09.05.2014

Rod/BAG

"Love Life - Bereue nichts"

Am Montag wurde die neue "Love Life"-Kampagne des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) vorgestellt, für die erstmals die Zürcher Agentur Rod Kommunikation verantwortlich war. Im Interview mit persoenlich.com gibt Adrian Kammer, Kampagnenleiter beim BAG, Auskunft zum neuen Slogan "Love Life - Bereue nichts". Er erklärt, wie man die Leute zum persönlichen Engagement bewegen will und was es mit dem pinken Ring auf sich hat.
Rod/BAG: "Love Life - Bereue nichts"

Seit 1987 macht das BAG auf die Gefahren von HIV aufmerksam - anfangs noch unter dem Slogan "Stop Aids". Dieser wurde später zu "Stop Aids - Love Life" erweitert und 2011 zu "Love Life" verkürzt, wobei es mittlerweile auch um andere sexuell übertragbare Krankheiten (STI) geht.

Diese sind nach wie vor auf dem Vormarsch, wie Roger Staub, stellvertretender Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten des BAG, am Montag in Bern vor den Medien sagte. Die AIDS-Fälle seien zwar wieder gesunken, aber noch nicht genug: Die Zahl der HIV-Diagnosen pro Jahr soll von heute 575 bis 2017 auf 350 sinken.

Das will man mit einem neuen Ansatz erreichen. Erstmals arbeitet das BAG dafür mit der Zürcher Agentur Rod Kommunikation zusammen, deren Mitinhaberin Regula Fecker die neue Kampagne mit dem Motto "Love Life - Bereue nichts" vorstellte. Sie soll alle sexuell aktiven Menschen in der Schweiz ansprechen und diese dazu bewegen, sich für ein verantwortungsvolles Sexualleben zu entscheiden und dafür einzustehen.

Im Zentrum steht das "Love Life"-Manifest mit folgenden drei Aussagen: "Ich geniesse mein Leben, das bin ich mir schuldig", "ich liebe meinen Körper, deshalb schütze ich ihn" und "ich bereue nichts, dafür sorge ich". 

Bei der Verbreitung der neuen Kampagne setzt das BAG nun auf die Bevölkerung: Sie soll die drei Kernbotschaften auf den sozialen Netzwerken streuen. Auf Bestellung gibt es einen pinkfarbenen "Love-Life"-Fingerring. Zudem werden Paare und Einzelpersonen gesucht, die sich für die neue Kampagne ablichten lassen wollen. 


Herr Kammer, ist eine weitere Sensibilisierung und Information in Bezug auf HIV überhaupt nötig und möglich?
Nur, weil Prävention wirkt, heisst es nicht, dass sie nicht mehr nötig ist – ganz im Gegenteil, die Zahl der Neuinfektionen mit HIV und anderen STI ist nach wie vor zu hoch. Die gute Arbeit der vergangenen Jahre muss weitergeführt werden. Die "Love Life"-Kampagne muss heute aber in einem neuen Umfeld wirken: Die Angst vor HIV hat in den letzten Jahren kontinuiertlich nachgelassen, von 1000 befragten Personen haben 90 Prozent keine Angst vor HIV. Dem lockeren Umgang mit dem Schutz wollen wir mit der neuen Kampagne Gegensteuer geben. Wir plädieren für Selbstschutz: Nur, wenn jeder sich selber schützt, sind alle sicher.


Bild: Adrian Kammer ist Kampagnenleiter beim Bundesamt für Gesundheit.

"Love Life - bereue nichts", ist das Motto der neuen Kampagne. Was hat Bereuen mit Liebe und Sex zu tun?
Liebe und Sex sind zentrale Themen jedes menschlichen Lebens. Sie sind für uns alle so wichtig, dass man keine wichtige Chance verpassen möchte. Das stimmt für junge Menschen, die nach vorne schauen, ebenso wie für ältere Menschen, die zurückschauen. Man will nicht bereuen, was man getan hat und nicht bereuen, was man noch nicht getan hat. Die Marke Love Life deckt beides ab und steht für Lebensfreude und dafür, dass man mit dem richtigen Schutz nichts bereuen muss.

Männer und Frauen bereuen in dieser Hinsicht offenbar sehr unterschiedliche, wenn nicht entgegengesetzte Dinge. Wie kann man beide Geschlechter gleichzeitig ansprechen?
Unsere Kampagne will die sexuell aktive Bevölkerung ansprechen. Unsere Botschaft ist bewusst breit für alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Alter oder sexueller Präferenz gültig. Gleichzeitig spricht sie jeden Menschen persönlich an. Darum glauben wir, dass wir mit der Botschaft alle erreichen. Unabhängig davon, was man bereut.

