TV-Kritik

Sempre benvenuta, Christa Rigozzi!

«SRF Die Schweiz im Herzen», lautet ein Slogan des Schweizer Fernsehens. Seit Sonntag kann dieser erweitert werden: «SRF-Zuschauer haben Rigozzi im Herzen». Diese Frau ist nicht nur in der Werbung eine Ikone.

Die Premiere des neuen Formates («Reporter» mit anschliessender «Arena»), ist einigermassen geglückt. Die seit langem umstrittene Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) war das erste Thema. Später mehr zum medialen Affentheater, das vor der ersten Sendung wegen Christa Rigozzi ablief.

«SRF Reporter», meist sehenswert, beschäftigt sich im Sonntagabendprogramm seit 12 Jahren mit Menschen, ihren Abenteuern und Schicksalen. Die Idee, die 22-minütige Sendung ein paarmal pro Jahr mit einer anschliessenden «Arena» aufzuwerten, finde ich lobenswert. Kommt dazu, dass es «Aeschbacher» schon lange nicht mehr bringt. Am Sonntagabend nach «Reporter» schon gar nicht.

Hauptfigur des ersten Films war der seit zwei Jahren landesweit bekannte, militante Kesb-Hasser Christian Kast mit seiner vielbesprochenen Familiengeschichte. «Der umstrittenste Vater der Schweiz», «Zweifelhafter Held», titelten Printmedien über den Aargauer. Ein Mann auch, der sich im Netz in extremster Form äussert. Am Film von Simon Christen über die Gallionsfigur der Kesb-Gegner gibt es kaum etwas zu bemängeln.

Die anschliessende «Arena»-Diskussion war überwiegend gallig. Und daher wenig sachlich. CVP-Nationalrätin Viola Amherd übernahm mit dem Dazwischenfahren gleich zu Beginn das Zepter. Das ist man von der rechthaberischen Walliserin in der «Arena» gewohnt. Jonas Projer hätte häufiger eingreifen müssen. Er tut dies sonst auch. SVP-Nationalrat Pirmin Schwander, Autorin Julia Onken und der Basler Kesb-Chef Patrick Fassbind hätten vom Moderator ebenfalls besser «geführt» werden müssen. Übrigens: Das Studiopublikum diente bloss als Dekoration.

«Gut, dass wir darüber geredet haben», dürfte sich Jonas Projer einmal mehr gesagt haben. Der «Arena»-Chef wirkte am Schluss der Sendung aber sichtlich zufrieden. Das lag zweifelsohne an seiner Co-Moderatorin Christa Rigozzi. Die toughe Tessinerin, in chicem Grün gekleidet, machte als «Stimme der Zuschauer» einen prima Job. Sie wirkte bei der Premiere verständlich etwas angestrengt, war aber mit grösster Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit bei der Sache. Den Zuschauern am Telefon und den Gästen im Studio stellte sie schlagfertig die richtigen konkreten Fragen.

Mit Christa Rigozzi hat nun auch Jonas Projer eine «Zuschaueranwältin». Wie sein Vorbild Frank Plasberg («Hart aber fair», ARD). Bei Plasberg macht das seit 16 Jahren die TV-Journalistin Brigitte Büscher. Seinem deutschen Kollegen hat Projer für die «Arena» schon die entkrampfende Frage zum Schluss abgekupfert. In der ersten «Arena/Reporter» verzichtete er darauf.  

Nach der Premiere dürfte sich das Medien-Stürmli um Christa Rigozzi und ihr neues TV-Engagement gelegt haben. Neben zwei, drei Bedenkenträgern unter Printmedien-Kommentatoren äusserten sich dazu im Vorfeld auch ganz wenige unbedeutende SRF-Leute (im «Blick»). Anonym. Bedenklich. Eine frustierte Fernsehtante aus der geschützen Werkstatt ist dabei besonders tief gefallen: «Für mich ist es billiger Zuschauerfang: Kurzes Röckli holt mit lustigem Tessiner Akzent Quote.» Uiuiui!

SRF-Direktor Ruedi Matter verurteilte die anonymen, giftigen und verlogenen Kommentare aus seinem Haus. Zu Recht. Mir fällt dazu nur noch die alte Erkenntnis ein: Der älteste Leutschenbacher ist der Neid.

 

 

 


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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