19.11.2017

Migros-Magazin

Nach Website-Relaunch Nutzer verloren

Seit dem Go-live des neuen Online-Auftritts hat das Wochenmagazin sowohl Visits wie auch Page Impressions eingebüsst. Vor allem die Loginhürde sorgte für negative Reaktionen. Die Verantwortlichen haben Erklärungen dafür.
Migros-Magazin: Nach Website-Relaunch Nutzer verloren
Reto Vogt, Ressortleiter Online beim «Migros-Magazin»: «Pro Tag wird im Schnitt ein Leserbeitrag publiziert.» (Bild: zVg.)
von Christian Beck

Ende Juni hat das «Migros-Magazin» ihren Online-Auftritt komplett neu konzipiert und designt. Seither stellt die Migros die Community in den Fokus (persoenlich.com berichtete).

Nach den ersten Monaten wird nun klar: migrosmagazin.ch musste durch den Relaunch Federn lassen. «Wie bei einem Relaunch üblich sind KPIs wie Visits und Page Impressions zurückgegangen», sagt Reto Vogt, Ressortleiter Online beim «Migros-Magazin», auf Anfrage. Konkrete Zahlen will er nicht nennen, dafür sei es noch zu früh. Aber ein Blick auf die Zahlen von Net-Metrix zeigt: Im vergangenen Oktober zählte migrosmagazin.ch 244'000 Unique Clients, im Oktober 2016 waren es noch 297'000.

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Wirklich überraschend war der Rückgang jedoch nicht, sagt auch Sylvain Morger, Psychologe und UX-Researcher bei Ginetta. Ginetta Web/Mobile wurde mit dem UX-Design und der Frontend-Entwicklung für den Neuauftritt beauftragt. «Dieses Projekt hat einmal mehr aufgezeigt, wie eine eigentlich kleine Änderung, nämlich die Einführung der Registrierungspflicht, eine grosse Auswirkung auf die gesamte User Experience haben kann», so Morger.

Insbesondere die neue Loginhürde, die Morger anspricht, hat zum Rückgang beigetragen. Nach dem Go-live haben sich entsprechend viele Nutzer negativ darüber geäussert – 95 Prozent aller Rückmeldungen bezogen sich auf ebendiese Loginhürde. «Die Einführung einer Loginpflicht für Wettbewerbe war aber ein strategischer Entscheid im Sinne des Unternehmens, dessen Konsequenzen wir bewusst in Kauf genommen haben. Es war klar, dass dies zu Irritationen führen wird», so Vogt. Und dieses Phänomen hat auch einen Namen: «‹Change Aversion› ist eine bekannte Reaktion, die wir in vielen Redesign-Projekten beobachten», sagt Morger. Der Effekt der Abwehrhaltung werde in diesem Projekt wahrscheinlich noch verstärkt, weil ein beachtlicher Teil der Zielgruppe eher älter und weniger technikaffin sei. «Die Registrierungspflicht und die damit einhergehenden Personalisierungsmöglichkeiten lösten auch Ängste aus. Das hat man auch in den negativen Kommentaren herausgelesen», so der UX-Researcher weiter. Dies müsse man ernst nehmen.

Weniger Wettbewerbs-Jäger, mehr Content-Interessierte

Trotz allem, die Bilanz ist seit dem Umbau des Onlineportals positiv. «Wir konnten uns bei der Seitenverweildauer und beim Anteil des mobilen Traffics verbessern», sagt Vogt zu persoenlich.com. Ebenfalls zugenommen habe die Anzahl User, die sich für den Content statt nur für die Wettbewerbe interessiere. «Deshalb fällt die erste Bilanz durchaus positiv aus – natürlich mit der Vorgabe, dass wir uns weiter verbessern. Aber wir wissen, wo wir ansetzen müssen.»

Seit dem Go-live haben sich laut Vogt 150'000 User registriert. «Das beweist, dass wir auf dem richtigen Weg sind, die neue Seite gut ankommt und der Registrierungsprozess funktioniert», folgert der Ressortleiter Online. Die Loginpflicht verhindere, dass User gefälschte E-Mail-Adressen bei Wettbewerbsteilnahmen nutzen würden. «Ausserdem sorgt sie für mehr Gerechtigkeit, weil Mehrfachteilnahmen einzelner Nutzer verhindert werden. Dieses Argument haben die meisten akzeptiert und verstanden.»

