Daniel Ambühl, Sie treten nun als Präsident vom SVIK zurück. Was ist der Grund?
Mit Gundekar Giebel hat der Verband einen fähigen Fachmann als neuen Präsidenten. Er ist bei der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern als Mediensprecher und Verantwortlicher für die Kommunikation im täglichen Einsatz. Der SVIK hat damit wieder einen Experten aus der Kommunikationswelt am Ruder.
Sie waren 26 Jahre im Amt. Inwieweit hat sich die Kommunikationswelt in dieser langen Zeit verändert?
Die digitale Welt ist nicht alleine Grund für den Wandel. Ökonomie und Recht sowie verändertes Verständnis für Betriebsjournalismus, Führung und Verantwortung sowie Transparenzaspekte haben dazu beigetragen. Theorie ist auch der Feind der Praxis. Die Schaffung der akademischen und der berufsbildnerischen Ebene (Tertiär-A und -B) in den 1990er-Jahren und die Finanzierung der Institutionen erschweren seither die Arbeiten der Fach- und Berufsverbände. Heute kann jede Hochschule jedes Berufsthema zu ihrem subventionierten Bildungsangebot addieren, wogegen die Fachverbände in der Berufsbildung unter der Ägide des Staatssekretariats für Berufsbildung, Forschung und Innovation (SBFI) in reglementarische Ketten gelegt sind. Das hat zu einem Weiterbildungsdschungel geführt. Zahllose Kundenanlässe zu Schlagworten der Kommunikationsbranche verdichten ihn noch.
Sie üben Kritik?
Wen wundert es, dass damit die Qualifikationen nicht mehr den Anforderungen der Berufspraxis entsprechen? Das muss sich ändern, und dafür setzt sich der SVIK auch ein. Aus- und Weiterbildung in den Berufsfeldern der Unternehmenskommunikation beschäftigen mich schon seit den 1970er-Jahren. Fachverbände wie der SVIK sind wichtig für die Wirtschaft. Mit Material-, Arbeits- und Zeitstandards beeinflussen sie die Effizienz der Arbeitskräfte und den Betriebserfolg.
«Es ist aber nicht leicht, junge Berufsleute und geeignete Vorstandsmitglieder zu gewinnen»
Was heisst das konkret?
Der SVIK verfügt heute über Schulungsmodule für Sachbearbeitende, Fachleute und Experten der Unternehmenskommunikation. Mit den jährlichen «goldenen Federn des SVIK» bietet er der Branche Benchmarks. Konferenzen, SVIK-ComWaves, Newsletters, SVIK-Relations sowie Fachdokumentationen runden die Aktivitäten ab. Damit ist es dem SVIK gelungen, seinen Mitgliederbestand über die Jahre sogar etwas zu erhöhen. Es ist aber nicht leicht, junge Berufsleute und geeignete Vorstandsmitglieder für eine Mitarbeit zu gewinnen.
Der SVIK wurde vor bald 80 Jahren gegründet, um die innere und interaktive Kommunikation zu fördern. Wie muss man sich dies vorstellen?
Unbestritten fokussiert sich die interne Information und Kommunikation heute auf die Mitarbeiterentwicklung. Ausgelebt wird das in Organisationen allgemein über den Austausch fachlicher und betrieblicher Informationen. Neben reinen Produktionsaspekten stehen Themenkreise wie Vorsorge, Führungskommunikation, Compliance und Nachhaltigkeit, Gesundheit, Hygiene, Sicherheit und Meldemöglichkeiten im Rampenlicht. Organisationen sind aber auch anfällig auf menschliches Fehlverhalten. Letzteres wird allerdings oft zu spät erkannt: ein gefundenes Fressen für die Massenmedien. Rechtliche und psychologische Analysen umranken dann solche Stories. Doch Lösungen bringen auch diese nicht wirklich, wenn die Leitungsorgane sich in Schutzzonen verkriechen.
