TV-Kritik

Hintendrein wie die alte Fasnacht

Die «Club»-Redaktion hatte die CS-Affäre vor zwei Wochen verschlafen und damit kläglich versagt (persoenlich.com berichtete). Danach war die grosse Story immerhin Thema bei «Schawinski» und «Eco». Am späten Sonntagabend brachte «Reporter» einen dürftigen Beitrag zum Skandal. Und erst jetzt, am Fussball-Dienstagabend, fragte der säumige «Club»: «Was ist los bei den Schweizer Banken?». Zu spät.

Wer die auf die lange Bank geschobene Sendung nicht gesehen hat, hat auch diesmal nichts verpasst. Es war wie eine Theoriestunde für Bankenlehrlinge im ersten Lehrjahr. Höchstens. Keine News. Keine überraschenden Aussagen. Nada. Dafür reichlich Nasenwasser. Erstmals wurde der «Club» von Peter Hossli (50) moderiert. Dazu später mehr.

Manche Meinungen und Argumente der eingeladenen Banker und Bankenspezialisten hatten die Tragfähigkeit von feuchtem Seidenpapier. Ein echter Bankenkritiker fehlte in der Runde. Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff verniedlichte die CS-Affäre so: «Es menschelt halt in jedem Betrieb und in jeder Branche.» Jörg Gasser, CEO der Schweizer Bankiervereingung bagatellisierte: «Es ist und bleibt ein Einzelfall.» Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann schränkte ein: «Speziell sind die Geheimdienstmethoden». Und: «Die Schweizer Grossbanken haben zunehmend das Problem, dass sie im Heimmarkt nicht mehr verstanden werden. Es ist schwierig, wenn sich in den Geschäftsleitungen keine Einheimischen mehr befinden.» Bankenberaterin Franca Burkhardt, die einzige Frau in diesem «Club», ergänzte: «Was die Eigentümer betrifft, sind beide Grossbanken keine Schweizer Banken mehr. Sie gehören nicht mehr unserem Land.»

Proper: Mehr Demut in der Finanzbranche verlangt John Häfelfinger. Der Basler verdiente als Spitzenbanker bei der CS Millionen. Heute bekommt er als Chef der Basellandschaftlichen Kantonalbank jährlich «nur» noch 800`000 Franken. Was Wunder: Laut Jörg Gasser, Vertreter der Schweizer Bankiers, ist die Bankenbranche übrigens bereits demütig... Einig war die Runde darin: Das Leben in den Teppichetagen der Grossbanken ist nach wie vor ein «Bonihof».

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Zum Moderator: TV-Neuling Peter Hossli brachte den Banker-Hock ordentlich über die Runde. Der erste Teil der Sendung war eine Abfragerei, erst später entstand so etwas eine Diskussion. Der arrivierte Journalist stellt gute Fragen hakt aber (noch) nicht nach. Angenehm: Hossli ist und tut nicht so hektisch und aufgekratzt wie seine Kollegin und Chefin Barbara Lüthi.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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KOMMENTARE

Peter Eberhard
17.10.2019 09:40 Uhr
Völlig einverstanden mit Herrn Hildbrand. Habe mich nach längerem Unterbruch angesichts des Themas wieder einmal duchgerungen, in den "Club" zu schauen (und das wars jetzt wieder für eine Weile). Eine einzige Peinlichkeit. Wie kommt man dazu, den CEO der Bankiervereinigung einzuladen? Man lässt ja die Würste auch nicht durch einen Hund bewachen. Und einzig Straumann tönte den gesellschaftspolitischen Schaden an, den gewisse Verhaltensweisen v.a. der Grossbanken anrichten. Und das grad so schön rechtzeitig auf die Wahlen vom kommenden Sonntag hin.
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