TV-Kritik

Viel Geplapper und ein paar Songs

Jede TV-Sendung, die dem Schweizer Musikbusiness förderlich ist, sollte man zustimmend aufnehmen. So auch das Tauschkonzert «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert», das am Freitagabend seine Premiere feierte. Allerdings wurde das holländische, bei uns aus Deutschland bekannte VOX-Format auf TV24 zu einer Charming-Talkshow statt zu einer soliden Musiksession.

Als Intro für die nächsten Folgen empfehle ich das Lied «Es si alli so nätt» von Franz Hohler. Denn Gastgeber Seven und seine Gspänli bejubeln und umarmen sich fast pausenlos. Sie quasseln in behaglicher Umgebung ohne Punkt und Komma. Dann und wann fliessen ein paar Tränchen. Hernach folgt erneut gegenseitige Lobhudelei. Alles ist für sie cool, mega und sehr lustig. Jupeidi, jupeida. Und währenddessen fliesst reichlich Alkohol. Insgesamt schwer auszuhalten. Ach ja, ein bisserl gesungen wird bei dem Freudenfestchen auch. Schliesslich nennt sich die Musiker-Veranstaltung ja Tauschkonzert.

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Die Idee hinter der Show ist simpel: Jedem der sieben Künstler wird eine Sendung geschenkt. Die sechs anderen Sängerinnen und Sänger performen jeweils – mit ihrem einen eigenen Stil – einen Song von ihm/ihr. Der ganze Spass wurde auf Gran Canaria gedreht (persoenlich.com berichtete). Musikalische Kompagnons des gmögigen Freiämter Soulsängers Seven sind Stefanie Heinzmann, Francine Jordi, Steff la Cheffe, Marc Storace, Ritschi und Loco Escrito. Alle sind in ihrem Genre talentiert. Und ausnahmslos einnehmend.

In der ersten von acht Sendungen kam Stefanie Heinzmann zum Handkuss. Die Walliser Pop- und Soulsängerin gewann 2008 einen als Spass gedachten Casting-Wettbewerb bei Stefan Raab in «TV total». Stefanie hat etwas daraus gemacht und ist seitdem ganz gut im Geschäft. Das Sechsergespann entschied sich für gefällige Heinzmann-Songs wie «My Man Is a Mean Man», «Stranger in This World», «Devil On My Shoulder», «In the End» oder «Diggin' in the dirt». Gut gemacht. Und mit durchaus emotionalen Komponenten. Francine Jordi gefiel mit «Mother's Heart» besonders gut.

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Wenn doch bloss das masslose Geplapper nicht wäre. Neu-Moderator Seven (war in der dritten Staffel der deutschen Version als Kandidat dabei) befragte Heinzmann im überlangen Talkteil wie ein Psychater seine erste Klientin. Und diese antwortete wie eine Philosophiestudentin im ersten Semester. Immerhin bemäntelt sie nichts. Wir wissen jetzt, dass Stefanie es in ihrem bisherigen Leben oft ganz schwer hatte. Und dass sie sie sich eine eigene Familie wünscht. Good Luck.

Der Zuschauer merkt, dass bei der TV-Produktion auf Gran Canaria – wohl aus Kostengründen – alles ganz schnell gehen musste. Kameraführung und Licht in dieser Show sind durchgehend suboptimal. In Deutschland hatte «Sing meinen Song» zuletzt Zuspruch verloren. Warten wir die Quoten der Schweizer Ausgabe ab. Für mich wars das. Stattdessen bleibe ich der attraktiveren Castingshow «The Voice of Switzerland» (3+) treu.


René Hildbrand
René Hildbrand ist Journalist, langjähriger Fernsehkritiker und Buchautor. Während 27 Jahren war er für «Blick» tätig, danach Chefredaktor von «TV-Star».

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KOMMENTARE

Hanna Läuppi
28.03.2020 12:06 Uhr
Ich find das so ä super Sändig! Es isch toll, wie alli über sich use wachsed und Site vo sich zeigen, wo ich nie dänkt het! Einfach Super , Danke!
Bea Rothen
22.03.2020 09:52 Uhr
Ich finde jeden Sänger von Sing meinen Song einzigartig... super, grossartig!!! Macht weiter so....
Monika Luck
21.02.2020 22:42 Uhr
Vor lauter Gequasel hab ich mir nicht einmal einen Song angehört.
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