Also Nichtkommunikation ist per se schlechte Kommunikation…
Organisationen sind stets etwas Faszinierendes. Wo es intern aber fehlt, zeigen täglich Beispiele in den Medien von Verwaltungen, dem Finanzwesen, der Industrie oder dem Detailhandel. Vorgesetzte haben gute Vorbilder zu sein. Ihre transparente Willensbildung sowie Willensdurchsetzung mit für jedermann klaren Grenzen schaffen dann die Voraussetzungen für eine funktionierende interne Kommunikation. Damit wird das Vertrauensverhältnis gestärkt, um zusammen auf den Erfolg hinzuarbeiten. Die dafür notwendigen Werthaltungen lassen sich aber nur über eine effiziente interne und im heutigen Organisationsumfeld integrierte Kommunikation sichern.
Ist es heute aufgrund der vielen neuen Kommunikationsmöglichkeiten einfacher oder schwieriger geworden zu kommunizieren?
Je nach Organisation muss aus der Vielfalt der Methoden und Mittel das Geeignete ausgewählt und geordnet eingesetzt werden. Weniger ist meist mehr. Kleine Organisationen sind dabei meist kreativer und effizienter. Dagegen beobachtet der SVIK in Grossbetrieben einen Informationsüberhang und zu viele Kanäle; beides Dinge, die oft noch im Zusammenhang mit dem Newsroom zu Hektik im Betrieb führen können.
Was waren die grössten Kommunikationsgaus, die Sie in Ihrer Ära erlebt haben?
Der SVIK vernimmt und sieht viel. Er wertet diese Fälle auch aus und berät – wenn sinnvoll – die Betroffenen. Doch darüber schweigt hier des Sängers Höflichkeit. Immerhin verfügt der Verband heute über ein aufschlussreiches Archiv, das auf wissenschaftliche Auswertung wartet.
«Die katastrophalsten Folgen haben in der internen Kommunikation oft fehlende Kompetenzabgrenzungen oder autoritäres Verhalten von Führungskräften»
Aber konkret, was sind die Gründe für einen kommunikativen Supergau?
Die katastrophalsten Folgen haben in der internen Kommunikation oft fehlende Kompetenzabgrenzungen oder autoritäres Verhalten von Führungskräften. Verwaltungen haben zudem einen Hang, Führungspositionen durch ungeeignetes Personal zu besetzen. In dieser Beziehung sind Promotionsratschläge von Professoren oft suboptimal. Kommunikationsverantwortliche können sich aber auch ohne Absicherung von oben zu weit aus dem Fenster lehnen. All dieses Wirken kann eine Organisation in Schieflage und ins Kommunikationschaos führen. Hässlich sind auch Fälle von Kommunikationsverantwortlichen, die nach einer Betriebskatastrophe von den Medien als Informanten in den medialen Himmel gehoben werden, obschon sie ihren Job nicht wirklich betriebsorientiert ausgeübt haben. Schliesslich gesellen sich dann noch all die Fälle dazu, wo Vorgesetzte den Mitarbeitenden mit ihren Aktionen zeigen, wie man «es» nicht machen sollte. Sicher ist, wo unterschiedliche Führungsansätze aufeinanderprallen und nicht geklärt werden, dass die Krise stets auf dem Fuss folgt.
Welche Aktivitäten planen Sie nach Ihrem Rücktritt?
Der SVIK will sich künftig mehr zu Effizienzfragen der Unternehmens- und Führungskommunikation äusseren. Dazu benötigt der Verband aber Ressourcen. Deshalb werde ich dem SVIK-Vorstand noch einige Zeit in der Geschäftsleitung beistehen. Mein Wissen und Können sowie meine Dokumentationen sollen aber auch der Fachwelt zur Verfügung gestellt werden. Meine bankfachlichen und kommunikativen Kenntnisse, die Mehrsprachigkeit und beträchtlichen Erfahrungen sind in verschiedenen Branchen gefragt. So gesehen wird es mir sicher nicht langweilig.