Partizipation ist laut WHO wichtig für die Gesundheitsförderung. Gilt das auch für heikle und intime Themen wie das Sexualleben? Wie wollen Sie die Leute dazu bringen, bei den Aktionen mitzumachen? Gibt es da nicht eine grosse Hemmschwelle?
Natürlich, das ist uns bewusst. Die Partizipation der Bevölkerung an der Kampagne kann darum absolut individuell stattfinden. Ganz leise, indem man "Ja" sagt zum "Love Life"-Manifest. Indem man dies via Social Media anderen mitteilt. Indem man mit dem Partner über die Kampagne redet. Indem man zum Zeichen der Identifikation den pinken "Love Life"-Ring trägt. Indem man sich als Model fürs Casting meldet. Die Partizipation ist bewusst ganz individuell und gemäss den persönlichen Präferenzen oder entlang der eigenen Hemmschwelle möglich.

Die digitalen Kanäle sind bei dieser Kampagne wichtig. Wie bespielen Sie diese?
Die "Love Life"-Website ist tatsächlich der eigentliche Hub der Kampagne, hier bespielen wir den Grossteil des Contents mit Inhalten aus Sozialen Medien – aus YouTube, Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest und Tumblr. Das neue Social Media Tool contentfry.com gibt uns die Möglichkeit, Content aus sozialen Medien für alle sichtbar zu machen. Nach einer ersten Phase möchten wir auch hier "partizipativ" sein, Inhalte der User aus den sozialen Kanälen sollen auf der Website ebenfalls sichtbar werden.

Was erhoffen Sie sich davon?
Ziel der Kampagne ist es, geschützen Sex attraktiver zu machen als ungeschützten. Mit dem Konzept der Partizipation und dem pinken Ring als Zeichen soll "Love Life" mehr sein als eine Kampagne – idealerweise gelingt es uns, Identifikation bei einer breiten Bevölkerung zu schaffen und damit eine veritable Bewegung zu starten.

Wird auch auf klassischen Wegen geworben?
Um eine Welle zu starten, schieben wir die Kampagne mit einem TV-Spot an. Damit verfolgen wir, dass möglichst schnell möglichst viele Menschen das Manifest auf www.lovelife.ch unterschreiben. Und dies in sozialen Medien teilen. Danach folgen Inserate in verschiedenen Medien, um Menschen dazu aufzurufen, sich für das Casting zu bewerben. In der zweiten Kampagnenwelle folgen Plakate.

Wird es auch Aktionen im öffentlichen Raum geben?
Geplant ist nichts. Aber Partizipation heisst auch, dass man es zulässt, wenn Kampagnen-Unterstützer eine Aktion machen wollen. In dem Sinne: Wenn jemand sein Bekenntnis zum "Love Life"-Manifest mit einer Aktion nach aussen tragen möchte, dann freuen wir uns darüber.

Die "Love Life"-Kampagnen waren immer sehr freizügig, so auch die neue. Lenkt das nicht ab von der Botschaft?
Nein, das glaube ich nicht. Bei "Love Life" geht es darum, geschützten Sex attraktiver als ungeschützen Sex zu machen. Darum zeigen wir geschützten Sex. In allen Facetten und ohne zu urteilen.

Wie sind die Reaktionen darauf jeweils? Was erwarten Sie bei der neuen Kampagne?
Wir lassen uns überraschen.

Wollen Sie auch Diskussionen provozieren und anregen?
Natürlich. Das BAG gibt jährlich etwas 2 Millionen Franken für die Bevölkerungsinformation zum Thema HIV und STI aus. Würde die Kampagne keine Aufmerksamkeit erregen und keine Diskussion auslösen, wären die öffentlichen Gelder umsonst investiert. Jede Auseinandersetzung mit dem Thema hilft, präventiv zu wirken.


Verantwortlich beim BAG: Roger Staub (Stv. Leiter übertragbare Krankheiten); Adrian Kammer (Leiter Kampagnen); Norina Schwendener (Kommunikation und Kampagnen). Verantwortliche Agentur: Rod Kommunikation, Zürich. Digital Media: SMLY Marc Leuzinger (Social Media Tool); RTP Rüegg Tuck (Programming Website). Filmproduktion: Tuna Production Tufan Tuna (Executive Producer) Martin Aamund (Regie); Alex Kirschner (Musik). Agency Producer: Sebahat Derdiyok. Fotoproduktion: Diana Scheunemann (Fotografie); MEL Y MEL Mel Affler (Produktion); Franziska Holzer (Fotoproduktion); Fotografie Product Shots: Julien Vonier. Media: Media Schneider.

Fragen: Lukas Meyer, Text: (pd/sda/lmy) //Bilder: zVg



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