14.03.2017

Ringier

Türkische «Blick»-Front macht Schlagzeilen

Das türkische Aussenministerium reagierte ungehalten auf die Titelseite des «Blick». Bundesrat Didier Burkhalter hat mehrere Male mit Aussenminister Mevlüt Cavusoglu telefoniert und SMS geschrieben.

Die Kontroverse um den Auftritt türkischer Politiker im Vorfeld der Verfassungsabstimmung in der Türkei hat in der Schweiz auch am Montag für Schlagzeilen gesorgt. So reagierte das türkische Aussenministerium ungehalten auf die Titelseite des «Blick», wo Türken in der Schweiz dazu aufgerufen wurden, Nein zu stimmen.

Die Tageszeitung «Blick» rief in ihrer Montagausgabe auf der Frontseite in der Schweiz lebende Türken auf deutsch und türkisch dazu auf, Nein zu «Erdogans Diktatur» zu stimmen (persoenlich.com berichtete). Der «Blick» spricht sich klar dafür aus, Auftritte der türkischen Behörden zuzulassen. In der Schweiz gelte, anders als in der Türkei, die freie Meinungsäusserung. «Wir schreiben das, was wir für richtig halten», so Chefredaktor Christian Dorer gegenüber persoenlich.com.

Scharfe Kritik aus der Türkei

Das türkische Aussenministerium reagierte mit scharfer Kritik auf die Publikation. Es forderte die Zeitung dazu auf, bei der Berichterstattung über die Türkei die Regeln des «unparteiischen Journalismus» einzuhalten. «Ausserdem erwarten wir, dass Schritte unternommen werden, die die Respektlosigkeit gegenüber unserem Herrn Präsidenten wiedergutmachen», schreibt das Ministerium in Ankara gemäss der Nachrichtenagentur dpa in einer Mitteilung an den «Blick».

EDA in Kontakt mit Aussenminister

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) wollte auf Anfrage der sda den Zeitungsbericht und die Reaktion darauf nicht kommentieren. Hingegen bestätigte es Kontakte zum türkischen Aussenminister im Vorfeld von dessen Absage eines Besuchs in der Schweiz.

Bundesrat Didier Burkhalter habe mehrere Male mit Aussenminister Mevlüt Cavusoglu telefoniert und SMS geschrieben, gab das EDA auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda bekannt. Er habe Cavusoglu über die Position der Behörden in der Schweiz informiert, ohne eine eigene Empfehlung abzugeben. Die Entscheidung der Absage habe ganz bei den Türken gelegen, schreibt das EDA.

Burkhalter habe seinem Amtskollegen erklärt, dass die Meinungs- und Äusserungsfreiheit ein fundamentaler Wert der Schweiz darstelle und dieses Recht auch für die Türkei gelte. Weiter habe der Bundesrat dem Aussenminister versichert, dass nichts gegen einen Auftritt des türkischen Ministers in der Schweiz in privatem Rahmen spreche, jedoch müsse bei einem solchen Anlass die Sicherheit gewährleistet sein.

Er habe Cavusoglu darauf hingewiesen, dass je nach Entwicklung der Sicherheitslage ein Programmwechsel jederzeit möglich sei.

Bespitzelungs-Vorwürfe an der Uni Zürich

Zudem wurden am Montag angebliche Bespitzelungen von regierungskritischen Türken an der Universität Zürich bekannt. Am 11. Januar seien zwei Männer am historischen Seminar zum Thema Völkermord an den Armeniern erschienen und hätten Besucher systematisch mit dem Mobiltelefon fotografiert, schilderte ein Doktorand der Universität die Geschehnisse dem «Tages-Anzeiger».

Im vergangenen Dezember seien zudem Besucher bei der Würdigung der Arbeit von Can Dündar, dem Chefredaktor der regierungskritischen Zeitung «Cumhuriyet», in der Aula der Universität gefilmt worden. Die Zeitung hatte kurz zuvor den Alternativen Nobelpreis, den Right Livelihood Award erhalten. Der Universität Zürich waren die beiden Vorfälle bisher nicht bekannt.

Mediensprecher Beat Müller wies auf Anfrage darauf hin, dass Nahaufnahmen von Personen rechtlich nicht zulässig seien ohne die ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen. Ein systematisches Fotografieren oder Filmen könne die Universität nicht tolerieren. Konkrete Schritte hat die Universität bis jetzt nicht geplant. (sda/eh)



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