frau Lebrument, Somedia wird also keine zusätzlichen Fördergelder vom Bund bekommen. Stehen Ihnen schwierige Zeiten bevor?
Wir haben ein Medienangebot allein im Kanton Graubünden von 29 Medienprodukten. Die Hälfte davon gehört zum Hause Somedia. Wenn wir die Medienlandschaft während der vergangenen Jahre betrachten, dann sehen wir eine zunehmende Konzentration der Medienlandschaft und damit eine abnehmende Medienvielfalt. Ich befürchte, dass der Kanton in fünf Jahren an Medientiteln ärmer sein wird. Der Konzentrationsprozess wird weitergehen. 

Am SwissMediaForum vom letzten Jahr sagten Sie, mit dem jährlichen Zeitungsabopreis von rund 500 Franken könnten Sie die Druck- und Zustellkosten nicht decken. Bekommen Ihre Abonnenten bald keine Zeitung mehr nach Hause zugestellt?
Das gilt natürlich nicht für die ganze Region, aber für verschiedene entlegenere Gemeinden in Graubünden. Wir müssen hier sicherlich über die Bücher und alle möglichen Lösungen prüfen. Es ist daher verfrüht, etwas zu sagen.

«Noch nie haben so viele Menschen unsere Medien genutzt»

Graubünden hat die Vorlage abgelehnt – knapp, aber doch. Was ist schiefgelaufen?
Es gibt viele Regionen wie die Stadt Chur, das Engadin, Südbünden und die Surselva, die alle für das Medienpaket gestimmt haben. Nicht zu vergessen: die vielen Menschen, Teile der bürgerlichen Parteien, die Regierung, die Handelskammer, Kulturschaffende, Sportler, Vereine und so weiter. Bei denen möchte ich mich herzlich bedanken. Sie alle haben sich für uns eingesetzt.

Warum ist es der «Südostschweiz» nicht gelungen, die Menschen in der Region vom Medienpaket zu überzeugen?
Die Gegner hatten mit zwei Schlagworten argumentiert: Grossverlage und Staatsmedien. Ich glaube nicht, dass das etwas mit der «Südostschweiz» zu tun hatte. Wir wissen aber, dass noch nie so viele Menschen wie heute unsere Medien genutzt haben. Nämlich neun von zehn Menschen in unserer Region. Und das ist eine tolle Sache.

Die Gegner der staatlichen Medienförderung argumentieren auch: Wer innovativ ist, kommt auch ohne Bundesgelder aus. Fehlt es Somedia an innovativen Ideen?
Während der letzten Jahre sind 70 Zeitungstitel verschwunden. All diesen Verlegern und Verlegerinnen fehlende Innovation vorzuwerfen, finde ich zu kurz gegriffen und schwierig. Mit Peter Weigelt und der Wiler Zeitung sowie Bruno Hug und den Obersee Nachrichten haben wir ja beispielsweise zwei Unternehmer, die nicht mehr an die Lokalpresse glauben und die Titel an die sogenannten «Grossen» oder an mittelgrosse Verlage verkauft haben. Der Vorwurf kommt genau von Leuten, die sich ihre Medien von anonymen Investoren finanzieren lassen und bis heute kein wirklich tragfähiges Geschäftsmodell entwickelt haben, das ohne Spenden auskommt. Ich bin der Meinung, dass es Unternehmer mit Herzblut gibt, also Verlegerinnen und Verleger, die mit Engagement bei der Sache sind, die sich nicht entmutigen lassen. Wir bei Somedia haben solche Verlegerinnen und Verleger an Bord – dazu zähle ich auch den CEO der Somedia, Thomas Kundert, der sich mittlerweile an Somedia beteiligt hat.

«Ich befürchte, dass weitere kleine Verlage aufgeben werden»

Vor der Abstimmung haben Verleger immer wieder beklagt, sie würden ihre Zeitungen nicht mehr herausgeben können, wenn das Medienpaket nicht angenommen wird. Droht jetzt eine Verkaufswelle der Kleinen?
Wenn ich mit den vielen kleinen Verlagen spreche, dann sehe ich, dass sich diese mit hohen Investitionen in die Digitalisierung schwertun. Um ihre Frage zu beantworten: Ja, ich befürchte, dass weitere kleine Verlage aufgeben werden, wenn sie keine Hilfe bekommen.

Kann das Volksnein für Verlage auch eine Chance sein, Dinge anders, besser zu machen?
Natürlich werden wir jetzt nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern werden versuchen, neue Ideen zu entwickeln. Aber ein Patentrezept für Medienunternehmen gibt es nicht. Ich beobachte, dass viele Verlegerinnen und Verleger mit viel Herzblut bei der Sache sind. Denn in einem Medienunternehmen zu arbeiten, hat viel mit Herzblut zu tun und hat schlussendlich eine gesellschaftspolitische Komponente.



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Kommentare

  • Maja Ziegler, 16.02.2022 07:24 Uhr
    Somedia hat sich beim Bau ihres Medientempels in Chur übernommen. Dank Staatshilfe konnte das Unternehmen mit der grossen Kelle anrichten und auch im Radio/TV Geschäft mitmischen. Der Werbeeinbruch und zahlreiche Abo-Kündigungen haben der Familie nun stark zugesetzt. Sie sollte Demut zeigen, statt mit Schuldzuweisungen um sich schlagen. Die Zeit des Patrons Hanspeter Lebrument ist vorbei, sein Nachwuchs nur noch ein Schatten dieser einst so kämpferischen und schillernden Persönlichkeit.
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