von Loric Lehmann
«Serkan Abrecht, Störenfried, wird stummgeschaltet», heisst der erste Satz in einer kleinen zwanzigzeiligen Meldung der Weltwoche von letztem Donnerstag. Darin behauptet der Weltwoche-Redaktor Florian Schwab zu wissen, dass der genannte Journalist der Basler Zeitung wegen eines kürzlich erschienenen Kommentars entlassen worden sei.
In dem besagten Meinungsbeitrag in der BaZ kritisierte Abrecht die deutsche Regierung, die für die Schweiz bestimmte Atemschutzmasken blockiert hatte. Die Schweiz solle «sich überlegen, ob man mit der EU weitere Verträge eingehen soll». Und: «Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr», schrieb Abrecht in der Basler Zeitung.
Druck aus Zürich
Schwab schreibt daraufhin in der Weltwoche, man wisse «aus Quellen beim Tamedia-Verlag», dass die Zürcher Chefetage nach der Publikation des Kommentars Druck auf den neuen BaZ-Chefredaktor Marcel Rohr ausgeübt hätte, Abrecht die Kündigung auszusprechen.
Auf Twitter führte der Artikel zu regen Diskussionen. Tagi-Journalistin Michèle Binswanger gab sich empört über die Entlassung Abrechts, löschte aber später ihren Tweet. CVP-Präsident Gerhard Pfister verlangte über den Kurznachrichtendienst eine Stellungnahme von Tamedia-Chefredaktor Arthur Rutishauser.
Erwarte mit Interesse die Stellungnahme von @rutishau @Tamedia dazu. @FlorianSchwab https://t.co/TFTCVnuMi8
— Gerhard Pfister (@gerhardpfister) March 27, 2020
«Quatsch» der Weltwoche
Dieser wollte aber nichts von einem «Druck» aus Zürich wissen und twitterte, man solle nicht «jeden Quatsch» glauben, der in der Weltwoche stehe. Weiter wollte Rutishauser sich nicht öffentlich auf Twitter äussern und verwies auf das Arbeitsrecht.
Na ja, ich würde nicht jeden Quatsch glauben, der in der Weltwoche steht. Das ist ein Entscheid von BAZ-Chefredaktor Marcel Rohr, Druck aus Zürich gab es keinen. Ansonsten kein Kommentar, es gilt das Arbeitsrecht. Mit Politik hat das nichts zu tun.
— Arthur Rutishauser (@rutishau) March 27, 2020
persoenlich.com verlangte eine offizielle Stellungnahme von Tamedia. Eine Sprecherin zitierte Chefredaktor Rohr wie folgt: «Die Aussage in der Weltwoche ist falsch. Es gab keinen Druck aus Zürich, Serkan Abrecht zu entlassen. Das war mein Entscheid. Ich bitte um Verständnis, dass ich die Gründe auch aus Respekt gegenüber ihm nicht öffentlich darlegen möchte.»
Kommentare
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Sam Loew, 28.03.2020 14:58 Uhr
Offensichtlich ist Arthur Ruthishauser nicht darüber informiert, was beim Tamedia-Verlag gesprochen wird. Die Punkt ist nicht, ob es Druck gab, sondern dass viele Leute bei Tamedia sagen, es hätte Druck gegeben. Und genau das schreibt die Weltwoche. Und das stimmt auch. AR antwortet also auf eine Frage, die nie gestellt wurde und weicht damit der eigentlichen Frage aus. -
Eliane Hochstrasser, 28.03.2020 08:35 Uhr
Es war nicht ungeschickt von der Zürcher Zentrale, einen Fussballreporter zum BaZ-Chef zu ernennen.