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Der grosse Knall

Seit heute Donnerstag ist die Schweizer Medienwelt eine andere. Vorbei die Zeiten, als sich die hiesigen Medienhäuser und Verleger in wirklicher oder vorgespielter Vertrautheit suhlten.
 
Mit dem Austritt (oder Rauswurf) von Ringier aus dem "Verband Schweizer Medien" hat eine neue Zeitrechnung begonnen, nämlich diejenige des kalten Krieges. Die Fronten sind klar: Auf der einen Seite Ringier und die SRG, auf der andern Tamedia, seit Anfang dieses Jahrtausends unbestrittener Leader, Taktgeber und landesweit gefürchteter Mediengigant aus Zürich. Oder auf einen ganz kurzen, drastischen Nenner gebracht: Momentan ist High-Noon zwischen Marc Walder und Roger de Weck auf einen Seite, gegen Pietro Supino auf der andern. Vorläufiger Sieger in diesem Wirrwarr ist zweifelsohne die durch die Juni-Abstimmung gebeutelte SRG: Durch das Zusammenspiel mit dem grössten Schweizer Verlagshaus – und der Swisscom – dürfte die Service-Public- und Gebührendiskussion vorerst vom Tisch sein. Auch die Möglichkeit der Einführung von Onlinewerbung auf SRG-Portalen dürfte mit Unterstützung von Ringier plötzlich wieder zum Thema werden. Neben der SRG zweiter Sieger ist Ringier, welches nach Jahren der Selbsterfahrung und Selbstfindung plötzlich der testosteronstrotzenden Tamedia keck die Stirne bietet. Soweit die medienpolitische Ausgangslage. 
 
Momentan spielt es auch keine Rolle, ob das Ringier-SRG-Swisscom-Konstrukt der Realität standhält und die Erwartungen erfüllen kann. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, das Geschirr ist nach dem heutigen Tag wohl für länger zerschlagen und für ein allfälliges Versöhnungsdinner unbrauchbar. Zwei Fragen stehen momentan trotzdem im Raum: Wird Marc Walder in drei Wochen am Schweizer Medienkongress (wie angekündigt) auftreten? Und die zweite, weitaus wichtigere: Wie wird sich die Wettbewerbskommission zur geplanten Vermarktungsfirma äussern? Die Erfahrung zeigte: WEKO-Entscheide sind oftmals politische Entscheide. Die in den letzten Jahren ständig wachsende Tamedia jedenfalls – und das vielleicht noch für's Protokoll – hat vor der Wettbewerbskommission meist recht bekommen. Für Ringier, die SRG und die Swisscom ist das ein gutes Präjudiz.
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