18.08.2015

Ringier/SRG/Swisscom

Werbeallianz mit politischem Zündstoff

CVP-Nationalrat Martin Candinas und SVP-Nationalrätin Natalie Rickli äussern sich zum Werbe-Joint-Venture.
Ringier/SRG/Swisscom: Werbeallianz mit politischem Zündstoff

Swisscom, die SRG und Ringier verkaufen ihre Werbeplätze künftig gemeinsam. Nach dem Paukenschlag vom Montag rückt nun die Debatte um Marktverzerrungen in den Fokus - handelt es sich bei Swisscom und SRG doch um zwei staatsnahe Unternehmen. Was sagt die Politik zu diesem Joint Venture? SVP-Nationalrätin Natalie Rickli spricht von einer "gefährlichen Wettbewerbsverzerrung", während CVP-Nationalrat Martin Candinas in der Kooperation "nur Chancen" sieht. 

PRO

Grundsätzlich steht Martin Candinas dem Joint Venture von Swisscom, SRG und Ringier "sehr positiv" gegenüber. "Jetzt schon gehen bekanntlich rund 50 Prozent der TV-Werbegelder an ausländische Player und im Onlinebereich sind es sogar schon über 50 Prozent. Wenn sich in diesem globalisierten Werbemarkt die inländischen Kräfte bündeln, haben am Schluss alle Schweizer Player mehr davon", sagt der CVP-Nationalrat auf Anfrage von persoenlich.com.

Herr Candinas, Swisscom und die SRG sind ja bereits in mehreren Feldern gemeinsam aktiv, so etwa ist die Swisscom-Tochter Billag zuständig für die Erhebung der SRG-Gebühren. Die weitere Verbandelung der beiden öffentlich finanzierten Unternehmen ist doch problematisch.
Nein. Die Billag ist momentan zwar zuständig für die Gebühren-Erhebung, doch erstens wird dieser Auftrag 2016 neu ausgeschrieben und zweitens mischt sich die Billag ja nicht in öffentliche Debatten ein, sondern treibt ausschliesslich Gebühren ein.

Und was ist mit denjenigen, die sich nicht beteiligen? Besteht nicht die Gefahr, dass aufgrund der Marktmacht des Verbundes SRG/Swisscom/Ringier etwa Goldbach, NZZ oder Tamedia unter Druck geraten?
Das glaube ich nicht. Denn so wie ich das verstanden habe, ist das Joint Venture offen. Vielleicht beteiligen sich ja auch andere und versuchen gemeinsam, den globalen Akteuren die Stirn zu bieten.

Wenn sich so starke Partner verbünden, könnte das aus inländischer Sicht gesehen zu einer Wettbewerbsverzerrung führen?
Nein. Mit dem Joint Venture hat die Schweiz einen Player, der hierzulande mit den globalen Riesen mithalten kann. Warum soll die Schweiz im Inland Erbsen zählen – nach dem Motto "Wenn wir nicht können, dann sollen es auch die anderen nicht tun" – statt sich gemeinsam zu behaupten? Ich sehe eigentlich nur Chancen in diesem Projekt.


CONTRA

Diametral anders sieht dies Natalie Rickli. Die SVP-Nationalrätin und Präsidentin der Aktion Medienfreiheit steht der gemeinsamen Werbevermarktung "sehr kritisch" gegenüber. Gegenüber persoenlich.com betont sie, bei ihren Aussagen handle es sich um ihre Meinung als Politikerin und nicht um die Haltung der Werbevermarkterin Goldbach, für welche Rickli als "Partner Relation Manager" tätig ist.

"Wenn Ringier als privatwirtschaftliches Unternehmen solche Kooperationen eingeht, ist für mich überhaupt kein Problem. Doch wenn sich mit der SRG und Swisscom zwei mehrheitlich staatlich finanzierte bzw. dominierte Unternehmen zusammentun, kommt es zu einer gefährlichen Wettbewerbsverzerrung", sagt sie. Bevor es den beiden Unternehmen erlaubt ist, in Felder einzudringen, in denen auch Private tätig sind, müsse auf politischer Ebene deren Rolle geklärt werden.

