06.12.2024

MFF

Zwei Schweizer Medien bei der Premiere gefördert

Reflekt und Tsüri erhalten je 300'000, respektive 400'000 Euro an finanzieller Unterstützung vom Media Forward Fund. Sie erhalten das Geld, um jüngeres Publikum zu erreichen und für die Berichterstattung über die Wohnkrise in Zürich. Für die erste Förderrunde hatten sich 136 Projekte aus dem deutschsprachigen Raum beworben.
MFF: Zwei Schweizer Medien bei der Premiere gefördert
Sie sind die Glücklichen: Christian Zeier und Simon Jacoby erhalten für ihre Medienprojekte Reflekt, respektive Tsüri Förderung und Unterstützung vom Media Forward Fund. (Bilder: zVg/Probst Paul Alexander)

Im vergangenen Sommer ist der Media Forward Fund (MFF) gestartet, mit dem Ziel, gemeinwohlorientierten Journalismus und damit die Demokratie in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu stärken (persoenlich.com berichtete). Weniger als ein halbes Jahr später hat die neue Förderstruktur erstmals Geldbeträge zur Unterstützung von Medienprojekten gesprochen. Eineinhalb Millionen Euro konnte der MFF in der ersten Runde vergeben. Das Geld stammt massgeblich von Stiftungen, die den Fund auch gegründet hatten. Aus der Schweiz partizipieren die Stiftung für Medienvielfalt, die Stiftung Mercator Schweiz und die Volkart Stiftung. Aktuell ist der MFF mit neun Millionen Euro dotiert.

Zwei aus der Schweiz, zwei aus Österreich

Wie der MFF am Donnerstag mitteilte, erhalten vier Medien – zwei aus Österreich und zwei aus der Schweiz – je zwischen 300’000 und 400’000 Euro Unterstützung. Sie erhalten die Beträge, damit sie ihre Vertriebskanäle optimieren und so mehr Nutzerinnen und Nutzer gewinnen können. Über die Vergabe hat eine fünfköpfige Jury entschieden. Aus 136 Eingaben blieben nach einem mehrstufigen Verfahren am Schluss zehn Finalisten übrig.

Das unabhängige Recherche-Team Reflekt mit Sitz in Bern erhält 300’000 Euro, um zukünftig vermehrt auch ein jüngeres Publikum zu erreichen. Das soll mittels Videos auf Social Media geschehen, wo ein prominenter Host die Ergebnisse der Reflekt-Recherchen kanal- und zielgruppengerecht präsentiert. Wie das aussieht, demonstrierte Reflekt im vergangenen Sommer bei «Kein Freund und Helfer». Die bekannte Moderatorin Gülsha Adilji komprimierte die umfassende Recherche zum Verhalten der Schweizer Polizei bei Anzeigen wegen diskriminierender Äusserungen im Internet auf sieben Minuten Bewegtbild. Mehr als 200’000 Mal hat jemand den Clip auf Instagram gesehen.

«Die Förderung gibt uns die Möglichkeit, ein erfolgreiches Pilotprojekt auszubauen und unsere Publikations-Kanäle zu stärken», erklärt Christian Zeier, Mitgründer und redaktioneller Leiter von Reflekt. Mit solchen Videos will das Recherche-Team noch mehr Menschen direkt über Social Media erreichen und ihnen die investigative Leistung auf unterhaltsame Art vermitteln. «Langfristig hilft uns das, Mitglieder zu gewinnen, die unabhängigen Qualitätsjournalismus unterstützen», so Zeier weiter. Die Jury wiederum zeigte sich in einem Statement zur Wahl von Reflekt «beeindruckt von der Kombination aus investigativer Arbeit mit hoher Relevanz und der originellen Übersetzung von Recherchen in Social Videos». Reflekt strebt eine Verdoppelung der zahlenden Mitglieder an, dank der höheren Reichweite und mittels eines Crowdfundings.

Beim zweiten Schweizer Medium, das MFF-Unterstützung erhält, handelt es sich um Tsüri. Das Zürcher Onlinemagazin hatte sich beworben mit einem Projekt für den Ausbau seiner Berichterstattung über die Wohnkrise in der Stadt. Die 400’000 Euro fliessen in Workshops und Prototypen, um herauszufinden, «wie ein hyperlokales Nischenthema den Vertriebskanal zur Mitgliedschaft vergrössern kann», schreibt der MFF. Ohne diese Unterstützung hätte Tsüri dieses Projekt nicht lanciert. «Jetzt haben wir die Möglichkeit, noch mehr auf dieses Thema zu schauen und dazu mit einem eigenen Format eine Community drumherum aufzubauen», erklärt Simon Jacoby, Gründer und Chefredaktor von Tsüri, auf Anfrage von persoenlich.com. Konkret will das Magazin zum Thema Wohnen und Wohnungskrise in der Stadt Zürich einen Newsletter herausgeben, der auch dazu dienen soll, zahlende Mitglieder zu werben. Die MFF-Jury sieht darin ein «spannendes Experiment, das bisher nur wenige gewagt haben».

Bei den beiden österreichischen Medien, die ebenfalls MFF-Förderung erhalten, handelt es sich um das Medienhaus Andererseits und das Investigativmedium Dossier. In der Redaktion von Andererseits arbeiten Menschen mit und ohne Behinderungen. Mit einem Relaunch der Newsletter und zusätzlichen Social-Media-Formaten strebt Andererseits mithilfe der 400’000 Euro vom MFF eine Verdreifachung seiner Abonnentinnen und Abonnenten an. Dossier wiederum will seine Rechercheergebnisse auf die Bühne bringen, um so ein breiteres Publikum zu erreichen. Wie und dass das gehen könnte, zeigte Dossier mit der Inszenierung von «Aufstieg und Fall des Herrn René Benko» am Wiener Volkstheater.


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