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Der letzte Sirtaki

Die Antwort ist klar: «Deutsche Chefs», bilanzierte Verleger Michael Ringier unlängst in dieser Zeitung, «sind besser.» Am deutschen Wesen, so die Devise, soll der hiesige Boulevard genesen. Erklärt man die «Bild»-Zeitung als journalistische Leitwährung, so müssten den Ringier-Chefs in diesen Tagen allerdings die restlichen Haare ausfallen. Kein wohliges Europa-Feeling mehr im Sirtaki-Takt, sondern knallharter Brachialpopulismus, der sogar die SVP zu Weicheiern stempelt. «Pleite-Griechen immer dreister» titelte «Bild» nach den deutschen Milliardenzahlungen, um sich kurz darauf die Wunden zu lecken: «Wir sind wieder mal Europas Deppen!» Und – so en passant – die Glaubensfrage an den deutschen Stammtisch: «Können wir den Griechen den Euro wegnehmen?» Ein Tabubruch! Bislang übte sich «Bild» gegenüber Europa und den konservativen Kanzlern immer in vornehmster Zurückhaltung. Als das deutsche Boulevardblatt vor 19 Jahren Helmut Kohl der «Steuerlüge» bezichtigt hatte, kostete dies den damaligen Chefredaktor sogar den Job. Damit ists definitiv vorbei: «Hat Merkel die Lage noch im Griff?», so «Bild» Anfang dieser Woche. Doch zurück in die Schweiz. Im Gegensatz zum deutschen Schwesternblatt stemmt sich der «Blick» immer noch gegen den nationalistischen Zeitgeist. So forderte der stellvertretende Chefredaktor Clemens Studer «die überfälligeEuropadebatte» und Chef-Kolumnist Frank A. Meyer freiwillige Griechenlandzahlungen von zwei Milliarden Franken. Den monetären Auftakt hat Ringier dieser Tage bereits gemacht. Nicht freiwillig zwar und auch nicht an Griechenland. Stattdessen an einen andern guten Bekannten: den klagefreudigen Ex-Botschafter Thomas Borer. Diesbezüglich kann man vom deutschen Boulevard wirklich lernen: Griechen-Bashing mag zwar unethischer sein, mit Bestimmtheit aber ist es billiger.
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