BLOG

Desert Storm in Flims

Matthias Ackeret

Der vermeintliche Friedensengel kam von oben: Am letzten Donnerstag, kurz nach zwölf, landete der bundesrätliche Helikopter an der Verlegertagung in Flims. Doch statt Friede, Freude, Eierkuchen erwartete die Medienministerin Doris Leuthard ein Desert Storm. Wenige Minuten zuvor hatte Verbandspräsident Hanspeter Lebrument im noblen Hotel Waldhaus der SRG den Krieg erklärt. Deren kommerzielle Internetstrategie, so der Südostschweizer Verleger, bedrohe die Demokratie, die von der SRG vorgelegten Zahlen seien gefälscht. Generaldirektor Roger de Weck, als Privatgast in der erstenReihe des Vortragssaals sitzend, blieb nur noch das Staunen. Mit Lebruments fulminanter Schelte ist das Tischtuch zwischen Verlegern und SRG definitiv zerrissen. Die Frage, ob die SRG ihr Internetangebot ausbauen und kommerzialisieren soll, ist zur ultimativen Glaubensfrage geworden. Doris Leuthards magistrale Aufforderung zu einem Kompromiss tönte zwar charmant, war am Ende zu schulmeisterlich und ist momentan wohl auch unrealistisch – selbst wenn der Bundesrat, wie Politauguren orakeln, zu guter Letzt den Verlegern recht geben wird. Auf «Powergames», so Leuthard, möge man doch verzichten. Das Dumme nur: Man ist bereits mittendrin. Höhere Dialektik: Die Internetstrategie der SRG hat den Verlegerverband gerettet. Dominierten früher die Spannungen zwischen Gross und Klein und Angst vor einer überbordenden Tamedia, so hat die gesamte Verleger-Gilde nun einen gemeinsamen Feind: die SRG – Roger de Weck sei Dank. Dem rhetorisch versierten SRG-Boss wurde am Medienkongress übrigens keine Replik gewährt. War auch nicht notwendig, der nächste Referent personifizierte den neuen Kommunikationsstil weitaus besser: Armeechef André Blattmann.
Kommentar wird gesendet...

Kommentare

Kommentarfunktion wurde geschlossen

Die neuesten Blogs

13.04.2024 - Hansmartin Schmid

Die Schweizer Medien und die Kriege

Die Schweizer Auslandberichterstattung ist in deutsche Hände geglitten.

12.04.2024 - Klaus-Dieter Koch

Attraktivität braucht Kontrolle

Warum Hermès, Rolex und Co ihre Marken nicht an jeden verkaufen können.

Zum Seitenanfang20240420