08.03.2016

Goldbach

«Die SRG darf keine Onlinewerbung machen, Punkt»

Michi Frank, CEO der Goldbach Group, äussert sich im Interview mit persoenlich.com zum Jahresergebnis von Goldbach, zu den weiteren Plänen und zur Werbeallianz zwischen Swisscom, Ringier und der SRG, auf die er besonders energisch reagiert.
Goldbach: «Die SRG darf keine Onlinewerbung machen, Punkt»
von Raphael Rehmann

Herr Frank, Goldbach konnte ein gutes Jahresergebnis präsentieren. Ist das Übergangsjahr 2014, von dem Sie letztes Jahr gesprochen haben, abgeschlossen?
Ja, ganz klar – mit erfreulichem Ergebnis. Man sollte zwar nie zufrieden sein. Aber wir haben vor zwei Jahren gesagt: Wir drehen jeden Stein um – was nicht rentiert, stossen wir ab. Das haben wir konsequent gemacht. Und das haben wir auch gut gemacht. Trotzdem haben wir einige Herausforderungen vor uns: Das Joint Venture von Swisscom, Ringier und SRG, den Ausbau in Deutschland und den Aufbau eines gemeinsamen DACH-Marktes beispielsweise. In diesem letzten Punkt sind wir jetzt dran, gemeinsame Produkte zu entwickeln, die auf jedem Markt funktionieren. Erste Ergebnisse könnten schon 2016 sichtbar sein.

Besonders gespannt war man auf das Ergebnis aus Deutschland. Auch das ist aus Ihrer Sicht erfreulich ausgefallen.
Ja, wir sind auf dem richtigen Weg. Wir haben eine Nische gefunden für Sender, die schlecht oder gar nicht vermarktet waren. Von diesen 28 Sendern aus werden wir unser Angebot weiterentwickeln, bald kommen 15 weitere Sender dazu. Darauf können wir aufbauen. Bis spätestens Ende 2018 wollen wir ein relevanter Player im deutschen Markt sein.

Das tönt alles sehr harmonisch. Weniger harmonisch reagieren Sie, wenn die Sprache jeweils auf das Joint Venture von Swisscom, Ringier und der SRG kommt.
Ja, da reagiere ich sehr energisch. Ich versteh das einfach nicht. Ich habe weder mit den einzelnen Akteuren ein Problem, noch mit deren Zusammenarbeit. Grosse Mühe habe ich aber mit der Tatsache, dass diese die Daten von Swisscom erhalten sollen – Daten eines staatlichen Unternehmens, die den Bürgern gehören. Ihnen und mir. Warum sollen private Anbieter diese Daten nicht erhalten? Wir wollen sie ja gar nicht gratis, wir würden dafür bezahlen. Aus diesem Grund muss jetzt – auch im Parlament – die Service-Public-Diskussion geführt werden, bevor der Bundesrat die Konzession der SRG anpasst.

In welche Richtung soll diese Diskussion gehen?
Die SRG muss eingeschränkt werden. Ich bin für die SRG, aber sie soll Kultur machen, sie soll Sport machen und sie soll News machen – und sie braucht nicht 1,3 Milliarden Franken jährlich, um den öffentlichen Auftrag zu erfüllen. Dann muss man auch die Online-Aktivitäten unter die Lupe nehmen. Dass Streaming gemäss Roger De Weck erlaubt ist, muss man genau anschauen. Mit seinem 11-Punkte-Programm wollte er eine faire Verteilung anregen. Was für eine faire Verteilung? Er darf keine Onlinewerbung machen, Punkt. Diese Diskussion wollen wir jetzt führen.

Wie bringen Sie sich da ein?
Zum einen ist das eine politische Diskussion. Da reden wir mit sehr vielen Leuten und teilen sehr vielen Leuten unsere Meinung mit. Wir waren etwa bei der Anhörung in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen, der KVF. Zum anderen könnte es auch eine juristische Auseinandersetzung geben. Sollen wir alles einfach hinnehmen? Man anerkennt ja nicht einmal unsere Parteistellung. Wie sollen wir etwas sagen, wenn man uns nicht einmal die genauen Inhalte des Joint Ventures mitteilt? In einem entsprechenden Dokument waren 89 von 90 Seiten geschwärzt.