Und wie aktiv ist die Community, die das «Migros-Magazin» neu ins Zentrum stellen will? «Die Nutzerinnen und Nutzer sollen zu ‹Migros-Magazin›-Redaktoren werden», sagte Vogt Ende Juni im persoenlich.com-Interview. Mit Anreizsystemen sollte dies gefördert werden. «Pro Tag wird im Schnitt ein Leserbeitrag publiziert. Vorher gab es diese Funktion nicht, daher sind wir überrascht, dass bereits nach so kurzer Zeit regelmässig und konstant Artikel geschrieben werden», so Vogt. Im Vornherein sei das wie eine Blackbox gewesen. «Wir hatten keine Ahnung, ob das funktionieren wird. Aber die Resultate überraschen und freuen uns natürlich sehr.» Hier soll stark ausgebaut werden. Die Site soll dem User gehören, so der Plan.



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Kommentare

  • Reto Vogt, 22.11.2017 13:59 Uhr
    Lieber Herr Blattmann Herzlichen Dank für Ihren Kommentar. • Es ist tatsächlich so, dass der Relaunch komplex war. Das soll aber keine Ausrede für die gesunkenen KPIs sein. „Change Aversion“ ist wie im Artikel erwähnt eine Realität. Besonders bei Sites wie unserer, die ein älteres Zielpublikum anspricht. • Sie erwähnen die Loginpflicht: Bis vor dem Relaunch waren es die Nutzer gewöhnt, ohne Login an unseren Wettbewerben teilzunehmen. Vorgabe des Konzerns war, als einzige Loginmöglichkeit das Migros-SSO „Migros-Login“ anbieten zu dürfen (und nicht etwa ein Facebook-Login oder eine freie Registrierung). Das hat sicher einige Nutzer abgeschreckt, ohne dass wir die genaue Anzahl quantifizieren könnten. • Zur Sichtbarkeit bei Google: Seit Februar 2017 hosten wir bei Migrosmagazin.ch keine Rezepte mehr. Diese sind seitdem bei Migusto.ch zentralisiert. Dementsprechend gingen sämtliche Keywords i.S. „Kochen“ und „Rezepte“ verloren. Weil Rezepte eine stehende Rubrik sind, sind die Keywords dort viel stärker, als im restlichen, thematisch viel breiter aufgestellten Bereich. Aber wenn der Rezepttraffic beim Vorjahresvergleich rausgerechnet wird, schaut die Bilanz auch schon wieder etwas positiver aus :-) Liebe Gruess Reto Vogt
  • Olivier Blattmann, 20.11.2017 11:55 Uhr
    Was mich stutzig macht und nun zu diesem Kommentar motiviert, ist die Aussage: «Wie bei einem Relaunch üblich sind KPIs wie Visits und Page Impressions zurückgegangen». Das mag in einigen Fällen stimmen, jedoch wirkt das auch wie eine in der Vergangenheit zu oft gehörte Kapitulationserklärung vor der - zugegebenermassen extrem hohen - Komplexität eines Relaunches. Ein kurzer Blick auf die Trafficquellen mit einem einschlägigen Analysetool zeigt, dass die meisten User direkt auf das Magazin kommen. Insofern hat man hier wohl einige Stammkunden und Heavy-User verloren, was im Artikel mit der Loginpflicht begründet wurde. Da ich das Projekt und das Magazin selber nicht wirklich kenne, kann ich hierzu nichts sagen oder beitragen. Am zweitwichtigsten ist gemäss Analysetool dann bereits Google. Zwei weitere Toolabfragen später sehe ich dann eine mögliche Ursache für den Abfall an Visits und das finde ich interessant. Ein Rückblick: migrosmagazin.ch gewann seit Erhebungsbeginn laufend an Sichtbarkeit in Google.ch (hier ausgedrückt an der Anzahl, Rankingposition und Wertigkeit der rankenden Keywords). Nach diesem Aufstieg folgte eine Phase zwischen August 2014 und Mai 2017 mit mehr oder weniger konstante Sichtbarkeitsdaten. Ende Februar 2017 hat die Website dann erstmals signifikant Rankingpositionen eingebüsst. Die Anzahl rankender Keywords sackte dann Ende Mai 2017 ab und ein zweites Mal Mitte Juli 2017. Seit September 2017 bewegen sie sich mengenmässig relativ konstant auf ca. 50% gegenüber der Periode vom August 2014 bis Mai 2017. Doch nicht nur die Anzahl Keywords hat abgenommen, auch die Menge der für SEO so wichtigen Top10 Keywords, also die sogenannten Top-Rankings. So belaufen sich diese nur noch auf rund 20% des Allzeithochs. Konkret sind heute gemäss Analysetool rund 100 Keywords in den Top10, zu Weihnachten 2016 waren es noch über 500. Dabei sind nicht etwa >400 irrelevante Keywords abhanden gekommen oder haben Positionen verloren, sondern z.T. richtig starke Trafficbringer. Dies als Ergänzung zu obigem Artikel und als gleichzeitig als Anstoss zum Mitdiskutieren. Danke!
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