Frau Rickli, was genau meinen Sie mit dem "Klären der Rollen"?
Das Parlament wird den "Service public"-Auftrag und die Rolle der SRG unter der Berücksichtigung der Stellung, Funktion und des Angebots privater Rundfunkanbieter diskutieren. Aber auch die Rolle der Swisscom muss thematisiert werden, die Stichworte hier sind: Netzneutralität und Signalintegralität, Fernmeldegesetzrevision. Die Swisscom hat bereits heute eine grosse Marktmacht. Die privaten Sender sind darauf angewiesen, dass sie über Swisscom TV verbreitet werden. Kürzlich wurde kommuniziert, dass die SRG-HbbTV-Angebote von Swisscom kostenlos verbreitet werden. Die privaten Sender wurden nicht an Bord geholt. Mit einer gemeinsamen Werbevermarktungsorganisation besteht die Gefahr, dass für Private der Marktzugang – auch in der Internetverbreitung - weiter erschwert wird. Diese Probleme müssen zuerst behoben werden.

Auch beim Bund wollen Sie mehr Transparenz.
Ja, es muss auch die Rolle des Bundes geklärt werden. Dieser ist nicht nur Mehrheitsaktionär der Swisscom, sondern auch Regulator im Medien- und Telekombereich und bezieht zudem die IT-Dienstleistungen zum grössten Teil von Swisscom. Durch eine solche Vermarktungsorganisation wäre der Bund an einer Vermarktungsfirma beteiligt, die rein private Anbieter direkt konkurrenziert.

Sie stören sich auch daran, dass die Swisscom, die über ihre Tochter Billag für die SRG die Gebühren erhebt, nun durch das Joint Venture noch stärker mit der Swisscom verbandelt wird. Doch dies ist ja nur ein vorübergehendes Mandat. 
Dies gehört zur Problematik des Bundes und ihren staatlichen Betrieben, wie ich es gerade eben erklärt habe. Auf Druck des Parlaments findet zwar das nächste Mal erstmals eine öffentliche Ausschreibung statt. Dass aber eine andere Firma vom Bakom den Zuschlag erhält, ist unwahrscheinlich. Unser Antrag, auf die Billag zu verzichten, wurde ja leider im Parlament abgelehnt.

Und was ist mit denjenigen, die sich nicht beteiligen? Besteht die Gefahr, dass aufgrund der Marktmacht von SRG/Swisscom/Ringier etwa Goldbach, NZZ oder Tamedia unter Druck geraten?
Wettbewerb ist immer gut! Ich bin ja ganz generell der Überzeugung, dass wir mehr Innovationen statt Subventionen brauchen im Medienbereich. Bei diesem Verbund handelt es sich aber nicht um private Anbieter, sondern um mehrheitlich staatlich finanzierte Betriebe. Das ist Wettbewerbsverzerrung und nicht Wettbewerb.

Wenn sich drei starke Partner verbünden und eine gemeinsame schweizerische Plattform bauen, um der internationalen Konkurrent wie Google, Facebook oder Netflix die Stirn zu bieten, ist das doch positiv für alle Schweizer Player.
Letztlich geht es in einem freien Markt darum, Geld zu verdienen. Dass hier Innovation gefragt ist und sich Unternehmen zusammentun, ist nichts als logisch. Dass sich die SRG in Konkurrenz sieht zu Google, Facebook und Netflix sollte ja auch nachdenklich machen. Diese Angebote sind offenbar beim Publikum beliebt – ohne Gebühren. Die vorliegende Kooperation verzerrt den Wettbewerb im Inland. 

Text: Edith Hollenstein, Bilder: zVg.

 

 



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