02.02.2011

Communication Summit

Emotionales Podiumsgespräch

Lüönd konstatiert "Brain Drain", Wigdorovits redet viel.

Knapp 400 Zuhörerinnen und Zuhörer lockte der diesjährige Communication Summit am 1. Februar 2011 in das Auditorium maximum der ETH Zürich. Das von ZPV und ZPRG veranstaltete Gipfeltreffen gehört damit zu den wichtigsten Branchenanlässen in Zürich. "Emotionalisieren wirs" lautet der Titel der Podiumsdiskussion, die auf das Eingangsreferat von Peter Röthlisberger folgte ( "persoenlich.com" berichtete"). In der von Reto Lipp (SRF) geleiteten Runde diskutierten mit dem Ringier-Vertreter Altmeister Karl Lüönd, die Medienprofessorin Marlies Prinzing und PR-Berater Sacha Wigdorovits.

500'000 Leserinnen und Leser zählt der "Blick am Abend" gegenwärtig und gehört damit zu den erfolgreichen Neulancierungen der Schweizer Presselandschaft, erklärte Röthlisberger in seinem Referat. Emotionen soll er wecken - das Motto des diesjährigen ComSum -, unterhalten, informieren. Mit den Erfolgsrezepten eines Soft-Boulevards komme der "Blick am Abend" bei einem urbanen, jungen und weiblichen Publikum besonders gut an, womit er sich abhebe von seinem Mutterblatt. Noch in diesem Jahr werde die am Nachmittag erscheinende Pendlerzeitung den Zahl-Blick überrunden, sagte Röthlisberger.

In der Podiumsdiskussion konstatierte Lüönd einen "Brain Drain" vom Journalismus in die PR-Branche. Der heutige Boulevard sei ein von "Text-Ingenieuren" fabrizierter Teil der Unterhaltungsindustrie. Er stellte eine Rückbesinnung auf altbewährte Rezepte fest. Marlies Prinzing kritisierte den Verfall journalistischer Tugenden, der allerdings in allen Sparten, nicht nur im Boulevard zu beobachten sei. Ein "ethischer Kompass" sei nötiger denn je. Das Publikum verliere immer mehr das Vertrauen in die Medien. Dennoch müssten Gefühle genügend Raum in den Medien bekommen, sagte die Professorin.

Ein leichter, eingängiger Zugang zu den Themen sei wichtig und richtig: "Das Publikum will es so." Den Sittenverfall unter den Medienschaffenden beklagte auch Sacha Wigdorovits. Kaum einer mache sich heute noch die Mühe, zu recherchieren. Emotionen ohne Fundament bringe nichts. Der umtriebige Berater, der im Fall Hirschmann eine Klage gegen Michael Ringier und andere Verantwortliche in dessen Haus angestrengt hat, redete viel und laut - und trug gemeinsam mit Prinzing zur Emotionalisierung des Podiumsgesprächs bei. Schuld an der Schaffenskrise sei der fortschreitende Abbau in den Redaktionen, da waren sich die Kritiker einig. Der Boulevard und seine Erfolgrezepte seien lebendiger denn je, stellte Röthlisberger fest. Als Korrektiv stehe das Publikum bereit. "Uns wird genau auf die Finger gesehen", sagte er. Genügend Gesprächsstoff gab dies für das ComSum-Publikum, das sich am anschliessenden Apéro Riche stärkte und die Gelegenheit zum Networking intensiv nutzte. (ots)


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