29.07.2016

Stauffacher Deklaration

«Vereinbarte Quote war eben keine fixe Zielvorgabe»

Claudia Blumer, stv. Inlandchefin und Mitglied der Frauengruppe beim Tagi antworte auf Patrick Imhaslys Kommentar in der NZZaS.
Stauffacher Deklaration: «Vereinbarte Quote war eben keine fixe Zielvorgabe»
«Zu wenig ehrgeizig? Das Gegenteil ist der Fall»: Claudia Blumer ist stellvertretende Inlandchefin beim Tagi und Mitglied der Frauengruppe. (Bild: zVg.)

«Wie wäre es mit Ehrgeiz statt mit Quoten?», fragte Patrick Imhasly in einem Kommentar der «NZZ am Sonntag» vom 24. Juli (online nicht verfügbar). Dabei nahm er Bezug auf die Stauffacher Deklaration, mit welcher der «Tages-Anzeiger» mehr Frauen in die Redaktion holen wollte. Angestrebt wurden 30 Prozent auf allen Hierarchiestufen innert drei Jahren. Die Frist lief im Juni ab, die Ziele wurden nicht alle erreicht (persoenlich.com berichtete).

Eine Zeitung sei nicht die Welt, und dennoch sei es «einigermassen erstaunlich, dass dieses an sich hehre Vorhaben derart misslungen ist», schrieb Imhasly in der Kolumne «49 Prozent». Er schlussfolgerte: «Frauenförderung über fixe Zielvorgaben funktioniert nicht.» Man müsse bei der Frauenförderung neue Wege gehen, und zwar über das Setzen von Anreizen.

Erscheckend empfindet der Wissenredaktor die geringen Ambitionen vieler Frauen im Job. «Manchmal scheint es, Frauen würden es bereits als emanzipatorische Grosstat betrachten, wenn sie nach der Geburt eines Kindes überhaupt wieder eine Arbeit annehmen.

«Eine wirklich fixe Quote hätte mehr gebracht»

Auf diese Äusserungen erhält Imhasly nun eine Antwort von Claudia Blumer, die als stellvertretende Ressortleiterin für das Inlandressort des Tagi schreibt und zugleich Mitglied der Frauengruppe ist, die sich für Frauenförderung innerhalb der Redaktion stark macht.

«Die in der Stauffacher Deklaration vereinbarte Quote war eben keine fixe Zielvorgabe, sondern ein nur halbwegs verbindlicher Richtwert», schreibt sie am Freitag im Politblog. Die Frauendelegierte hätte bei der Besetzung einer Stelle intervenieren können – ohne Gewähr auf Erfolg. Der Entscheid sei schliesslich bei Ressortleitung und Chefredaktion gelegen. «Eine wirklich fixe Quote hätte mehr gebracht, weil sie hätte eingehalten werden müssen», fügt sie an. Das sei ihre Meinung, welche redaktionsintern kaum mehrheitsfähig sei.

Ein Übermass an Ehrgeiz

Auch in Bezug auf die fehlenden Ambitionen der Frauen im Beruf widerspricht Blumer: «Zu wenig ehrgeizig? Das Gegenteil ist der Fall», schreibt sie. Frauen seien in der Regel zu selbstkritisch und perfektionistisch, extrem fleissig und verlangten sich selbst viel ab. Ein Übermass an Ehrgeiz halte viele Frauen davon ab, sich um einen Chefposten zu bewerben.

Ins gleiche Rohr bläst übrigens Radio SRF-Chefredaktorin Lis Borner. «Wer Frauen in Führungspositionen will, muss aufmerksam sein und Signale beobachten. Frauen überlegen sich stärker und selbstkritischer, ob sie sich für eine Führungsposition interessieren», sagte sie im Interview mit persoenlich.com. (wid)



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Kommentare

  • Karl Stauffer-Jost, 30.07.2016 17:54 Uhr
    Und jetzt, Frau Blumer? Das ist ja nichts Neues, dass der Tagi selber sich nicht an das hält, was seine Redaktion nach aussen postuliert. Und unter sich solidarisch waren seine Redaktorinnen (schon zu Laure Wyss' Zeiten) auch immer nur dann, wenn es um keinen konkreten Fall (schon gar nicht um eine potentielle Rivalin) ging.
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