TV-Kritik

Basler Krach im Männer-«Club»

Barbara Lüthi forschte im «Club» mit sechs maskulinen Gästen nach dem Besten im Mann. Sie hat es nicht gefunden. Die Moderatorin versuchte geschickt, die Männer einzuseifen. Rasiert hat sie sie aber nicht. Diese hatten bereits Schaum um den Mund – und schabten sich selber.

Nach einem mühsamen Start griffen sich zwei Gäste zünftig in den Bart. Beide Basler, die sich offensichtlich nicht riechen können: Psychologe Markus Theunert und Männerarzt Marco Caimi. Dieser wehrte sich: «Sei mal ruhig, sonst gehe ich raus! Du machst mich schaurig nervös mit deinem Gebrummel.» Theunert wie ein Schulbub: «Du mich auch!» Caimi weiter: «Das geht mir auf den Sack. Ich habe die Sendeleitung gewarnt.» Sein kopfschüttelnder Kontrahent hatte ihm offenbar die Kompetenz abgesprochen. Ein peinlicher und unerträglicher Gockel-Zoff. Später wurde Theunert noch einmal der Bart abgemacht. Von einem weiteren Basler, dem Soziologen und Männerforscher Walter Hollstein: «Du hast die ganze Zeit geredet, jetzt bin ich dran!» Barbara Lüthi hatte diesmal – nachvollziehbar – nur Männer eingeladen. Vielleicht hätte eine Frau zwischen den blamablen Baslern der Sendung halt doch gut getan.

Worum ging es eigentlich? Wegen #MeToo wagt der Rasierklingen-Hersteller Gillette den Imagewechsel und will aus Männern bessere Menschen machen. Dies mit einem Werbespot, der inzwischen alleine auf YouTube 27 Millionen Mal angeklickt wurde und einen weltweiten Shitstorm auslöste (persoenlich.com berichtete). Laut «Club» ist heute nicht mehr klar, wie ein richtiger Mann sein soll. Lüthi wollte wissen, ob sich die Männlichkeit in der Krise befindet. Und weiter: «Das Selbstbild des Mannes zerfällt. Ist er Retter oder Versteher, Macho oder Softie? Welche Rolle bleibt dem Mann? Ist er ein Auslaufmodell? Wie schlimm steht es um ihn?» Keine Sorge, es ist nicht angsterregend. Für Männer, die sich von Gillette beleidigt fühlen, zuvor noch dies: Knappsitzende Hosen schaden der Männlichkeit mehr als der clevere Werbespot des US-Konzerns Procter & Gamble.

Es war im «Club» ein Streit um des Kaisers Bart. Für Pragmatiker Hollstein ist das ganze Thema ein Luxusproblem. Er sagt: «Männer haben grossartige Leistungen vollbracht, und das wird heute nicht mehr gewürdigt. Wenn Leistung oder Verantwortung plötzlich toxisch sind, dann gehen die Grundpfeiler unserer Gesellschaft kaputt.» Für Praktiker Marco Caimi ist der Gillette-Spot «sehr einseitig». Der Arzt meinte: «Vielen Männern ist man damit auf den Schwanz getreten. Das passt zum Zeitgeist.» Toni Bortoluzzi bezeichnete die neue Klingen-Werbung als «lächerlich». Der frühere SVP-Nationalrat sagte ausserdem: «Der überbordende Feminismus setzt den Mann unter Druck.» Mannomann.

Der Schauspieler, Kabarettist und Verleger Patrick Frey lobte den Spot. Der Zürcher gab während der ganzen Diskussion den Good Man. Und Frauenversteher: «Ich habe meine Probleme immer mit Frauen besprochen. Viele Jahre in meinem Leben litt ich unter der dogmatischen Männlichkeit.» Gut gefallen hat der Auftritt des TV-Kochs René Schudel. Der bodenständige Berner: «Die Männer sind nicht anders geworden. Die Frauen sind gottseidank stärker geworden.»

Später drehte der bärbeissige Männerberater Markus Theunert auf: «Männer haben 250 Jahre lang übelste Gewalt gegenüber Frauen, Kindern und auch gegenüber sich selbst angewendet. Und jetzt ist der Zeitpunkt da, wo die Eiterbeule platzt und der ganze Schmerz nach Versöhnung schreit. Wir müssen nun 250 Jahre Patriarchat aufarbeiten.» Das gefiel Barbara Lüthi. Die Moderatorin nickte: «Es ist zu früh für die Opferrolle des weissen Mannes.» Bizarr wurde die Diskussion spätestens dann, als Schudel von Theunert gefragt wurde, ob er mit seinen Kollegen von der Feuerwehr über Erektionsprobleme reden könne.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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