Sie werden also, wie schon der Verlegerverband, den juristischen Weg beschreiten?
Der Verband Schweizer Medien hat das so angekündigt. Was wir machen, klären wir noch ab. Aber wir reden sicher mit dem Verlegerverband und stellen uns entsprechend auf. Und wir nehmen das Joint Venture in dieser Form nicht einfach hin – das entspricht nicht unserer Definition von Freiheit und Wettbewerb.

Haben Sie nicht einfach Angst vor einem grossen Konkurrenten?
Bestimmt nicht. Wovor soll ich Angst haben? Dass die uns auffressen?

Das Joint Venture greift Ihr Geschäft an, ja.
Wir wissen ja noch nicht einmal, wie viel die zielgruppenorientierte Werbung ausmachen wird. Der Treiber Angst ist nie ein guter Ratgeber. Aber Respekt habe ich schon. Deshalb werden wir mit allen Mitteln kämpfen; juristisch, politisch und wir werden selber Allianzen bilden. Nochmals: Es kann doch nicht das Ziel von Bundesrätin Doris Leuthard sein, dass alle in dieses Joint Venture müssen, wenn sie an die Daten wollen. Die deutsche Telekom ist auch staatlich, ihre Daten kann jeder beziehen, der dafür zahlt. Dahin wollen wir.

Neben dem Joint Venture gibt es auch weitere Herausforderung für die Werbevermarktung, etwa technische Fortschritte wie Live-Pause oder Comeback-TV. Sie führen dazu, dass viele Leute die Werbung einfach überspulen. Wie gehen Sie damit um?
Dass man zeitversetzt fern sieht, ist in Ordnung, damit habe ich keine Probleme. Aber man sollte die Werbung nicht überspringen können. Der Content muss ja irgendwie finanziert werden. Da gibt es nur drei Modelle: Entweder bezahlt der Nutzer direkt dafür, oder der Content wird subventioniert mit 1,3 Milliarden Franken im Jahr – dann bräuchte man vielleicht keine Werbung – oder er ist eben werbefinanziert.

Sie appellieren an die Vernunft der Konsumenten. Aber interessiert die das auch?
Es sollte, denn wenn man die Inhalte nicht mehr finanzieren kann, gibt es sie irgendwann nicht mehr. In Deutschland kann man auch zeitversetzt schauen, aber die Werbung nicht spulen. Solche Gespräche sind auch in der Schweiz am laufen.

Sie haben also ein anstrengendes Jahr vor sich.
Herausforderungen sind etwas Gutes. Anstrengend ist es schon seit zweieinhalb Jahren, als ich übernommen habe. Die Zahlen damals haben weh getan. Jetzt haben wir uns fokussiert – und das hat funktioniert. Die Zeit der Experimente ist vorbei. Und meine Arbeit macht mir Spass.

Bild: zVg



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Kommentare

  • Lutz Schneider, 09.03.2016 13:54 Uhr
    Nach den Printmedien ein weiterer Zweig der Medienbranche, der mit den im wesentlichen Technologie getriebenen Veränderungen einfach nicht umgehen kann und glaubt, die Konsumenten in ein Korsett zwängen zu können. Glauben die Herren TV-Macher und -Vermarkter wirklich, sie könnten Zuschauer, die sich gewöhnt sind, die letztlich penentrant gewordene Werbung der TV-Anstalten überspulen zu können dazu zwingen, sich die Werbung anzuschauen? Wenn indes die Wahlmöglichkeit ausbleibt, wird der erste, der ein Alternativmodell bringt, der Gewinner sein. Beispiele dafür gibt es in der noch jungen Geschichte von Internet & Co. ausreichend.
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